Dienstag21. Oktober 2025

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SerbienAnti-Vucic-Proteste: Auch ein Tennis-Ass und ein Regisseur geraten ins Visier des Regimes

Serbien / Anti-Vucic-Proteste: Auch ein Tennis-Ass und ein Regisseur geraten ins Visier des Regimes
Tennis-Star Djokovic, Angriff gegen ein SNS-Büro in Serbien: Gegenschlag für mächtige Balkanregenten Fotos: AFP

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Lange wurden Serbiens Tennis-Ass Novak Djokovic und der russophile Erfolgsregisseur Emir Kusturica von den Regierungsmedien als Aushängeschilder der Nation gefeiert. Doch wegen ihrer Unterstützung der Proteste gegen die Korruption werden sie nun als Staatsfeinde geschmäht.

Ein Gegenschlag kommt auch für mächtige Balkanregenten selten allein. Erwartungsfroh hatte sich Serbiens ranghöchster Fußball-Fan Aleksandar Vucic in dieser Woche ins Belgrader Marakana-Stadion aufgemacht. Doch beim Champions-League-Play-off-Spiel seines von ihm kräftig protegierten Leib-und-Magen-Klubs Roter Stern gegen den zyprischen Außenseiter FC Pafos hatte er nicht nur eine unerwartete 1:2-Schlappe, sondern auch ungewohnte Missfallenskundgebungen zu verdauen. „Vucic, du Schwuchtel!“, schallte es aus Tausenden homophoben Fan-Kehlen.

Als homosexuell gilt der zum zweiten Mal verheiratete serbische Präsident zwar keineswegs. Doch nicht nur der ihm lange treu ergebene Anhang von Roter Stern beginnt, sich von ihm abzuwenden. Fast zehn Monate währt bereits die Protestwelle, die sich nicht nur gegen die Korruption, sondern auch gegen Serbiens immer stärker unter Druck geratenen Vormann richtet. Besonders schmerzlich sind für den ebenso autoritär gestrickten wie selbstverliebten Landesvater die Prominenten, die mit ihm brechen. Denn viele sind auch bei den Wählern seiner nationalistischen Partei SNS populär. Die Proteste finden auch in seiner bisherigen Wahlklientel zunehmend Unterstützung.

Aushängeschilder der Nation

Lange wurden beispielsweise Serbiens Tennis-Ass Novak Djokovic und der russophile Erfolgsregisseur Emir Kusturica von den Regierungsmedien als Aushängeschilder der Nation gefeiert. Doch wegen ihrer Unterstützung für die Anti-Korruptions-Proteste werden die Vorzeige-Promis von den medialen Sprachrohren der Belgrader Machthaber nun als Staatsfeinde verfemt.

Vor allem der bekennende Putin-Fan Kusturica galt lange als loyaler Gefolgsmann von Vucic. Der Präsident besuchte den zweimaligen Gewinner der Goldenen Palme nicht nur in dessen Kulturdorf „Drvengrad“, sondern förderte auch dessen Filmprojekte und Bau der Museumsstadt „Andricgrad“ im bosnischen Visegrad nach Kräften. Doch schon nach dem Amoklauf an der Belgrader Ribnikar-Schule 2023 war Kusturica mit seiner Kritik an den gewaltverherrlichenden Programmen des parteinahen Pink-TV-Senders erstmals auf Distanz zur SNS gerückt. Seine Ablehnung der von Vucic forcierten Pläne für ein Lithium-Großbergwerk hat Kusturica für die SNS ebenso zum roten Tuch werden lassen wie seine Unterstützung für die protestierenden Studenten.

Kein Fördergeld mehr für Kusturica

Die Belgrader Fördergelder für den abtrünnigen Ex-Vucic-Fan sind versiegt. Stattdessen machen ihm vermehrte Finanzinspektionen zu schaffen: Wegen angeblicher Steuervergehen wurde im Juli sein Restaurant geschlossen.

Im Gegensatz zu Kusturica hatte Djokovic gemeinsame Auftritte mit Vucic jahrelang auffällig vermieden: Schon 2021 erzürnte der mit Abstand populärste Serbe die Regierungsmedien, als er per Instagram die Proteste gegen den von seinen Landsleuten mehrheitlich abgelehnten Lithium-Abbau unterstützte. Erst als dem esoterisch angehauchten Impfgegner während der Pandemie 2022 die Teilnahme an den Australian Open verweigert worden war, machte sich Djokovic in den Präsidentenpalast auf, um Vucic für den Beistand während seiner zeitweisen Internierung im fernen Melbourne zu danken. Der vermeintliche Schulterschluss des mächtigsten mit dem populärsten Mann des Landes wurde von den SNS-Medien damals zwar ausführlich gefeiert. Doch dass die Aufnahmen des Treffens mit Vucic ohne seine Zustimmung bei den folgenden Präsidentschaftswahlen von der SNS für Wahlkampfspots genutzt wurden, stieß dem siebenfachen Wimbledonsieger sauer auf.

Zu den Hintergründen der Aufgabe seines Tennis-Zentrums in Belgrad und der zu Monatsbeginn verkündeten Verlagerung des von ihm organisierten ATP-Turniers der „Serbian Open“ nach Athen schweigt Djokovic sich aus. Doch auch wenn er Vucic im Gegensatz zu Kusturica nie direkt kritisiert hat, ist es seine Unterstützung für die Studenten, die die Regierungspresse schäumen lässt.

„Schande! Novak unterstützt die Blockierer und die Gewalt!“, empört sich das regierungsnahe Schmuddelblatt Informer. Das Tennis-Ass zeigt sich von den Schimpftiraden allerdings keineswegs beeindruckt. „Students are Champions“, prangt auf seinem Kapuzenpullover. Es sei „wichtig“, dass die Studenten und deren Wunsch nach einer besseren Zukunft gehört werde, so seine Botschaft: „Serbien hat ungeheures Potenzial – und die Jugend ist seine größte Kraft.“