Für die 147 verbleibenden Mitarbeiter des Werks in Düdelingen ist es schon seit Jahren eine unmögliche Situation. „Wir sitzen hier und schauen Netflix“, erzählte dem Tageblatt schon im November 2023 ein frustrierter Mitarbeiter. „Wir wissen nicht, ob wir diesen Monat unser Gehalt erhalten werden. Viele sind bereits weg. Anfangs waren wir 280. Es wird immer schlimmer.“
Hintergrund ist eine bereits sehr lange Geschichte: Im Jahr 2017 hatte ArcelorMittal angekündigt, ein riesiges Stahlwerk in Italien zu kaufen. Um die Zustimmung von Europas Wettbewerbsbehörden für den Kauf zu erhalten, hatte der Stahlhersteller damals zugestimmt, einige andere europäische Werke, darunter das in Düdelingen, an einen Wettbewerber zu verkaufen. Hier wurde Stahl, etwa für die Automobilindustrie, weiterverarbeitet.
Käufer der abgestoßenen Werke war die damals noch eher unbekannte Unternehmensgruppe Liberty Steel. Der neue Besitzer gab sich zuversichtlich und ehrgeizig: „Diese Aktivitäten werden ein Schlüsselelement unserer globalen Stahlstrategie sein, um ein nachhaltiges Stahlunternehmen mit einer vollständig integrierten Wertschöpfungskette zu schaffen“, so das Unternehmen damals. 100 Millionen Euro versprach man in die Einheit Liberty Liège-Dudelange investieren zu wollen.
Doch dazu sollte es nicht kommen. Das aufstrebende Familienunternehmen rutschte zunehmend in Schwierigkeiten. Bereits Mitte März 2021 stellte die Gewerkschaft OGBL in einer Pressemeldung die Frage, ob die Arbeitsplätze in Düdelingen noch sicher seien. Der Regierung, die nicht eingreifen konnte, da die Gehälter weiter bezahlt wurden, wurde von Liberty mit leeren Versprechen abgespeist.
Ende 2022 hatte Luxemburg dem Besitzer dann angeboten, dass die staatliche „Société nationale de crédit et d’investissement“ (SNCI) das Werk als Zwischenkäufer kaufen und dann weiterverkaufen könne. Auch dazu sollte es nicht kommen, da man sich preislich nicht einigen konnte.
Gewerkschaften hoffen auf Schnelligkeit
Es sollte noch bis Ende November 2024 dauern, bis das Unternehmen dann schließlich für insolvent erklärt wurde. Daraufhin konnte das Werk aus dem Familienunternehmen ausgegliedert werden und es wurden Pläne für die Zukunft geschmiedet. Im Gegensatz zum Jahr 2022/23 wollte die Regierung nun jedoch nicht mehr mit der SNCI als Zwischenkäufer einspringen. Ein Insolvenzverwalter wurde eingesetzt. Dieser hatte interessierten Käufern eine Frist bis Ende Januar 2025 gesetzt.
Bei den verbleibenden Mitarbeitern keimte die Hoffnung auf, dass nach Jahren der bezahlten Untätigkeit bald wieder die Produktion anlaufen könnte. „Das Problem war immer Liberty, und die sind weg“, so Stefano Araujo (OGBL) damals. Man wolle nun „schnellstmöglich einen Transfer ermöglichen, damit die Arbeitsplätze nicht verloren gehen“. Es bestehe nicht nur Potenzial, sondern auch eine Nachfrage auf dem Markt, so der Gewerkschafter.
Mehrere Interessenten sollen sich gemeldet und das Werk seitdem besichtigt haben. Trotzdem geht alles nicht so schnell voran wie erhofft. Die betreffende Frist für das Einreichen der Kaufangebote ist nun um zwei Wochen bis zum 14. Februar verlängert worden, wie das Büro des Insolvenzverwalters am Donnerstag gegenüber dem Tageblatt erklärte.
Für die 147 verbliebenen Mitarbeiter dürfte die Nachricht keine Freude sein. Vor einigen Tagen hatten die Gewerkschaften OGBL und LCGB in einer gemeinsamen Pressemitteilung gefordert, den Übergang hin zu einem neuen Besitzer möglichst schnell zu gestalten. Sie wiesen darauf hin, dass die Mitarbeiter in der Zwischenzeit wohl finanzielle Entschädigungen erhalten, jedoch meist weniger als das tatsächliche Gehalt. Zudem belaste die Ungewissheit die Arbeitnehmer stark, von denen einige bereits anderswo eine Arbeit aufgenommen hätten, was wiederum dem verbleibenden Fachwissen schadet, so ihre Warnung.
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So'u laange Stellstand sin dei' 4 Verzenkungslinnen keen Schoss Polver mei' wert !
Zum Deel kannibalisei'ert, zum Deel durch Chemikalien durchgefriess !