Dienstag11. November 2025

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ForumAuf Konfrontationskurs: Guy Foetz zur geplanten Verlängerung der Lebensarbeitsdauer

Forum / Auf Konfrontationskurs: Guy Foetz zur geplanten Verlängerung der Lebensarbeitsdauer
 Foto: Editpress-Archiv/Pierre Matgé

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In seiner rezenten Erklärung zur Lage der Nation ist Premier Frieden klar auf Konfrontationskurs zu OGBL und LCGB gegangen. Er betonte, dass „Dialog nicht in jedem Fall Mitbestimmung bedeutet“, beharrte auf den Plänen zur Liberalisierung der Öffnungszeiten und der Sonntagsarbeit im Einzelhandel sowie der Schwächung der Kollektivverträge und legte Kernelemente einer Umgestaltung des Pensionssystems vor, die nach der Rentenreform von 2012 zum weiteren Abbau des öffentlichen Pensionssystems führen würden.

Guy Foetz ist Ökonom
Guy Foetz ist Ökonom Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Nach einer monatelangen Scheindebatte bedeutet die angekündigte schrittweise Erhöhung der beitragspflichtigen Jahre, um einen Anspruch auf eine volle Rente zu haben, nichts anderes als eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit.

Dabei hatte Ministerin Deprez im Land vom 5.1.24 zur Option, die vorgezogene Rente nach 40 Beitrags- oder Ersatzjahren nicht mehr mit 60, sondern erst mit 62 anzuerkennen, betont: „…die Auswirkungen auf die Ausgaben der Kasse wären wahrscheinlich klein. Wirkung entfalten würden sie nach 40 Jahren, die einer vollen Beitragskarriere entsprechen.“

Andere Maßnahmen möglich

Der Premierminister muss sich fragen lassen, warum er diese Maßnahme, die akut nichts bringt, privilegiert und zum Beispiel eine andere Maßnahme, wo die Sozialpartner sich einig sind, nämlich die Übernahme der CNAP-Ausgaben durch den Staat, die direkt nichts mit dem Bezahlen der Renten zu tun haben (220 Millionen Euro/Jahr, Stand 2022), ignoriert.

Oder warum er den Vorschlag einer Aufhebung der aktuellen Beitragsgrenze vom fünffachen Mindestlohn – ohne dass dafür mehr Rente ausgezahlt würde – nicht in Betracht zieht. Diese Maßnahme, welche 5 Prozent der Lohnempfänger des Privatsektors mit einem durchschnittlichen Bruttolohn von monatlich 21.230 Euro (!) betreffen würde, wäre durchaus gerecht und würde 676 Millionen zusätzliche Einnahmen pro Jahr generieren (Zahlen von 2022).

Der Verzicht auf die Parallelität gezahlte Beiträge/gewährte Leistungen ist aufgrund der längeren Lebensdauer von Beitragszahlern mit hohem Einkommen vertretbar: Sie werden länger eine Rente beziehen als Beitragszahler mit niedrigem Einkommen. Solche Behauptungen stützen sich auf zahlreiche Studien wie die von Nathalie Blanpain vom französischen INSEE, die zum Schluss kommt: „Es gibt erhebliche Ungleichheiten bei der Lebenserwartung in Abhängigkeit von der Einkommenshöhe. So hatten im Zeitraum 2012-2016 Männer, die zu den oberen 5 Prozent der Bevölkerung gehörten und ein durchschnittliches Einkommen von ca. 5.800 Euro pro Monat hatten, eine Lebenserwartung bei der Geburt von 84,4 Jahren. Im Gegensatz dazu hatten die unteren 5 Prozent der Männer, die von nur 470 Euro im Monat lebten, eine Lebenserwartung von 71,7 Jahren. Im Durchschnitt lebten die reichsten Männer also 13 Jahre länger als die ärmsten.“ Dies lässt sich erklären, da Menschen mit höherem Einkommen in der Regel weniger schwere und besser abgesicherte Arbeiten verrichten und einen breiteren Zugang zur Gesundheitsversorgung sowie bessere Lebensbedingungen haben.

Jüngere und Ältere betroffen

Die geplante Verlängerung der Lebensarbeitsdauer betrifft sowohl die jungen als auch die älteren Generationen:

– Die jungen wie die älteren Lohnabhängigen werden länger arbeiten müssen, um eine volle Rente zu erhalten, auch wenn die ergänzenden Studien- und Babyjahre beibehalten werden.

– Falls ältere Lohnabhängige länger arbeiten müssen, riskiert damit – ohne Verkürzung der gesetzlichen Arbeitszeit – die Jugendarbeitslosigkeit zu steigen. Dies scheint diejenigen, die auf Generationengerechtigkeit pochen, nicht zu beunruhigen.

– Allgemein gilt: Der vorzeitige Renteneintritt erfolgt in der Regel nicht freiwillig, sondern ist auf einen schlechten Gesundheitszustand, eine unerträglich gewordene Arbeit oder den Verlust des Arbeitsplatzes im fortgeschrittenen Alter zurückzuführen. Die Di-Bartolomeo-Rentenreform von 2012 zielte darauf ab, den Renteneintritt der Versicherten schrittweise zu verzögern. Dieses Ziel wurde aber nicht erreicht, und zwar erstens, weil die meisten Versicherten mit 60 Jahren durch körperlich und geistig anstrengende Arbeit verschlissen sind und nicht mehr weiterarbeiten wollen. Zweitens ist die erhoffte freiwillige Förderung der Weiterbeschäftigung durch die Unternehmen nicht erfolgt und auch ein entsprechender Gesetzesvorschlag des früheren Arbeitsministers Nicolas Schmit ist in der Schublade gelandet. Hinzu kommt, dass ältere Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verlieren, zum Beispiel durch eine Betriebsschließung, kaum einen neuen Arbeitsplatz finden. „Zwischen Juni 2023 und Juni 2024 lag in sämtlichen Sektoren der Anteil der Neueinstellungen von über 55-Jährigen bei nur vier bis acht Prozent“. (Land vom 31.1.25) Für eine Erhöhung des Renteneintrittsalters plädieren, wenn die tatsächliche Möglichkeit zu arbeiten kaum besteht, ist also gleichbedeutend mit der Unterstützung einer impliziten Rentenkürzung.

Besserverdienende unterstützen

Nach seiner Rede zur Lage der Nation auf eine Erhöhung des Beitragssatzes angesprochen, hat der Premierminister dies abgelehnt – trotz einer solchen Empfehlung der OECD. Somit würden die Renten gemäß der Rentenreform von 2012 nicht mehr an die Lohnentwicklung angepasst, sobald die Ausgaben die Einnahmen aufgrund des globalen Beitragssatzes von 3 x 8 Prozent übersteigen. Eine solche Anpassung ist keineswegs unbedeutend. Die „Chambre des salariés“ stellt in ihrem Newsletter vom 5. Mai 2023 fest: „Nach 25 Jahren Rente hätte ein durchschnittlicher Rentner zwischen 64.000 und 123.000 Euro (konstante Euro vom April 2023) weniger Rente erhalten, wenn die Anpassung nicht vollständig gewesen wäre.“ Dieser Verlust addiert sich zu der je nach Einkommen 8,5 bis 14,7-prozentigen Abwertung der Renten bis 2052 infolge der gleichen Reform.

Vor einigen Wochen hatten die Mehrheitsparteien eine Anpassung der Mindestrente an das Existenzminimum abgelehnt. Demgegenüber will Luc Frieden Besserverdienende mithilfe höherer Steuerabzüge unterstützen, mehr für sich in den dritten Rentenpfeiler (sprich private Versicherungsbeiträge) einzuzahlen. Dieser Kontrast spricht Bände!

Alles in allem erscheinen die Vorschläge des Premiers in Sachen Rentenreform als ein Generalangriff, der nicht nur die Militanten von OGBL und LCGB interessieren dürfte:

– Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit betrifft explizit auch die Beamten im Öffentlichen Dienst; zudem wurde sie in einer ganzen Reihe von allgemeinen Umfragen mehrheitlich abgelehnt und gilt eigentlich als Tabu-Maßnahme.

– Die Finanzierung des Rentensystems für die nächsten 15 Jahre soll Premier Frieden nach mit der Hälfte der Einnahmen aus der CO2-Steuer, die für soziale Maßnahmen vorgesehen sind, sichergestellt werden. Dies kommt einer Zweckentfremdung dieser Steuer gleich, die gegen den Klimawandel zum Einsatz kommen soll, und sie ruft die gesamte Umweltschutzbewegung auf den Plan.

Mit seinem Konfrontationskurs unterstützt Luc Frieden somit die große Demo vom 28. Juni.

Alle sind aufgerufen, sich dort dem Frontalangriff auf die sozialen Rechte entgegenzustellen!

Guy Mathey
24. Mai 2025 - 9.05

Den sachlichen und gut argumentierten Ausführungen von Guy Foetz kann man sich absolut anschliessen. Alle Arbeitnehmer*innen sollen sich der von der Gewerkschaftsfront organisierten Demo vom 28. Juni anschliessen und damit klar und deutlich zum Ausdruck bringen, dass sie die von der aktuellen Regierung geplante Demontage des Sozialstaats ablehnen.
Selbstverständlich müssen auf diese Demo, welche lediglich den Auftakt der Abwehrmassnahmen bildet, noch weitere kraftvolle Aktionen folgen. Gemeinsam sind wir stärker!

Grober J-P.
23. Mai 2025 - 9.40

Möchte gerne wissen wie die Durchschnittsrente momentan ist! Kenne jetzt direkt einige Rentner wo der Beutelinhalt nicht langen würde einen Platz im Altenheim zu bekommen. Also Leute durchhalten bis der Tod euch scheidet.