Dienstag28. Oktober 2025

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Hip-Hop, Liebe und KleingärtnerBei der Bundestagswahl in Deutschland treten auch ungewöhnliche Parteien an

Hip-Hop, Liebe und Kleingärtner / Bei der Bundestagswahl in Deutschland treten auch ungewöhnliche Parteien an
Bundeswahlleiter Georg Thiel steht vor Beginn der Sitzung des Bundeswahlausschusses im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus des Deutschen Bundestages auf der Empore. Dieser Ausschuss bestimmt, welche kleineren Parteien und Vereinigungen die Anforderungen des Parteiengesetzes erfüllen und zur Bundestagswahl am 26. September 2021 zugelassen werden. Foto: dpa/Christoph Soeder

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Zwei Tage lang beriet der Bundeswahlausschuss in Berlin, welche Gruppierungen und Vereinigungen zur Bundestagswahl zugelassen werden können. Geschafft haben es auch einige ungewöhnliche Parteien – von Hip-Hop bis Liebe.

Was tun, wenn einem der Bundeswahlleiter die Rote Karte zeigt, weil der Antrag für die Zulassung zur Bundestagswahl nur per E-Mail und nicht – wie vorgeschrieben – per Post eingegangen ist? Die Vertreter der „Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands (APPD)“ gönnten sich danach erst mal vor dem Bundestag einen Gin Tonic und ein paar Bier. Nun werde man vor das Verfassungsgericht ziehen, so ein frustrierter Bundesvorsitzender Andreas Reiter. Nutzen dürfte das nichts, das lehrt die Erfahrung. Wenn es überhaupt dazu kommt.

Zwei Tage lang mussten sich die Vertreter von 87 kleineren Parteien und Vereinigungen in öffentlicher Sitzung vor dem Bundeswahlausschuss in Berlin präsentieren, formale Fragen beantworten und dann die Entscheidung des Gremiums zur Kenntnis nehmen: „Wird anerkannt“ oder „wird nicht anerkannt“. Geprüft wurde, ob die jeweilige Gruppierung alle rechtlichen Vorgaben eingehalten und als Partei im Sinne des Parteiengesetzes angesehen werden kann. Wer das Gütesiegel bekommen hat, kann nun an der Bundestagswahl am 26. September teilnehmen, insofern er die nötige Anzahl von Unterstützer-Unterschriften vorweist. Bundeswahlleiter Georg Thiel legte noch einmal Wert auf die Feststellung, dass nicht die Inhalte der Programme kontrolliert worden seien.

So weit, so gut. Andere waren jedenfalls erfolgreicher als die Pogo-Partei. So schafften es einige ungewöhnliche Gruppierungen, das Okay des Bundeswahlausschusses zu bekommen. Eine Auswahl.

Die Urbane – eine Hip-Hop-Partei. „Hip-Hop ist unser Alleinstellungsmerkmal“, so der Bundesvorsitzende, Raphael Moussa Hillebrand. Der Partei geht es darum, durch die Hip-Hop-Kultur in Workshops, Konzerten und Projekten Menschen aller Schichten und Abstammungen anzusprechen. Hauptziel ist die Abschaffung von Diskriminierung, dem sich die etwas mehr als 300 Mitglieder verschrieben haben. Musik kennt halt keine Grenzen.

Europäische Partei Liebe. Zur Europawahl 2019 trat sie erstmals bei einer Wahl in Deutschland an. „Freiheit, Gleichheit, Liebe“ lautet die Haltung gegenüber Menschen und Tieren. Im Programm finden sich viele Liebes-Forderungen, darunter auch, Heiratswilligen mit einer Finanzspritze von 3.000 Euro den Kauf eines „schönen“ Hochzeitkleides und „edlen“ Anzuges ermöglichen. Dazu noch die Eheringe.

Bergpartei – die ÜberPartei. Die Partei hat ihre Wurzeln in der Berliner Hausbesetzer-Szene. Sie entstand aus der Fusion von „Bergpartei“ und „ÜberPartei“, die sich zunächst unabhängig voneinander im Jahr 2005 gründeten. Um die 200 Mitglieder gibt es. Man betont, keine Spaßpartei zu sein, aber Politik solle auch Spaß machen. Die Partei hat sich der Kleinschreibung verpflichtet. Eine zentrale Forderung ist das bedingungslose Grundeinkommen. Zugleich plädiert sie auch auf eine Begrenzung von Besitz.

V-Partei. Die Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer. Das V soll die Vielfältigkeit der Partei symbolisieren. „Wir lieben das Leben“, lautet das Motto. Die Hauptzielgruppe sind Bürger, die die Auswirkungen von Wachstum, Konsum und Essverhalten bewegt. In Deutschland gebe es rund zehn Millionen Vegetarier und Veganer, heißt es auf der Internetseite. Aber ohne spezielle parlamentarische Vertretung. Das soll sich am 26. September möglichst ändern.

Ganzheitliches Menschenbild

Die Gartenpartei. Sie wurde 2013 aus Protest gegen Bebauungspläne für Kleingartenanlagen in Magdeburg von Gärtnern gegründet. Ein Jahr später zog sie sogar in den Stadtrat ein. Als Partei vertrete man „ein soziales und gerechtes Gemeinwesen“, heißt es auf der Internetseite. Man wolle die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten, ohne die Menschen aus der Natur auszuschließen. „Unsere Politik orientiert sich daran, was die Welt braucht und was nicht.“

Wir2020. Sie wirbt mit „Politik mit Herz und Verstand“. Im Programm heißt es, immer mehr Menschen würden erkennen, dass das bisherige politische und wirtschaftliche System an Grenzen stoße, grundlegendes Umdenken und neues Handeln seien erforderlich. Und: „Wir gehen von einem ganzheitlichen Menschenbild aus.“ Der Mensch sei ein „körperliches (biologisches), ein soziales und ein kulturelles Wesen“.

Ab jetzt. Demokratie durch Volksabstimmung. Sie wurde bereits 1997 gegründet. Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz beobachtete die Partei über mehrere Jahre bis 2006, da sie im Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen stand. Der programmatische Fokus liegt auf der Forderung nach Volksabstimmungen wie in der Schweiz. Auch will man ein „Europa der Vaterländer“.

Sozialistische Gleichheitspartei. Vierte Internationale. Die Partei versteht sich als Teil einer trotzkistischen Weltbewegung. Im Programm heißt es, man trete „für den Sturz des Kapitalismus und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft ein“. Nur so könne das Leben der Menschen Vorrang vor dem Profit haben. Glaubt zumindest die Partei.