4. Dezember 2025 - 7.13 Uhr
Korruptionsverdacht in EU-EliteschuleBelgische Justiz erhebt Anklage gegen Ex-EU-Außenbeauftragte Mogherini
Drei Jahre nach dem „Katargate“ wird die EU erneut von einem Korruptionsskandal erschüttert. Diesmal geht es um mögliche krumme Geschäfte bei der Vergabe von Aufträgen an das Europakolleg, eine EU-Kaderschmiede in Brügge. Als Hauptverdächtige gilt die frühere EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, die das Europakolleg seit 2020 leitet. Die belgische Justiz erhob gegen die 52-jährige Italienerin eine Anklage wegen Betrugs und Korruption.
Diesmal wurden keine Koffer voller Geld gefunden, wie beim Katargate 2022 – einer Schmiergeldaffäre, die bis heute nicht aufgeklärt ist. Im Zentrum des neuen Skandals steht die öffentliche Auftragsvergabe. Nach Angaben der Europäischen Staatsanwaltschaft konzentrieren sich die Ermittlungen auf ein EU-finanziertes Ausbildungsprogramm für Nachwuchsdiplomaten. Mogherini soll Informationen weitergegeben haben, um sich den Auftrag zu sichern.
Bereits am Dienstag fanden Durchsuchungen im Europakolleg, beim Auswärtigen Dienst in Brüssel sowie in mehreren Wohnungen statt. Mogherini wurde festgenommen, sie ist aber mittlerweile wieder auf freiem Fuß. Als möglicher Mittäter gilt der italienische EU-Diplomat Stefano Sannino. Er war von 2021 bis 2024 der ranghöchste EU-Beamte im Auswärtigen Dienst und ist derzeit Generaldirektor in der EU-Kommission für den Nahen Osten, Nordafrika und die Golf-Region.
Die Kommission wollte sich zu den laufenden Ermittlungen nicht äußern. Dabei ist die Brüsseler Behörde gleich mehrfach betroffen. Neben Sannino war früher auch der Spanier Josep Borrell der Behördenchefin Ursula von der Leyen unterstellt. Borrell war Mogherinis Nachfolger im Amt des Außenbeauftragten. In seine Amtszeit fallen auch die mutmaßlichen Betrugsfälle.
In Brüssel sorgt die Affäre für großen Wirbel. Dies sei der „größte Skandal“ seit dem Rücktritt der Santer-Kommission im Jahr 1999, schrieb das viel gelesene Portal Politico. Der Strudel könnte auch von der Leyen erfassen, mutmaßen Insider. Die Kommissionschefin muss immer wieder mit Affären kämpfen. Zuletzt war ihr früherer Justizkommissar Didier Reynders angeklagt worden – wegen des Verdachts auf Geldwäsche. Auch in diesem Fall will von der Leyen, die Reynders’ Chefin war, nichts gewusst haben.
Doppeltes Gehalt für EVP-Fraktionschef Weber
Massiven Ärger gibt es auch im Europaparlament. Dort hat sich der Chef der größten Fraktion, Manfred Weber, ein doppeltes Gehalt genehmigt. Neuerdings kassiert Weber, der auch die konservative Europäische Volkspartei (EVP) leitet, offenbar auch noch einen „belgischen“ Zuschlag von 17 Prozent. Insgesamt würden sich seine Bezüge damit im Jahr auf 330.000 Euro addieren, berichtet das Internetportal Euractiv.
Im Parlament kommt dies nicht gut an. Zwar heißt es bei der EVP, Weber habe zwei Funktionen: als Parteichef und als Fraktionsvorsitzender. Deshalb stünden ihm auch zwei Gehälter zu. Der neue Zuschlag folge belgischem Recht, das eine automatische Anpassung der Löhne an die Inflation vorsieht. Allerdings hat die Regierung in Brüssel beschlossen, die „Indexierung“ für Gehälter über 4.000 Euro auszusetzen – Weber liegt weit über der Schwelle.
Scharfe Kritik am mächtigsten Politiker des EU-Parlaments kommt von der Linken und den Grünen. „Der Mehrheit Sparsamkeit predigen, sich selbst aber großzügig zu bedienen, ist spätbayrische Dekadenz“, sagte der Ko-Chef der Linksfraktion, Martin Schirdewan. „Während sich Millionen Europäerinnen und Europäer kaum noch eine warm beheizte Wohnung leisten können, gönnt sich der EVP-Vorsitzende ein automatisch indexiertes Weihnachtsgeschenk.“
Verärgert äußert sich auch der grüne EU-Abgeordnete Daniel Freund. Weber verdiene schon als Abgeordneter gutes Geld, sagte er. „Dass er sich jetzt als EVP-Chef noch ein Gehalt auszahlen lässt und seinen Jahresverdienst so mehr als verdoppelt, ist nicht vermittelbar.“ Dennoch dürfte Weber damit durchkommen. Denn bisher gibt es keine Klagen vor Gericht – und wie viel Gehalt die EVP ihrem Chef zahlt, geht die Europaabgeordneten letztlich nichts an.
De Maart
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