15. Dezember 2025 - 10.57 Uhr
Nach Anschlag in AustralienAttentat wird als antisemitischer „Terrorangriff“ eingestuft – 27 Menschen sind noch im Krankenhaus
Nach dem Anschlag auf eine jüdische Feier am berühmten Bondi Beach in Sydney mit 16 Toten werden noch 27 Verletzte in Krankenhäusern versorgt. Sechs von ihnen seien in kritischem Zustand, sechs weitere in kritischem, aber stabilem Zustand, teilten die australischen Gesundheitsbehörden mit.
Medienberichten zufolge wurden inzwischen weitere der Todesopfer identifiziert. Unter ihnen sei auch der Holocaust-Überlebende Alex Kleytman, berichtete „The Australian“. Seine Frau, nach Angaben der Zeitung ebenfalls eine Holocaust-Überlebende, sagte dem Blatt, sie seien beide am Bondi Beach gewesen, um das jüdische Lichterfest Chanukka zu feiern. Sie seien seinerzeit von der Ukraine nach Australien ausgewandert und seit fast 60 Jahren verheiratet gewesen.
Unter den Toten sind den Berichten zufolge auch ein zehnjähriges Mädchen und zwei Rabbiner. Bei den Tätern, die am Sonntag in die Menge schossen, handelt es sich nach Angaben der Ermittler um Vater und Sohn. Der 50-jährige Vater, der von der Polizei getötet wurde, war nach Angaben der Ermittler Mitglied in einem Jagdverein und hatte eine Waffenbesitzkarte. Der 24-jährige Sohn wurde gefasst und liegt mit schweren Verletzungen im Krankenhaus.
Die australischen Behörden stufen die Attacke als antisemitischen „Terrorangriff“ ein. Als Zeichen der Trauer wurden am Montag in ganz Australien die Flaggen auf Halbmast gesetzt. Premierminister Anthony Albanese sprach bei einem Besuch am Anschlagsort von einem „Akt des puren Bösen, einem Akt des Antisemitismus, einem Terrorakt“, der ausgerechnet den berühmten Bondi Beach getroffen habe, einen Ort, der „mit Freude, Familientreffen und Feiern verbunden ist“.
Die Polizei durchsuchte eigenen Angaben zufolge zwei Häuser in Sydney, in denen die beiden Attentäter gewohnt haben sollen. Der Vater besaß nach Angaben der Polizei sechs registrierte Schusswaffen, die er offenbar alle bei dem Anschlag benutzte.
Australiens Regierung lässt strengere Waffengesetze prüfen
Als Reaktion auf den tödlichen Anschlag will Australiens Regierung eine Verschärfung der Waffengesetze erreichen. Die Verantwortlichen bei Polizei und Staatsanwaltschaft seien aufgefordert worden, Optionen auszuarbeiten, sagte Premierminister Anthony Albanese nach einer Dringlichkeitssitzung seines Kabinetts. Konkrete Reformen seien aber nicht beschlossen worden, berichteten australische Medien.
Geprüft werden sollen demnach ein Verbot von Waffen, die mit 3D-Druckern hergestellt werden können, sowie eine Beschränkung der Anzahl an Schusswaffen, die ein Bürger besitzen darf. Außerdem sei mit den Regierungschefs der Bundesstaaten besprochen worden, den Import von Waffen einzuschränken und Waffenlizenzen nur an australische Staatsbürger zu vergeben.
Die Ermittlungen laufen nach Angaben der Polizei auf Hochtouren. „Wir wollen der Sache auf den Grund gehen. Wir wollen die Motive verstehen. Und wir wollen natürlich auch die Geschehnisse verstehen“, sagte der Polizeichef von New South Wales, Mal Lanyon, auf einer Pressekonferenz.
Wie der Rundfunksender ABC berichtete, hatte der australische Geheimdienst vor sechs Jahren mögliche Verbindungen des 24-Jährigen zur Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) überprüft. Er soll demnach in engem Kontakt zu einem IS-Kämpfer gestanden haben, der 2019 verhaftet und in Australien wegen der Vorbereitung einer terroristischen Straftat verurteilt worden war. Anti-Terror-Ermittler gehen demnach davon aus, dass Vater und Sohn dem IS einen Treueschwur leisteten. In ihrem Auto am Bondi Beach sollen zwei IS-Flaggen gefunden worden sein.
Passant wirs als „Held“ gefeiert
Die jüdische Gemeinde trauerte derweil um die Opfer des Anschlags, unter denen sich der 41-jähriger Rabbiner Eli Schlanger befand, der die Feier zum jüdischen Lichterfest mitorganisiert hatte. „Er war ein Mensch, der jeden Tag mit der einfachen Mission aufstand, Gutes zu tun“, erklärte der Exekutivrat australischer Juden.
Auch ein aus der Ukraine stammender Holocaust-Überlebender, Alex Kleytman, befinde sich unter den tödlich Getroffenen. „Er starb, als er sie (seine Frau Larissa) vor den Kugeln des Schützen schützte“, teilte eine Organisation chassidischer Juden mit.
Unter den Todesopfern befand sich nach Angaben des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zudem ein französischer Staatsbürger. „Mit tiefer Trauer habe ich vom Tod unseres Landsmannes Dan Elkayam bei dem antisemitischen Terroranschlag in Sydney erfahren“, erklärte Macron in Onlinediensten.
Für Aufsehen sorgte in Australien das mutige Eingreifen eines Passanten. Auf Videos in Onlinenetzwerken ist zu sehen, wie der unbewaffnete Zivilist einen der beiden Angreifer von hinten umklammert und ihm sein Gewehr entreißt. Australiens Premierminister Albanese feierte ihn als „Helden“.
Im Internet kursierten bereits kurz nach dem Anschlag Falschinformationen darüber, von denen sich einige gegen Einwanderer und Muslime richteten. Die Polizei untersuchte am Montagmorgen Berichte, wonach auf einem muslimischen Friedhof in Sydney mehrere Schweineköpfe gefunden wurden.
Der Angriff in Sydney löste auch international Entsetzen aus. „Das war ein furchtbarer Anschlag“, sagte Trump am Sonntag bei einer Weihnachtsfeier im Weißen Haus. „Und es war ganz offensichtlich ein antisemitischer Anschlag.“ Auch Bundeskanzler Friedrich Merz zeigte sich bestürzt. „Der antisemitische Anschlag am Bondi Beach zu Chanukka lässt mich fassungslos zurück“, schrieb der Kanzler auf X.
Seit dem Hamas-Angriff auf Israel und dem dadurch ausgelösten Gaza-Krieg wurde Australien immer wieder von antisemitischer Gewalt erschüttert. Israels Regierungschef Netanjahu erinnerte an einen Brief, den er Albanese im August geschrieben habe. Darin habe er ihn davor gewarnt, dass seine Politik „Öl ins Feuer des Antisemitismus gießt“, sagte Netanjahu in einer Rede am Sonntag. Netanjahu nahm mit seiner Kritik Bezug auf Australiens Anerkennung eines Palästinenserstaats.
De Maart
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