TheaterAufführung der Operette „An der Schwemm“: Kopfsprung in die Liebe und Freiheit

Theater / Aufführung der Operette „An der Schwemm“: Kopfsprung in die Liebe und Freiheit
Für Marion Rothhaar war es eine neue Erfahrung, an einer Operette zu arbeiten Foto: Editpress/Julien Garroy

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Am Wochenende wird eine Neuadaption von „An der Schwemm“ im Escher Theater vorgeführt unter der Regie von Marion Rothhaar, die in einem Gespräch mit Tageblatt einiges über das neue Werk enthüllt.

Lou Koster (1889-1973) gehört zu einer der bedeuteten Persönlichkeiten der luxemburgischen Musikgeschichte. Die Pionierin der Luxemburger Komponistinnen wuchs in einer musikalischen als auch sportlichen Familie auf. Zusammen mit ihrer Schwester Laurie Koster spielte sie Begleitmusik für Stummfilme – sowie in Schwimmbädern. Im Jahr 1922 wurde die einaktige Operette „An der Schwemm“, komponiert von Lou Koster nach einem Libretto von Batty Weber, uraufgeführt. Das Stück spielt, wie der Titel es bereits erwähnt, in einem Schwimmbad, wo sich alle Gesellschaftsschichten und Geschlechter wiederfinden. Lory, die Hauptfigur, ist eine selbstbewusste und willensstarke Schwimmerin, die den Avancen des Regierungsbeamten Zengerlé ausgesetzt ist. Dieser besitzt Status und Geld und glaubt, die beste Partie für Lory zu sein. Doch Lory ist dem Soldaten und Schwimmmeister Reddy verfallen, der weder Status noch Geld hat, dafür aber charmant aussieht.

Die Neuadaption des Stücks wurde von CID Fraen an Gender initiiert. Die Entscheidung der Produktion fiel auf den Musikalischen und Künstlerischen Leiter Jonathan Kaell von Opera Mobile. Das Projekt war ursprünglich für Esch2022 geplant, passend zum 100-jährigen Jubiläum der Uraufführung. Aus mehreren Gründen wurde das Ganze allerdings verschoben. Für Marion Rothhaar war dies ein „Glücksfall“, wie sie sagt. Sie war zuvor mit einem anderen Projekt namens „Die Maschine steht still“ beschäftigt, welches ebenfalls in Esch aufgeführt wurde. Jonathan Kaell, das Escher Theater und das CAPE Ettelbrück kamen bereits 2023 auf sie zu. Dass das Stück nun 2024 aufgeführt wird, passt ebenfalls in die Idee einer Jubiläumsfeier, da Laurie Koster, die Schwester von Lou Koster, vor 100 Jahren als Brustschwimmerin an den Olympischen Spielen teilnahm. Dazu kommt, dass die Hauptrolle der Lory nach dem Vorbild von Laurie Koster geschrieben wurde.

Befreiung von Konventionen

Während bei der Neuadaption die Geschichte ziemlich gleich geblieben ist, wurden jedoch die Musik, die Sprache und die Darstellung geändert. Tatiana Zelianko ging als Siegerin des Kompositionswettbewerbs hervor. Mit ihrer zeitgenössischen Musik betont sie die Rahmenhandlung des neuen Librettos, geschrieben vom luxemburgischen Kabarettisten Rol Gelhausen. Die Operette, die man auch schon damals als feministisch betrachten konnte, wurde in die Neuzeit übertragen und setzt sich auf eine amüsante Art und Weise u.a. mit der #MeToo-Thematik auseinander. „Man braucht in diesen finsteren Zeiten etwas zum Lachen“, erklärt Marion Rothhaar. Das Thema Frauenemanzipation sei dementsprechend schon wichtig, wird aber eher als Randthema dargestellt. Im Vordergrund der Handlung steht nämlich die Liebe. Lory entscheidet letztendlich für sich selbst, wen sie lieben will, wen sie heiraten will. Diese Entscheidung der Liebe bringt dadurch auch das noch immer aktuelle Thema der Befreiung von Konventionen hervor. 

Man braucht in diesen finsteren Zeiten etwas zum Lachen

Marion Rothhaar, Theaterregisseurin

Einige Herausforderungen brachte die Inszenierung des Stücks schon mit sich. Für Marion Rothhaar war es eine neue Erfahrung, an einer Operette zu arbeiten. Die Anzahl der Leute brachte anfängliche Bedenken, nicht nur was das Integrieren in ein schon vorhandenes Stück betraf, sondern auch um eine Chemie zwischen den Solisten, dem Chor und dem „Orchestre de chambre du Luxembourg“ zu finden. Dank des verbindenden Elements der Musik sei das Ganze aber überaus geschmeidig gelaufen, sagt Rothhaar. Außerdem, da es sich schließlich um ein Soldatenschwimmbad handelt, in dem Soldaten den Frauen das Schwimmen beibringen, war die Idee, hauptsächlich Männer auf der Bühne zu haben. Doch im Chor singen vor allem Frauen, und so wurde die Idee verworfen. Des Weiteren gab es die anfängliche Idee, die Operette in einem richtigen Schwimmbad aufzuführen. Diese Idee wurde jedoch auch verworfen, unter anderem wegen der Tonqualität. Als Lösung wurde von Peggy Wurth vorgeschlagen, den Orchestergraben als Schwimmbad darzustellen. Um dieses Bild noch weiter auszubauen, wird es sogar eine Rutsche geben.

Auf die Frage, welche kreativen Ansätze oder Techniken verwendet wurden, offenbart Marion Rothhaar, dass sehr viel mit der Ästhetik gearbeitet wurde. Bei der Neuadaption handelt es sich, wie bereits erwähnt, um eine Rahmenhandlung. Der Prolog sowie der Epilog spielen in unserer heutigen Zeit und werden mithilfe von Farben, Plastik und Müll hervorgebracht. Im Intermezzo, in dem die komplette alte Operette stattfindet, verändert sich die Ästhetik. Um das Gefühl der 1920er hervorzubringen, wird die Operette wie ein schwarz-weißer Stummfilm dargestellt. Farben werden reduziert, nur Lory wird durch die rote Farbe hervorgehoben sowie auch teilweise Reddy. Eine Choreografie wurde von Gianfranco Celestino erstellt, bei der sich die Figuren mal sehr langsam, mal sehr schnell bewegen.  

Marion Rothhaar fühlte sich auf mehreren Ebenen zu diesem Stück hingezogen. 1988 war sie selbst Olympiateilnehmerin in der Rhythmischen Sportgymnastik. Danach studierte sie Germanistik und assistierte zum ersten Mal im Escher Theater unter der Leitung von Steve Karier. Dadurch entdeckte sie ihre Leidenschaft fürs Theater. Ihre Projekte behandeln oft das Thema des Körpers. Ihr vorheriges Projekt „Körper am Ende der Welt“, welches nun ins Französische übersetzt und in Avignon aufgeführt wird, sowie die Fortsetzung „My Body Keeps Changing My Mind“, die im April im Kapuzinertheater aufgeführt wird, thematisieren den Sport sowie den weiblichen Körper.

Info

Die Neuadaption von „An der Schwemm“wird am 27. und 28. Januar im Escher Theater, am 3. und 4. Februar in CAPE Ettelbrück und am 29. Juni auf dem „Festival de Wiltz“ aufgeführt.