SüdkaukasusBaku beginnt Militäreinsatz zur Rückholung von Bergkarabach

Südkaukasus / Baku beginnt Militäreinsatz zur Rückholung von Bergkarabach
Auf diesem Videostandbild vom aserbaidschanischen Verteidigungsministerium steigt Rauch über einem Gebiet auf, in dem sich nach Angaben Stellungen der armenischen Streitkräfte in dem Gebiet Bergkarabach befinden Foto: Defense Ministry of Azerbaijan/AP/dpa

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Im Südkaukasus deutet sich ein neuer Krieg zwischen den verfeindeten Ex-Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan an. Baku hat mit dem massiven Beschuss der Region Bergkarabach begonnen. Ziel sei es, das armenische Militär völlig aus der Region zu vertreiben, heißt es.

Im Südkaukasus hat die Ex-Sowjetrepublik Aserbaidschan einen neuen Militäreinsatz zur Eroberung der Konfliktregion Bergkarabach gestartet. Das Verteidigungsministerium in Baku sprach am Dienstag zur Begründung von einer „Antiterror-Operation lokalen Charakters zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung“ in der Region.

Der Mitteilung aus Baku zufolge dient der Militäreinsatz dazu, den nach dem letzten Bergkarabach-Krieg 2020 im Waffenstillstand festgeschriebenen Rückzug armenischer Truppen aus dem Gebiet durchzusetzen. Es werde nur auf militärische Ziele geschossen, behauptete Baku. Den Angaben zufolge wurden zunächst eigene Stellungen von armenischer Artillerie angegriffen und mehrere Soldaten verletzt.

Der frühere Regierungschef der international nicht anerkannten Republik Arzach in Bergkarabach, Ruben Wardanjan, berichtete hingegen auf seinem Telegram-Kanal von massivem Artilleriefeuer auf das Gebiet. „Die Führung von Armenien muss Arzach anerkennen und sich dem Schutz unserer Bürger anschließen“, forderte er als Konsequenz.

Anschuldigungen zurückgewiesen

Die Anschuldigungen aus Baku wies auch die aktuelle Führung der Konfliktregion um die Hauptstadt Stepanakert zurück. Die Verteidigungskräfte hielten sich an den Waffenstillstand, teilte das Verteidigungsministerium von Arzach in einer Pressemitteilung mit. Der Vorwurf, die Feuerpause gebrochen und zwei aserbaidschanische Soldaten verletzt zu haben, sei „erlogen und entspricht nicht den Tatsachen“, heißt es in einer Mitteilung.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn äußerte sich am Dienstagnachmittag auf X (ehemals Twitter) zu den Ereignissen. „Ich verurteile die Militäroperation Aserbaidschans in Bergkarabach auf das Schärfste“, schreibt er dort. „Die Militäraktion, insbesondere in bewohnten Gebieten, muss sofort eingestellt und das Leben der Zivilbevölkerung geschützt werden.“

Das christlich-orthodoxe Armenien und das muslimische Aserbaidschan sind seit langem verfeindet. Größter Zankapfel zwischen Eriwan und Baku ist die Enklave Bergkarabach, die zu Aserbaidschan gehört, aber von Armeniern bewohnt wird. Nach einem Krieg Anfang der 1990er Jahre hatte zunächst Armenien die Oberhand. In einem zweiten Krieg 2020 siegte das mit Geld aus dem Öl- und Gasgeschäft hochgerüstete Aserbaidschan und eroberte eigenes Territorium zurück.

In kürzeren Militäraktionen danach besetzte Baku auch etwa 150 Quadratkilometer armenisches Staatsgebiet. Das Außenministerium von Armenien verlangte in der vergangenen Woche, dass Aserbaidschan diese Gebiete räume. Baku erwiderte, dass Armenien immer noch acht aserbaidschanische Dörfer besetzt halte. Baku blockiert seit Monaten die Verbindung der etwa 120.000 Karabach-Armenier nach Armenien. In dem Gebiet fehlt es an Lebensmitteln und Medikamenten.

Aserbaidschan wird in dem Konflikt von der Türkei unterstützt, während Russland als traditionelle Schutzmacht Armeniens an Einfluss verliert. „Infolge der Ereignisse in der Ukraine haben sich die Möglichkeiten Russlands verändert“, sagte kürzlich Regierungschef Paschinjan in einem Interview mit dem US-Medium Politico. Sein Land wolle künftig vermeiden, von äußeren Beschützern abhängig zu sein.