EditorialAutoritarismus: Weshalb wir die Exit-Strategie rational diskutieren müssen

Editorial / Autoritarismus: Weshalb wir die Exit-Strategie rational diskutieren müssen
Ein demokratisches Risiko: Unsere Regierung ist nur noch schwer kontrollierbar Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Luxemburgs Exit-Strategie polarisiert. Seit Montag kristallisieren sich langsam zwei Strömungen heraus: Libertäre vs. Vorsichtige. Das Interessante: Geläufige politische Schablonen passen nicht mehr so recht. Während die Libertären staatliche Bevormundung und demokratische Entmündigung anprangern, bedauern die Vorsichtigen den Hochmut der sich bereits in Sicherheit wiegenden Zeitgenossen. Die üblichen Links-Rechts-Kategorisierungen passen aber nicht ganz zu dieser Entwicklung.

Denn beide Lager verbindet die gleiche Zielsetzung: die Rückkehr zur Normalität. Weniger positiv, aber ein weiteres verbindendes Element: Beide Lager haben ein recht finsteres Menschenbild. Die Libertären vermuten hinter vielen sanitären Schutzmaßnahmen „Big Brother“, zweifeln an der zivilen Mündigkeit ihrer durch Massenphänomene manipulierten Mitbürger und bemühen ökonomische Totschlagargumente. Die Vorsichtigen prangern wiederum die neoliberale Tötungsmaschine an, kritisieren das Primat der Wirtschaft und unterschätzen die bevorstehende wirtschaftliche Krise. Beide Strömungen verteufeln ihr Gegenüber und lassen wenig Spielraum für Grautöne. Was sie deswegen ebenfalls verbindet: Beide Lager glauben, ihre Lösungsvorschläge seien im Interesse aller Menschen und würden das wahre – demokratische, sanitäre, wirtschaftliche, soziale, psychologische – Übel verhindern.

Leider liegen beide ziemlich daneben. Denn Libertäre und Vorsichtige gehen davon aus, dass wir uns in der Corona-Krise nicht mehr gegenseitig vertrauen können. Und genau hierin liegt der Knackpunkt. Dort, wo mangelndes Vertrauen herrscht und sich finstere Menschenbilder verbreiten, kann sich das Autoritäre auch im „léiwe Lëtzebuerg“ etablieren. Ganz ohne Faschismus oder andere extreme Ideologien. Unsere Regierung ist inzwischen aus einer Vielzahl von komplexen Ursachen nur noch schwer kontrollierbar – und nutzt dies gnadenlos aus, indem sie sich bei zentralen Fragestellungen sowie Entscheidungsprozessen nicht mehr in die Karten blicken lässt.

Umso absurder wirkt es, wenn jetzt Debatten darüber geführt werden, ob denn eine Spritzfahrt auf dem Motorrad mit einem Knöllchen endet oder nicht. Unabhängig vom Lager sollte man sich an den Anfang der Krise erinnern. Auch Luxemburg wurde Opfer der internationalen Materialknappheit, Lieferengpässe und Überbietungspraktiken. In der „Cellule de crise“ muss u.a. ein in Luxemburg lebender chinesischer Tischtennistrainer helfen, sanitäres Material aus seinem Heimatland zu beschaffen. Im HRS mussten die Teams gar wasserabweisende Blusen aus Müllsäcken (!) zusammenbasteln. Ob man die sanitäre Krise kleinredet oder sich noch zehn Jahre einigeln will: Was uns die Krise bisher gelehrt hat, ist die dringende Notwendigkeit einer Rückkehr zu mehr ziviler Selbstverantwortung, gegenseitigem Vertrauen und einer stärkeren Kontrolle all unserer demokratischen Institutionen.

Meyers Guy
6. Mai 2020 - 9.55

Wenn unsere Verantwortlichen etwas länger und seriöser über die Confinment-Strategie nachgedacht hätten, nicht Aktivismus, Panikmache betrieben hätten und etwas weniger Schuld- und Angstgefühle geschürt hätten, bräuchte es jetzt nicht soviel Diskussion um eine Exit-Strategie. So ist die "neue" Schulorganisation keineswegs gerechtfertigt. Bestimmt eine interessante intellektuelle Übung, große Möglichkeit, sich in Szene zu setzen, aber nicht im geringsten begründet. Nach den Pfingstferien die Schulen ganz normal wieder öffnen!

de Schmatt
4. Mai 2020 - 20.07

In dieser Zeit ist Handeln angesagt und keine endlosen Diskussionen. Habe dieselbe Erfahrung im Baumarkt gemacht wie E.Mohs. Allzuviele Mitbürger sind verantwortungslos, leichtsinnig, unbedarft, arrogant und aggressiv obendrein. Wenn sich an dieser Haltung nichts ändert, bekommen wir diese Pandemie nicht in den Griff, zumindest nicht in unmittelbarer Zukunft.

E. Mohs
25. April 2020 - 16.58

Basierend auf meinen eigenen Erfahrungen bei Einkäufen seit Mittwoch scheint es mir mit der zivilen Mündigkeit nicht weit her. Im Baumarkt grassierte der Egoismus ohne Rücksicht auf Abstandsregeln. "Hoppla, jetzt komm ich macht mal Platz da" war bei vielen die Haltung. Auch sonst gibt es genug Zeitgenossen, die das alles nur für ein Spiel halten. "Abstände warum? Ich trage ja Maske", auch wenn diese nur lose am Kinn baumelt. Auf Hinweise die Maske korrekt zu tragen, reagieren sie schnippisch, bestenfalls beleidigt. Bleibt nur zu hoffen, dass weitere Liberalisierung nicht wieder zu massiven Rückschlägen führt!

J.Scholer
25. April 2020 - 6.50

@Kemp:Natürlich schreiben sie richtig , allerdings die Grenzschliessungen von Luxemburg, Frankreich sind Entscheidungen von Berlin,Seehofer.Ich verweise auf Aussagen in diversen Medien von Regierungsmitglieder in Rheinland Pfalz.

J.C.Kemp
24. April 2020 - 20.29

@J.Scholer / 24.4.2020: Die BRD ist ein Föderalstaat, in dem die Bundesländer ihr Verhalten frei bestimmen dürfen. Der Bund hat nicht überall ein Mitspracherecht, siehe das Verhalten der Bajuwaren.

Laird Glenmore
24. April 2020 - 19.50

@Peter selten zum Wochenende so einen Schwachsinn gelesen, Scholer und Glenmore haben auf jeden Fall mehr Erfahrung als sie, sie gehören wahrscheinlich zu den Theoretikern und von der Praxis keine Ahnung aber fleißig mitdiskutieren. Da ich J. Scholer nicht persönlich kenne gibt es auch kein Schulterklopfen, oder sind sie eifersüchtig das mal ein paar Menschen einer Meinung sind. Werden sie mal Erwachsen.

de maulkuerf
24. April 2020 - 19.27

dat war awer ee Seeldanz ouni Netz an ouni den Equiliber ze verléieren an nach ee Spagat dozou fiir déi zwee Ränner bäi enneen ze kréien mir können êt dréinen a kéiere wéi mer wêllen den A.r.ch bläiwt êmmer hannen eng Mask un hun schützt net gêt gesoot eng Mask ass awer widdersprêchlech do fiir deen Aaneren ze protegéieren !? schützt awer dee nêt de maulkuerf

J.Scholer
24. April 2020 - 18.20

@Peter:Würden Sie meine Kommentare lesen, müssten Sie bemerkt haben ich überzeugter Europäer bin, allerdings ist mein Europa ein Europa der Kulturen, der Religionen, des Humanismus, der Demokratien, dem Sozialen. Ich verabscheue scheinheilige Möchtegerneuropäer , Politiker die nur dem Eigenwohl frönen und die Welt in eine Klassengesellschaft einteilen.Übrigens mit dem Alter liegen Sie falsch und was Deutschland angeht habe ich sehr ,sehr enge familiäre Bindungen nach Drüben.

Peter
24. April 2020 - 14.43

@ Scholer @ Glenmore Da haben sich ja wieder zwei gefunden die sich gegenseitig schulterklopfend ihr Weltbild bestätigen.… der Ausdrucksweise nach zu urteilen beide über 70, was bedeutet 140 Jahre nichts dazugelernt;)

Laird Glenmore
24. April 2020 - 13.44

@J.Scholer Warum meinen sie wäre ich vor über vierzig Jahren ausgewandert, der Kontrollzwang den die Deutschen an den Tag legen ist nicht auszuhalten, das fing sch bei Friedrich dem Großen an bis über die Kaiserzeit ( 1. Weltkrieg ) und hat bis heute angehalten das liegt bei denen in den Genen. Ich bin froh Luxemburger zu sein obwohl einiges von dem Mist so langsam auch hier Fuß faßt.

H.Horst
24. April 2020 - 12.15

Die Krise hat gezeigt, dass unsere Vorsorge absolut unzureichend ist und im Gesundheitswesen, genau wie bei armee und Polizei mit knapper Not und einschränkungen der 2Normalbetrieb2 sichergestellt werden kann. Es wird darauf hinauslaufen müssen, dass betriebswirtschaftliche Rentabilitätsideen aus dem staat herauszuhalten sind. Man war zu geizig einen Feuerlöscher anzuschaffen weil es ja lange nicht mehr gebrannt hat....jetzt hat es gebrannt und alle Welt fragt sich wie man so blöd sein konnte....Recht so !

Tarzan
24. April 2020 - 11.54

Bin vielleicht zu optimistisch, aber Ich werde auch weiterhin nicht in strenger Askese leben, mich weder bei Wasser und Brot besinnen, noch, zwecks Meditation, in dunkle höhlen zurückziehen. Das leben muss weitergehen, das hilft den menschen und der Wirtschaft am besten. Wenn wir z.b. nicht mehr mit der luxair nach Malle (Megapark, Bierkönig :-) ) oder sonst wohin fliegen, wer hilft diesen menschen (und den luxairangestellten )denn, die zu 100% vom Tourismus abhängig sind? Eine 2% solidaritätssteuer während 5 jahren, meinetwegen auch noch sozial gestaffelt und die 2,5 Milliarden Anleihe ist vergessen. sicher gibt lehren zu ziehen, manche Abhängigkeiten beseitigen oder abbauen. Damit meine ich mal nicht die französische Krankenschwester. Ein bisschen ziviler ungehorsam ist auch angebracht. Ich werde mich jedenfalls nicht per handy überwachen lassen, oder an einer Zwangsimpfung, chipen inklusive, teilnehmen.

J.Scholer
24. April 2020 - 11.06

@Glenmore: Bezüglich ihrer Bemerkung über die Grenzschliessung Deutschlands muss immer wieder präzisieren, dass Deutschland den Zweiklassenstaat der Europäer instruiert hat, die Grenzen zu Belgien , den Niederlanden nicht geschlossen hat, mit Bezug auf die Euregio , die Menschen über die Grenzen hinwegleben, jedoch bei Frankreich, Luxemburg andere Maßstäbe anwendet. Auch die Präsidenten von Saarland, Rheinland Pfalz haben erst nach Wochen , Protesten von Bürgermeistern der Grenzdörfer, scheinheilig Position bezogen. Nun hätte ich verstanden man alle Grenzen geschlossen hätte, allerdings „ desen Fouss an den Arsch vun Letzebuerger, Franzousen vun den Daitschen“ ist ein Akt nichteuropäischer, nichtsolidarischer Politik. So behandelt man Partner und Freunde nicht.

Laird Glenmore
24. April 2020 - 10.23

Ich denke das jedes Staatsoberhaupt ob EU oder Schengener Abkommen erst einmal zur Sicherheit an sein eigenes Land denkt, siehe Deutschland in Brüssel große Reden scheingen und im gleichem Atemzug die Grenzen zumachen ohne vorherige Information der Anrainer Staaten auf der einen Seite verständlich aber auf der anderen Seite frage ich mich dann wozu EU plus Schengen wenn eh jeder sein eigenes Süppchen kocht. Das mit dem Vertauen ist auch so eine Sache meiner Meinung nach werden die Menschen ( Schule, Arbeit usw. ) die jeden Tag mit einander zu tun haben nach einer gewissen Zeit wieder in den normalen Alltagstrott zurückgehen und schon ist die Vorsicht dahin weil man dem anderen Traut bzw. vertraut. Meiner Meinung nach sollte man diese von der Regierung angestrebten Vorsichtsmaßnahmen ruhig noch eine weile weiterlaufen lassen zum Wohle der Bevölkerung, Schlange stehen nervt war aber wenn´s hilft bin ich dafür. In den Supermärkten ist die Vorsicht so wie so nicht so genau weil dort Gemüse und Obst frei herumliegen und jeder sie anfassen kann und bei nicht gefallen zurück legt, dort sollte Personal stehen das bedient um die Übertragung zu vermeiden. Schönes Wochenende und bleibt vorsichtig und Gesund.

J.Scholer
24. April 2020 - 6.41

Dieser Artikel beinhaltet viel Wahrheiten , viel Logik und gute Ansätze und doch , mir ist Vorsicht die Mutter der Porzelankiste. Ich vertraue den Aussagen der Wissenschaft ,den Virologen.Bewusst aller wirtschaftlichen , sozialen Konsequenzen. gilt primär die Eindämmung dieser Pandemie.Allerdings, besinne ich mich richtig, hat auch das Tageblatt in einigen Artikel hervorgehoben diese Krise zu nutzen , unsere Lebensweise zu überdenken.Nutzen wir also diese Pandemie um im positiven Sinne Veränderungen herbeizuführen, wo nicht mehr Wirtschaftswachstum, Bilanzen ,Globalisierung im Fokus stehen und rücken den Mensch , den Arbeitnehmer, unsere Rentner , die humanistische Denkweise wie auch die Umwelt, Natur in den Mittelpunkt unserer Handlungsweise.Weniger ist ein Mehr, schaffen wir den Ausstieg aus der Spass-,Konsumgesellschaft , so schaffen wir auch für den Menschen eine humanere Welt, geben Natur , Umwelt den Stellenwert der ihnen gebührt, zukünftigen Generationen zum Wohle wegen.