30 ehemalige Gaststätten wurden den Besuchern vorgestellt. Unternehmen wie die Hotels Brasseur, Entringer, Continental, Metropol, Ancre d’Or, Hôtel du Luxembourg oder Häuser wie das Café Jentgen, Café um Piquet, Café „Ënnert de Steiler“ und Münchner Kindl sind nur einige, die so manchem Luxemburger in Erinnerung geblieben sind. Über Institutionen wie den „Pôle Nord“ könnte man indes ganze Bücher mit Anekdoten und Erinnerungen füllen.
Zu den berühmtesten Gästen dieser Häuser zählen Kaiser Josef II., Victor Hugo, Franz Liszt, General Patton, Alice Roosevelt, Robert Schuman. Beeindruckend ist die Innovationsbereitschaft der Unternehmer: Das Hôtel de Luxembourg führte ebenfalls das „Cinéma de la Cour“, mehrere Häuser boten ein künstlerisches Alternativprogramm zum städtischen Theater. Uraufführungen der Werke von Dicks und Lentz oder Batty Weber fanden in den Festsälen der hauptstädtischen Hotellerie statt. In den gleichen Räumen wurden auch Berufssyndikate gegründet, gar Parteien.
Manche Gasthäuser dienten als „Centre culturel“, lange bevor solche von der Gemeinde geschaffen wurden. „Essen zu jeder Zeit“ und „zu erschwinglichen Preisen“ gab es bereits zur Festungszeit. Die Kette Wimpy, welche 1968 am Bahnhof und 1970 an der place d’Armes Lokale eröffnete, war eine neue Form von „Fast Food“. Erst nach dem Krieg öffnete sich Luxemburgs Gastonomie der ausländischen Küche – mit einem „Restaurant Suisse“ an der place d’Armes (1976) oder dem ersten chinesischen Restaurant 1951 (14, rue Beaumont).


Vom Prunkhotel zum Bürogebäude
Als einen der Pioniere in der Hotelbranche kann man das Hotel Brasseur anführen. Der Eigentümer, Jean-Pierre Brasseur, war mit den Plänen der Regierung, die darauf bedacht war, wirtschaftliche Entscheidungsträger in die Hauptstadt zu locken, bestens vertraut.
Ihnen sollte ein modernes, komfortables Haus mit hohem Standard geboten werden, das alle damaligen Angebote übertraf. Das 1871 errichtete Hotel bildete die Ecke der zur gleichen Zeit angelegten rue Aldringen und der Grand-rue, die ihrerseits zum späteren Boulevard Royal verlängert wurde. Mit der Eröffnung des Pont Adolphe („Nei Bréck”) im Jahr 1903 bestand ein Bedarf zur Erweiterung des Angebots. Ab 1905 bot das Grand Hotel Brasseur 100 Betten an. Georges Traus, der Architekt des „Dicks-Lentz-Denkmals“, und der Bauunternehmer Jean Ledrut führten im Hotel die Betondecken ein. Solche wurde zuvor von den Ingenieuren Boullanger und Schuhl für das Hotel „Le Majestic“ in Nizza entwickelt. Ein zweiter Eingang führte zum Boulevard Royal, dem nun die Funktion einer Hauptachse zufiel, die ihn mit dem Hauptbahnhof verband.
Die Ära des Hotels Brasseur, das einen internationalen Ruf genoss, endete am 1. Oktober 1969. Das Hotel wich dem 49 Meter hohen Bürogebäude der damaligen Kredietbank Luxemburg.
199 Jahre „Ënnert de Steiler“
Eines der ältesten und heute noch existierenden Gasthäuser der Altstadt, die Bar „Ënnert de Steiler“, wurde mehrfach mit dem „Luxembourg Nightlife Award“, 2016 sogar als beste Aperitif-Bar gekürt. Vor fast 200 Jahren, wir schreiben das Jahr 1824, eröffnete Jean Guillaume Ditsch neben seinem Metzgerstand ein Kabarett. Das geschichtsträchtige Gebäude in der rue de la Loge Nr. 2 nimmt eine herausragende Stellung im Zentrum der Altstadt ein. Aufgrund der dreiteiligen Zwillingsbuchten im Giebel auf der Seite zur rue de l’Eau vermutet man die Ursprünge des Gebäudes um 1350. Vermutlich wurde das Haus durch die Feuersbrunst vom 30. Juni 1509, die das Viertel in Brand setzte, beschädigt und 1530 sowie 1559/1560 umgebaut. Die spätgotischen Fenster der Hauptfassade zählen zu den Kunstjuwelen Luxemburgs.
Die Anna-Selbdritt-Statue, eine christliche Ikonografie der heiligen Anna mit ihrer Tochter Maria und dem Jesuskind, in einer flamboyant-gotischen Nische an der Fassade, überlebte die Französische Revolution. 1885 erlaubte der damalige Cafébesitzer dem Luxemburger Staatsarchitekten Charles Arendt und dem Bildhauer Jean Luja, die Statue zu renovieren.
In seiner langen Geschichte diente das Etablissement „Ënnert de Steiler“ oftmals als Theaterbühne, aber auch als einer der wichtigsten Treffpunkte in der Altstadt. Zu den bekanntesten Cafébetreibern unserer Zeitepoche muss man an dieser Stelle den luxemburgischen Radsportler Jang Goldschmit nennen.
Dem Historiker Robert Philippart gelang es einmal mehr, die Teilnehmer der vom „Musée Dräi Eechelen“ organisierten „visites-conférences“ für die Geschichte der Stadt Luxemburg zu begeistern. Auch die Kälte hielt die Teilnehmer nicht von der außergewöhnlichen Besichtigung der Altstadt ab.


Immaterielles Erbe
Gerade beim Thema des Gastgewerbes der Belle-Epoque steht nicht nur die Architekturgeschichte im Mittelpunkt, sondern genauso der Mensch, der Kunde, der Restaurant-Gast oder Café-Besitzer mit seinen Anekdoten und Erinnerungen. Die unterschiedlichen Etablissements beköstigten oder beherbergten nicht nur Gäste. Vielmehr waren sie Stammlokal oder Sitz von zahlreichen Vereinen. Verschiedene Vereinigungen ließen sich in eigens für ihren Zweck errichteten Gebäuden nieder, etwa der katholische Volksverein im Café-Restaurant „Le Carrefour“. Dieses Lokal dürfte vielen Einheimischen noch bekannt sein, zumindest unter dem Spitznamen „Versoffene Rousekranz“.
Apropos Suff: Bereits 1899 existierte ein Verein gegen den Alkoholismus. Laut der Obermoselzeitung vom 10. Februar 1899 erschien damals die erste Nummer des Vereinsblatts „Volkswohl“ mit zahlreichen Berichterstattungen über Schlägereien und Gesetzesübertretungen, die auf Trunkenheit zurückzuführen waren. Auch früher schienen also viele Gäste zu tief ins Glas geschaut zu haben.


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