Mittwoch5. November 2025

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Hamas-Angriff„Auf unvorstellbare Weise abgeschlachtet“: Ein Musikfestival in Israel endet im Blutbad

Hamas-Angriff / „Auf unvorstellbare Weise abgeschlachtet“: Ein Musikfestival in Israel endet im Blutbad
Ein Screenshot aus einem Handy-Video zeigt einen Hamas-Terroristen, der beim Musikfestival einen Mann wegzerrt Foto: AFP/anonym

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Musik, Party, Tanzen bis zum Morgengrauen: Was im Süden Israels als ausgelassenes Fest mit hunderten jungen Feiernden begann, endete in einem unvorstellbaren Alptraum mit mehr als 270 von Hamas-Terroristen ermordeten Menschen.

Er gehe von „etwa 200 bis 250 Leichen“ aus, sagte Moti Bukjin vom israelischen Freiwilligendienst Zaka am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Etwas Vergleichbares habe er in den 28 Jahren seiner Tätigkeit für die auf die Bergung von Leichen spezialisierte Organisation noch nicht gesehen. Am Dienstag korrigierten die Behörden die Zahl der Opfer nach oben. Demnach wurden auf dem weitläufigen Festivalgelände in der Nähe des Gazastreifens mehr als 270 Leichen entdeckt.

„Sie sind einfach losgefahren, um Leute in ihren Autos zu erschießen“, sagte Bukjin. Der Zaka-Helfer ringt nach Fassung, als er zu beschreiben versucht, was er bei seiner Ankunft auf dem Festivalgelände vorgefunden hat. Es gebe etwa „vier oder fünf Lastwagen, die jeweils 50 Leichen“ abtransportierten.

Ihm zufolge müssen sich hier grauenvolle Szenen abgespielt haben. Als bewaffnete Kämpfer der radikalislamischen Hamas am Samstagmorgen Israel überfielen, überraschten sie die Besucher des „Supernova“-Festivals in der Nähe des Kibbuz Reim und richteten unter ihnen ein Blutbad an. „Sie haben die Menschen kaltblütig auf unvorstellbare Weise abgeschlachtet“, sagte der Zaka-Sprecher.

Mit Gleitschirmen

Zunächst schoss die Hamas bei ihrem Großangriff am Samstag tausende Raketen auf Israel ab. Zeitgleich drangen rund tausend palästinensische Kämpfer in israelisches Staatsgebiet ein. Sie kamen auf Motorrädern, Lieferwagen, Schnellbooten und mit motorisierten Gleitschirmen.

Einige davon sind in online verbreiteten Videos zu sehen: Plötzlich tauchen sie am Himmel auf – auch über den tanzenden Menschen in der Negev-Wüste. Sie nähern sich den überwiegend jungen Festivalbesuchern. Die Menschen beginnen in Panik zu fliehen. Sie schreien und rennen zu ihren Autos, während im Hintergrund bereits Schüsse zu hören sind.

Die Angreifer töten zahlreiche Menschen, andere werden als Geiseln genommen. Ein in Online-Netzwerken verbreitetes Video zeigt die 25-jährige Noa Argamani, die verzweifelt um Hilfe schreit, während sie auf dem Rücksitz eines Motorrads verschleppt wird.

„Sie sind einfach losgefahren, um Leute in ihren Autos zu erschießen“: Ein Drohnenvideo zeigt das Ausmaß des Blutbades 
„Sie sind einfach losgefahren, um Leute in ihren Autos zu erschießen“: Ein Drohnenvideo zeigt das Ausmaß des Blutbades  Foto: AFP/South First Responders

Unter den Festivalbesuchern sind neben Israelis auch zahlreiche Gäste aus anderen Ländern. Auch die Deutsche Shani Louk wird seit dem Rave-Festival vermisst. Auf einem Video ist die 22-Jährige halbnackt auf einem Pickup zwischen mehreren Hamas-Männern offenbar im Gazastreifen zu sehen, mit dem Gesicht zum Boden, die Beine verdreht, mindestens bewusstlos. Ein junger Palästinenser spuckt im Vorbeigehen auf ihren Körper.

Ihre Mutter Ricarda Louk hat die Hoffnung dennoch nicht aufgegeben. Auch auf Deutsch bittet sie in einem Video um Informationen zu ihrer Tochter und Hilfe, um die deutschen Behörden mit ins Boot zu holen. Dass es sich um Shani Louk handelt in dem Video, da ist sie sich sicher – ihre auffälligen Tattoos an den Beinen und die Dreadlocks-Frisur ließen laut Spiegel keinen Zweifel zu. Hinzu kommt, dass die Bankkarte der Tochter demnach in Gaza benutzt wurde.

Lage verschärft sich weiter

Nach dem Großangriff der Hamas auf Israel verschärft sich die Lage in Nahost weiter: Während die israelische Armee ihre Luftangriffe auf den Gazastreifen fortsetzte, drohte die dort herrschende radikalislamische Palästinenserorganisation mit der Hinrichtung der von ihr entführten Geiseln. Derweil verdichteten sich Hinweise auf eine israelische Bodenoffensive gegen die Hamas im Gazastreifen; Sorgen bereitete auch eine mögliche Konfrontation mit der vom Iran unterstützten Hisbollah im Libanon. International gingen die Bemühungen um Deeskalation und eine Verhinderung der Ausweitung des Krieges weiter.

Nach Angaben der israelischen Regierung wurden am Samstag an verschiedenen Orten in Israel mehr als hundert Menschen von der Hamas entführt. Insgesamt wurden nach jüngsten Angaben mehr als 900 Menschen in Israel getötet.

Luftaufnahmen der AFP zeigten dutzende brennende Autos am Straßenrand in Richtung Festivalgelände. „Es lagen Autos am Straßenrand, ein Auto war umgekippt, ein Auto lag auf der Seite. In jedem Auto lagen zwei oder drei Leichen oder nur eine Leiche“, sagte Moti Bukjin.

Alle Menschen, deren Leichen er einsammelte, wurden durch Kopfschüsse getötet, bevor die Angreifer ihre Autos in Brand setzten, sagte der Zaka-Helfer. „Einige hatten eine Kugel im Kopf oder im Kinn.“ Am meisten schockiere ihn, dass die Angreifer „so viel Zeit hatten, bis die Sicherheitskräfte eintrafen“.

Die 19-jährige Ester Borochov hat den Horror überlebt – wie durch ein Wunder. Die junge Frau war ebenfalls bei dem Musikfestival, als Hamas-Kommandos begannen, von allen Seiten wahllos auf die Menschen zu schießen. Borochov konnte in einem Auto flüchten, das dann aber durch Schüsse gestoppt wurde, sich überschlug und im Graben liegen blieb. „Wir haben uns in dem Auto tot gestellt, meine Freundin und ich, zweieinhalb Stunden lang, bis Hilfe gekommen ist (…). So haben wir das überlebt.“

Raketen auf Zivilisten

Der israelische Soldat Ephraim Mordechajew, der ebenfalls das Festival besuchte, sagt AFP, er habe gesehen, wie Hamas-Angreifer mit Panzerfäusten auf die Menge schossen. „Stellen Sie sich vor, eine Rakete, die auf Häuser oder Panzer abgefeuert werden soll, wird auf eine Gruppe von 20 Zivilisten abgefeuert.“

Auch Festivalbesucher, die zu Fuß zu fliehen versuchten, wurden Bukjin zufolge getötet. „Einige der Leichen lagen in Gräben“, sagte der Zaka-Sprecher. Sie seien bei dem Versuch zu fliehen erschossen worden.

Er habe schon viele Leichen geborgen, etwa nach einer früheren Massenpanik im Norden des Landes, sagte der erfahrene Helfer. „Ich dachte, 45 Leichen, das wäre das Ende der Welt“, so Bukjin sichtlich erschüttert. Nun wisse er, alles könne „viel, viel schlimmer sein“. (AFP)