Donnerstag23. Oktober 2025

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IrlandAnti-Amerika und anti-EU – eine Altlinke ist auf dem Weg in den Präsidentenpalast

Irland / Anti-Amerika und anti-EU – eine Altlinke ist auf dem Weg in den Präsidentenpalast
Die unabhängige Kandidatin Catherine Connolly (l.) und die Fine Gael-Kandidatin Heather Humphreys nehmen an der letzten Debatte des irischen Präsidentschaftswahlkampfes in den RTE-Studios teil Foto: Niall Carson/PA Wire/dpa

Eine Pazifistin, Putin-Versteherin und EU-Feindin schickt sich an, die irische Präsidentschaftswahl zu gewinnen. Allen Meinungsumfragen für den Urnengang am Freitag zufolge liegt die von mehreren Parteien links der Mitte unterstützte unabhängige Abgeordnete Catherine Connolly mit riesigem Vorsprung vor ihrer Konkurrentin Heather Humphrys von der regierenden Fine Gael (FG). „Wir sind uns zum ersten Mal einig“, sagt die 68-Jährige mit Blick auf ihre Unterstützer-Koalition, „und die anderen haben sehr viel Angst“.

Mit Frauen im höchsten Staatsamt haben die Iren gute Erfahrungen gemacht. Vor dem amtierenden Poeten und Politik-Professor Michael Higgins bewohnten Mary Robinson, die spätere UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, sowie die Nordirin Mary McAleese insgesamt 21 Jahre lang den Dubliner Präsidentenpalast Áras an Uachtaráin. Auf der grünen Insel ist die Stellung des Staatsoberhaupts vergleichbar mit dem Arrangement Österreichs: Zwar wählt das Volk die erste Person des Landes direkt, die Kompetenzen aber sind eng umgrenzt.

Erst vor knapp einem Jahr hatten die irischen Wähler die Mitte-Rechts-Koalition von Premier Michéal Martin, Chef der wirtschaftsliberalen Fianna Fáil (FF), sowie der konservativen FG im Amt bestätigt. Die frühere Gerichtsanwältin Connolly engagierte sich zunächst in der kleinen Labour-Party, bewarb sich aber als Unabhängige um ein Parlamentsmandat und hatte 2016 Erfolg. In der Dubliner Dáil arbeitete sie mit Trotzkisten und anderen Linksaußen zusammen. Gemeinsam reisten diese 2018 ins Syrien des mittlerweile gestürzten Diktators Baschar al-Assad. 2023 machte Connolly mit notorischen Russland-Unterstützern gemeinsame Sache.

Den USA, Frankreich und Deutschland, also Irlands wichtigsten Verbündeten, sei „nicht zu trauen“, findet Connolly mit Blick auf den „militärisch-industriellen Komplex“, verglich die deutsche Aufrüstung seit Russlands Überfall auf die Ukraine sogar mit jener Hitlers in den 1930er Jahren. Bei sämtlichen Referenda, die auf eine stärkere Integration der EU abzielten, hatte sie mit Nein gestimmt. Am Brüsseler Club kritisiert sie dessen „zunehmende Militarisierung“, gab sich aber als Unterstützerin – wohl eingedenk der Umfragen, wonach 82 Prozent der Iren die EU gut finden. „Man ist nicht pro-EU, wenn man dauernd von der Zerstörung unserer Neutralität faselt“, höhnte Premier Martin.

Weder Europa-Schwindeleien noch ihre anwaltliche Tätigkeit für die hochumstrittenen irischen Banken scheinen Connollys Popularität ankratzen zu können. Im Wahlkampf punktet sie mit sanfter Stimme und der Sprachmelodie ihrer westirischen Heimat Galway und lässt keine Gelegenheit aus, den „Genozid Israels an den Palästinensern“ anzuprangern. Damit befindet sie sich im irischen Mainstream. Allerdings werde die Altlinke, einmal gewählt, „in ihren öffentlichen Verlautbarungen vorsichtiger sein“, prognostiziert Politikdozent Eoin O’Malley von der Dublin City Universität (DCU) gegenüber dem Tageblatt. Notfalls habe die Regierung das Recht, der Präsidentin Auslandsreisen oder Treffen mit offiziellen Besuchern zu verweigern.

Regierungsparteien ohne geeigneten Kandidaten

Dass dem Amtsinhaber Higgins eine Vertreterin vom linken Rand nachfolgen dürfte, haben sich die Regierungsparteien selbst zuzuschreiben. Anstatt eine gemeinsame Kandidatin zu finden, kochten die Koalitionspartner ihr je eigenes Süppchen. Die seit knapp 15 Jahren an der Regierung beteiligte FG entschied sich für die langjährige Ministerin Humphreys. Zwar war die 65-Jährige im vergangenen Jahr aus Regierung und Parlament ausgeschieden; das schützt sie aber nicht davor, dass ihr die Wähler die schwerwiegenden Probleme des Landes zur Last legen. Dazu zählen die permanente Wohnungsnot und das knirschende Gesundheitssystem.

Zudem war die begeisterte Hobbypianistin anderthalb Jahre lang Kulturministerin und damit für die gälische Sprache und Kultur zuständig; brav gelobte die aus dem Grenzgebiet zu Nordirland stammende Protestantin, sie werde die alte Sprache lernen. Von wegen: Anders als ihre fließend Gälisch sprechende Konkurrentin kommt Humphreys über armseliges Gestammel nicht hinaus. Diese Blamage wiegt schwer.

Blamiert hat sich auch Premier Martin. Der erfahrene Politik-Fuchs zwang seiner Partei FF einen populären Sportfunktionär und Ex-Militär als Kandidaten auf, der beim ersten Eishauch des politischen Schlagabtausches umfiel und das Feld verließ. Zwar steht Jim Gavins weiterhin auf dem Wahlzettel, kann der Bevölkerung aber nur noch als Protestkandidat dienen.

Das Elend der Regierungsparteien entzückt die linke Republikanerpartei Sinn Féin. Deren Unterstützung stellte Connolly eine gut geölte Parteiorganisation zur Seite. Im Gegenzug spricht die Kandidatin viel über die Vereinigung der Republik mit dem britischen Nordosten der grünen Insel; der entsprechende Urnengang solle während ihrer siebenjährigen Amtszeit erfolgen.