Mittwoch5. November 2025

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KaukasusArmenier rechnen mit Flüchtlingswelle nach Gewalt in Bergkarabach

Kaukasus / Armenier rechnen mit Flüchtlingswelle nach Gewalt in Bergkarabach
Flüchtlinge in einem Bus nahe Kornidzor Foto: AFP

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Vier Tage nach dem Waffenstillstand in Bergkarabach wird eine Flüchtlingswelle aus dem umstrittenen Gebiet in Aserbaidschan immer wahrscheinlicher. Die Führung der ethnischen Armenier in Bergkarabach rechnet mit einem Exodus ihrer Bevölkerung.

In der Nähe der armenischen Grenze seien Hunderte Flüchtlinge aus Bergkarabach zu sehen, berichteten Reporter der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag. In der Grenzstadt Kornidsor trafen zudem voll beladene Zivilfahrzeuge ein. Ein Mann, der in einem der Autos saß, sagte demnach, er und seine Frau kämen aus einer Siedlung in Bergkarabach.

Die 120.000 Armenier in der Region wollten nicht als Teil Aserbaidschans leben, sagte David Babajan, ein Berater der selbst ernannten Regierung von Bergkarabach, zu Reuters. „99,9 Prozent ziehen es vor, unser historisches Stammland zu verlassen.“ Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan sagte laut Nachrichtenagentur Tass, Armenien werde alle ethnischen Landsleute aus Bergkarabach aufnehmen. Die Wahrscheinlichkeit steige, dass sie sich auf den Weg machten.

Aserbaidschan hatte zugesagt, die Rechte der Armenier in Bergkarabach zu respektieren. Die Armenier befürchten jedoch Verfolgung. Die Regierung in Armenien bereitet sich bereits auf die Aufnahme von Zehntausenden Menschen aus Bergkarabach vor. So werden Hotels nahe der Grenze zur Verfügung gestellt.

Der Regierungsberater aus Bergkarabach sagte, unklar sei, wann sich die Bevölkerung auf den Weg nach Armenien mache. „Das Schicksal unseres armen Volkes wird als Schande für die gesamte zivilisierte Welt in die Geschichte eingehen. Diejenigen, die für unser Schicksal verantwortlich sind, werden sich eines Tages vor Gott für ihre Sünden verantworten müssen“, so Babajan.

Der armenische Ministerpräsident betonte in einer Rede an die Nation: „Die Armenier in Bergkarabach sehen sich immer noch der Gefahr einer ethnischen Säuberung ausgesetzt“. Es sei zwar humanitäre Hilfe in den vergangenen Tagen angekommen. Aber das ändere die Situation der Bevölkerung nicht, so Paschinjan. Ihr einziger Ausweg könnte die Flucht sein, sollten sich die Bedingungen nicht wirklich verbessern. „Die Regierung wird unsere Brüder und Schwestern aus Bergkarabach mit Liebe willkommen heißen.“

Nun forderte Armenien eine UN-Mission für Bergkarabach. Die internationale Gemeinschaft solle alles für eine umgehende Entsendung von UN-Vertretern nach Bergkarabach tun, sagte der armenische Außenminister Ararat Mirsojan laut Protokoll in einer Rede vor den Vereinten Nationen (UN). Ziel sei es, vor Ort die Einhaltung der Menschenrechte, die humanitäre Versorgung und die Sicherheit der Bevölkerung zu überwachen. Der aserbaidschanische Außenminister, Jeyhun Bayramow, sagte, seine Regierung bemühe sich weiterhin um Wiedereingliederung und eine friedliche Koexistenz der Bevölkerungsgruppen.

Russland unterstützt traditionell Armenien, das sich von seinem Verbündeten aber wiederholt im Stich gelassen fühlte. Hinter Aserbaidschan steht die Türkei. Russland und das Internationale Rote Kreuz erklärten am Samstag, erste Hilfslieferungen seien auf dem Weg oder angekommen. (Reuters)