Donnerstag13. November 2025

Demaart De Maart

DeutschlandBerlin will Cannabis in zwei Schritten legalisieren

Deutschland / Berlin will Cannabis in zwei Schritten legalisieren
Deutschlands Gesundheitsminister Karl Lauterbach (r.) und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir haben gestern ihre Pläne zur Legalisierung von Cannabis in Deutschland vorgelegt, die noch für viel Diskussion sorgen werden Foto: AFP/Tobias Schwarz

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Die deutschen Minister Lauterbach (Gesundheit) und Özdemir (Landwirtschaft) haben die Pläne der Ampelkoalition für eine Legalisierung von Cannabis vorgestellt. Was demnächst erlaubt sein soll – und was nicht.

Die deutsche Regierung will Cannabis in Deutschland legalisieren – wie genau, war aber noch unklar. Am Mittwoch haben Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) nun die Pläne in Berlin vorgestellt. Demnach soll die Legalisierung in zwei Schritten stattfinden. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Wird der Besitz von Cannabis straffrei?

Laut Eckpunkte-Papier können Erwachsene künftig bis zu 25 Gramm straffrei besitzen und in der Öffentlichkeit mitführen. Allerdings ist der Konsum nahe Schulen oder Kitas verboten. Und auch in Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr nicht gekifft werden. Darüber hinaus dürfen maximal drei weiblich blühende Pflanzen selbst angebaut werden – insofern sie für Kinder und Jugendliche nicht zugänglich sind.

Wo soll Cannabis erhältlich sein?

Der Verkauf von Cannabis soll zunächst in „nicht-gewinnorientierten Vereinigungen“, sogenannten Cannabis-Clubs, stattfinden. Hier soll die Droge zu Genusszwecken angebaut und an Vereinsmitglieder – maximal 500 Mitglieder pro Verein – abgegeben werden. Sie müssen mindestens 18 Jahre alt sein und können sich nur in einem Verein anmelden. Dort erhalten sie pro Tag maximal 25 Gramm und im Monat maximal 50 Gramm Cannabis beziehungsweise sieben Samen oder fünf Stecklinge. Für Mitglieder unter 21 Jahren ist die Cannabis-Abgabe auf 30 Gramm pro Monat beschränkt. Das Kiffen selbst soll in den Vereinsräumen jedoch nicht möglich sein.

In einem zweiten Schritt soll neben dem Verkauf in Cannabis-Clubs auch die Abgabe der Droge in Fachgeschäften ermöglicht werden – aber nur als befristetes Modellvorhaben. Das heißt: In verschiedenen Bundesländern sollen Unternehmen in ausgewählten Städten und Kreisen Produktion, Vertrieb sowie Abgabe von Genusscannabis in Fachgeschäften ermöglicht werden. Das Projekt ist auf fünf Jahre befristet und wird in der Zeit wissenschaftlich begleitet, um die Auswirkungen auf den Schwarzmarkt und den Cannabis-Konsum in den Testgebieten zu untersuchen. Damit es nicht zu einem Cannabis-Tourismus kommt, soll in den Regionen nur so viel angebaut werden, wie dort auch konsumiert werden kann.

Wie sollen Kinder und Jugendliche geschützt werden?

Die geplanten Maßnahmen tragen Lauterbach zufolge dazu bei, dass der Schwarzmarkt eingedämmt wird. „Und jeder Kampf gegen den Schwarzmarkt ist ein Kampf für Kinder und Jugendliche“, sagte er. Darüber hinaus soll durch eine strikte Pflicht zur Alterskontrolle verhindert werden, dass Minderjährige Zutritt zu den Cannabis-Clubs bekommen. Gleichzeitig werde die Präventionsarbeit ausgebaut: Minderjährige, die mit Cannabis erwischt werden, müssen an Interventions- und Präventionsprogrammen teilnehmen.

Wie reagieren Mediziner auf die Pläne?

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) sieht die geplante Freigabe des Cannabiskonsums kritisch. Der Alkoholkonsum mache es vor, denn es sei erfahrungsgemäß für Jugendliche kein Problem, an die legalisierte Droge Alkohol heranzukommen, wie Generalsekretär Burkhard Rodeck berichtete. „Das ist nach der Legalisierung des Cannabiskonsums für diese suchterzeugende Substanz auch nicht anders zu erwarten. Das Angebot für diese Altersgruppe wird durch die Freigabe ab 18 Jahren nicht limitiert, sondern im Gegenteil eher erweitert“, sagte er dem Tageblatt. Verhaltenspräventive Ansätze wie vermehrte Aufklärung zur Schadensbegrenzung bewertet er hingegen als „wenig effektiv“.

Was sagen Politiker?

Die Union übte scharfe Kritik am Vorhaben der Regierung. „Die Pläne der Koalition sind gefährlich und naiv zugleich. Einen solchen Unfug werden wir im Bundestag klar ablehnen“, sagte der erste parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU) dem Tageblatt.

Die SPD fordert hingegen Tempo bei der Umsetzung der Pläne, damit bisherige Konsumenten schnell entkriminalisiert werden. In dem Eckpunkte-Papier ist nämlich auch eine Amnestie für bestimmte Verurteilungen im Zusammenhang mit dem Cannabis-Konsum vorgesehen. „Gerade für die kriminalisierten Cannabiskonsumenten ist es wichtig, dass ein erster Gesetzentwurf unverzüglich in die Ressortabstimmung geht“, sagte die Rechtsexpertin der SPD-Bundestagsfraktion, Carmen Wegge.

Wie geht es nun weiter?

Auf Basis des Eckpunktepapiers wird die Bundesregierung zwei Gesetzentwürfe erarbeiten: Der Arbeitsentwurf zum ersten Schritt – der Legalisierung des Eigenanbaus und dem Verkauf in Cannabis-Clubs – soll noch im April vorgelegt werden. Der Gesetzentwurf zum Modellprojekt soll nach der Sommerpause folgen. Währenddessen will die Bundesregierung für ihre Ansätze bei den europäischen Partnern werben, um mit ausreichender Zustimmung auch auf EU-Ebene den Rechtsrahmen mittelfristig weiterzuentwickeln.