Dem Wählen folgt in Bosnien ein zweites Zählen. Zumindest die vermeintliche Wahlverliererin Jelena Trivic (PNP) zeigt sich über die von der Zentralen Wahlkommission (CIK) in Sarajevo zu Wochenbeginn angeordnete Neuauszählung der Stimmen bei der Präsidentschaftswahl im Teilstaat der Republika Srpska (RS) erleichtert. Die CIK-Entscheidung bestätige, dass „das Regime“ von Rivale Milorad Dodik (SNSD) bei dem von Manipulationsvorwürfen überschatteten Urnengang am 2. Oktober „den Wählerwillen organisiert beraubt“ habe, so die Oppositionspolitikern.
Droht einem der gewieftesteten Strippenzieher im zerrissenen Vielvölkerstaat nicht nur die Wahlverlängerung, sondern auch die Götterdämmerung? Sicher ist, dass SNSD-Chef Dodik nicht nur um seinen vorläufigen Wahlsieg, sondern auch um seine Pfründe und möglicherweise gar um seine Freiheit zu bangen hat. Als „politisch motivierte Entscheidung“ geißelt der Putin-Freund die angeordnete Neuauszählung der Stimmen – und kündigt eine Klage gegen die CIK wegen „Mißachtung des Gesetzes“ an. Sein Sieg mit 29.000 Stimmen Vorsprung sei „sauber“: „Ich bin der absolute Gewinner der Wahl.“
Ob Klagen über unversiegelte oder aufgefüllte Wahlurnen und von lokalen Wahlleitern bewusst falsch durchgegebene Wahlergebnisse an die CIK: In 500 Wahllokalen in 90 Kommunen seien „Probleme“ aufgetreten, begründet CIK-Mitglied Irena Hadziabdic, warum die Säcke mit den 660.000 Wahlzetteln geöffnet und alle Stimmen unter Video-Aufsicht neu gezählt werden sollen. Die SNSD wolle die erneute Auszählung verhindern, „weil sie wissen, was in den Säcken ist“, ätzt der Oppositionspolitiker Milan Radovic (SDS).
Serbiens Staatschef geht auf Distanz
„Mile, du Dieb“, skandierten Tausende von Demonstranten im Zentrum in Banja Luka: Nicht nur die Zweifel an dem ordnungsgemäßen Ablauf des Urnengangs, sondern auch der Zulauf bei den von der Opposition organisierten Protesten gegen den beklagten Stimmenklau nahm in den letzten Tagen spürbar zu. Außer der Neuauszählung und den lästigen Protesten macht Bosniens lange unangefochtenen Serbenführer jedoch auch das merklich abgekühlte Verhältnis zum mächtigen Schutzherrn im Nachbarland zu schaffen: Bereits im Wahlkampf hielt Serbiens Staatschef Aleksandar Vucic auffällige und ungewöhnliche Distanz zum mächtigsten Mann in Banja Luka.
Selbst eine Flagge der von Vucic geführten SNS soll bei den Protesten in Banja Luka bereits gesichtet worden sein. Er warte die offizielle Endergebnis der Wahlen ab und werde sich nicht in die Angelegenheiten der RS „einmischen“, begründet Vucic, warum er Dodik zehn Tage nach den Wahlen noch immer nicht zum selbst deklarierten Wahlsieg gratuliert hat: Er werde mit jedem, der in Banja Luka Verantwortung trage, „die besten Beziehungen“ pflegen.
Die sich in Serbien mehrenden Spekulationen, dass Vucic seines bisherigen Partners in Banja Luka überdrüssig sei, trat Dodik in dieser Woche bei einer eigens in Belgrad einberufenen Pressekonferenz energisch entgegen – ohne sich allerdings mit Vucic zu treffen: „Ich habe täglich Kontakt mit Vucic. Unsere persönlichen Beziehungen sind sehr gut.“
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können