EuropawahlenAuch bei den „neuen“ EU-Mitgliedern erwarten EU-Skeptiker Zugewinne

Europawahlen / Auch bei den „neuen“ EU-Mitgliedern erwarten EU-Skeptiker Zugewinne
In der bulgarischen Hauptstadt Sofia rufen Projektionen auf der nationalen Kunstgalerie zur Stimmabgabe bei den Europawahlen auf Foto: AFP/Nikolay Doychinov

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Laut einer Umfrage ist der EU-Zuspruch in Südosteuropa zwar groß. Doch auch im Osten dürften EU-skeptische Kräfte bei der Europawahl zulegen. Ein Grund: Die Unzufriedenheit über das Wohlstandsgefälle, Emigration und Korruption sowie die niedrige Wahlbeteiligung spielen Protestparteien in die Karten.

Der Countdown zu den Europawahlen am 9. Juni läuft – auch im Südosten des Kontinents. 20 Jahre nach der ersten Erweiterungsrunde ist der EU-Zuspruch bei den in die Jahre gekommenen „Neu-Mitgliedern“ laut einer jüngsten Umfrage des slowakischen GlobSec-Instituts zwar weiter auffällig hoch. Doch obwohl das Bild keineswegs einheitlich und frei von Widersprüchen ist, können EU-skeptische und populistische Kräfte auch im „neuen“ Europa mit zum Teil kräftigen Zugewinnen rechnen.

Laut der zu Monatsbeginn veröffentlichten GlobSec-Studie würden sich bei einem erneuten EU-Referendum in allen der neun untersuchten Staaten im Osten erneut glasklare Mehrheiten für den EU-Beitritt finden. Dennoch ist auch in Südosteuropa bei den Europawahlen mit dem Erstarken EU-skeptischer Parteien zu rechnen. Ein Grund: Das Wohlstandsgefälle und die Unzufriedenheit über die sehr träge Angleichung der Lebensverhältnisse spielen Protestparteien im Südosten genauso in die Karten wie der Emigrationsaderlass, die Korruption sowie die bei Europawahlen traditionell schwache Wahlbeteiligung.

In Bulgarien dürften der zunehmende Politikverdruss und die zeitgleich mit den Europawahlen angesetzte sechste Parlamentswahl in drei Jahren den Drang zu den Urnen weiter bremsen – und die EU-skeptischen Kräfte stärken. Nach dem Zerfall der proeuropäischen Zweckkoalition sehen die Prognosen die rechte Gerb-Partei von Ex-Premier Bojko Borrisow klar vor ihrem Ex-Partner und Erzrivalen, dem liberalen Antikorruptionsbündnis PP-DB. Die ultranationalistische „Wiedergeburt“ kann laut den Prognosen ebenso mit Zugewinnen rechnen wie die prorussischen Sozialisten (BSP).

In Rumänien hat der zunehmende Verdruss über die große Zweckkoalition der beiden als korrupt verrufenen „Systemparteien“ – die sozialistische PSD von Premier Marcel Ciolacu und die konservative PNL – der nationalistischen AUR einen gehörigen Aufschub beschert: In den Umfragen notieren die EU-skeptischen Rechtsausleger bereits zwischen 20 und 30 Prozent.

Fidesz-Partei könnte Federn lassen

Nach der Parlamentswahl im April zeichnet sich in Kroatien mit der geplanten Koalition der konservativen HDZ mit der nationalistischen „Heimatbewegung“ (DP) ein Rechtsruck ab. Die erste nach der Wahl veröffentlichte Meinungsumfrage weist für beide der künftigen Partner zwar leicht verbesserte Umfragewerte aus. Aber dennoch könnte es am rechten Rand bei der Europawahl noch zu Verschiebungen kommen: Laut einer jüngsten Umfrage werfen zwei Drittel der Kroaten der DP wegen ihrer geplanten Koalition mit der von ihr zuvor heftig bekämpften HDZ „Wahlbetrug“ vor.

In Slowenien müssen die Parteien der regierenden grün-linken Koalition gegenüber der Parlamentswahl 2022 mit Einbußen rechnen. Obwohl in den jüngsten Prognosen auch die oppositionelle, rechtspopulistische SDS von Ex-Premier Janez Jansa noch leicht unter ihrem Ergebnis der Europawahlen von 2019 notiert, könnte seine Partei von der traditionell großen Disziplin ihrer Stammwähler und einer niedrigen Wahlbeteiligung profitieren.

Entgegen dem europaweiten Trend müssen Ungarns EU-Skeptiker Verluste fürchten. Laut Umfragen wird die nationalpopulistische Fidesz-Partei von EU-Störenfried Viktor Orban Federn lassen, die nur zum Teil durch Zugewinne der ultranationalistischen „Unsere Heimat“ (MHM) kompensiert werden dürften. Mit Spannung wird das Abschneiden des früheren Fidesz-Funktionärs und der neuen Oppositionshoffnung, Peter Magyar, erwartet: Die konservative Tisza-Partei, auf deren Ticket er antritt, steht in den Umfragen bereits bei 15 bis 25 Prozent – mit steigender Tendenz.