Dienstag4. November 2025

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KroatienAnimositäten zwischen Staats- und Regierungschef könnten sich nach Präsidentenwahl verschärfen

Kroatien / Animositäten zwischen Staats- und Regierungschef könnten sich nach Präsidentenwahl verschärfen
Zoran Milanovic (r.), hier mit Ehefrau Sanja Music Milanovic, lässt sich in Zagreb nach seinem Wahlsieg feiern Foto: AFP/Damir Sencar

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Über die Hälfte der Wähler blieb bei Kroatiens Präsidentschaftskür zwar den Urnen fern. Doch obwohl von einem Machtmonopol im Gegensatz zu den autoritär gestrickten Nachbarn Serbien und Ungarn keine Rede sein kann und die Demokratie im Adriastaat funktioniert, birgt Kroatiens Duopol auch Tücken.

Trotzig mimte Kroatiens sonst so selbstsicherer Premier Andrej Plenkovic in der bitteren Wahlnacht die Rolle des schlechten Verlierers. Statt seinem Erzrivalen Zoran Milanovic zu dessen Erdrutschsieg bei den Präsidentschaftswahlen zu gratulieren, pries der konservative HDZ-Chef lieber seinen von ihm ins Rennen geschickten, aber kläglich gescheiterten Hoffnungsträger Dragan Primorac: „Dies ist nicht meine Niederlage. Primorac war ein ausgezeichneter Kandidat – im Gegensatz zu Milanovic.“

Zumindest seine wahlwilligen Landsleute sahen das anders. Mit fast 75 Prozent der Stimmen bestätigten sie den von den oppositionellen Sozialdemokraten (DSP) unterstützten Platzhirsch Milanovic in der Stichwahl erneut in seinem Amt. Der Linkspopulist mit dem Rechtsdrall verstand es bei seinem plebiszitartigen Triumph, selbst in den Hochburgen der HDZ zu punkten.

Mit derselben Parole („Der Präsident als Präsident“) wie 1997 der einstige Staatsgründer Franjo Tudjman war „Souveränist“ Milanovic angetreten – und fuhr mit 74,68 Prozent ein Rekordergebnis ein. Zwar blieb über die Hälfte der Wähler dem Urnengang fern. Dennoch bewerteten die meisten der heimischen Analysten den Wahlausgang als Ausdruck einer funktionierenden Demokratie.

Im Gegensatz zu den Nachbarn Serbien und Ungarn gebe es in Kroatien zumindest „kein Machtmonopol“, so der Analyst Bosko Picula: Milanovic habe sich erfolgreich als wichtigstes „Gegengewicht“ zur HDZ profiliert. Die Kroaten hätten „nicht gewollt, dass die HDZ alle Hebel der Macht kontrolliert“, erklärt der Politologe Jakov Zizic das scheinbare Paradox, dass die Regierungspartei nur wenige Monate nach ihren Siegen bei der Parlamentswahl im April und den Europawahlen im Juni nun eine peinliche Schlappe erlitt.

Dauerkrach mit dem Premier

In dem Erdrutschsieg seines Erzrivalen sehen Kroatiens Medien auch einen Wählerdenkzettel für den Premier. Von einer „Lektion für Plenkovic“ spricht die Zeitung Novi List in Rijeka. Einerseits hätten die Wähler dem HDZ-Chef signalisiert, dass ihnen dessen „Selbstgefälligkeit“ keineswegs behage. Gleichzeitig wüssten sie, dass das neue Mandat für Milanovic trotz dessen distanzierten Haltung zur NATO und EU dem Land „keinen fatalen Schaden“ bescheren werde: „Zwei kroatische Soldaten weniger in Wiesbaden werden kaum für eine Wende im Ukrainekrieg sorgen.“

Doch Kroatiens „Duopol“ birgt auch Tücken. Zwar hat Kroatiens Präsident dank der Verfassungsänderungen nach der Tudjman-Ära vor allem repräsentative Aufgaben. Doch nicht nur mit der Blockade der Ernennung neuer Botschafter, sondern auch in der Verteidigungspolitik kann der Staatschef der Regierung in die Parade fahren: Bei seinem Dauerkrach mit dem von ihm als „korrupt“ kritisierten Plenkovic hat Milanovic von seinen begrenzten Machtmitteln bereits in den letzten fünf Jahren ausführlichen Gebrauch gemacht.

Egal ob Milanovic in Bosnien kroatische Kriegsverbrecher preist, das EU-Engagement im Ukraine-Krieg kritisiert oder mit der Blockade des NATO-Beitritts von Schweden und Finnland droht: Es sind weniger verwaiste Botschafterposten oder die Weigerung, Offiziere zur Ausbildung ukrainischer Militärs in Wiesbaden abzustellen, als seine außenpolitischen Sololäufe, mit denen Souveränist Milanovic die Regierung nervt – und nicht nur einstige Kriegsgegner, sondern auch EU- und NATO-Partner irritiert.

Auch künftig wird Zagreb mit zwei Zungen sprechen. Denn mit einem Ende der Dauerspannungen zwischen den Staats- und Regierungsspitzen ist angesichts des geringen Kooperationswillens auf beiden Seiten kaum zu rechnen. Im Gegenteil: Von dem Wählervotum gestärkt, dürfte Kroatiens populärster Populist in seinem zweiten und letzten Mandat noch kräftiger vom Leder ziehen.