Donnerstag6. November 2025

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KunsteckeAmerikanische Künstlerjubiläen hoch drei: Motherwell, Newman, Rauschenberg und Co.

Kunstecke / Amerikanische Künstlerjubiläen hoch drei: Motherwell, Newman, Rauschenberg und Co.

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Jahrestage von Künstlern wechseln sich ab. Mal dominieren Erinnerungen an bedeutende Meister der Romantik oder des Barock, mal sind es Vertreter des Impressionismus und Expressionismus oder wie 1924 Künstler des Surrealismus, die wie zum 100. Jahrestag des Breton-Manifestes im Mittelpunkt faszinierender Ausstellungen stehen. Für 2025 haben wir mehrere interessante Jubiläen ausgemacht, darunter die von drei Amerikanern, die die Malerei der Vereinigten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg mitgeprägt haben: Robert Motherwell (er wäre 110 geworden), Barnett Newman (bei ihm wären es 120 gewesen) und Robert Rauschenberg (hätte 100 Jahre gefeiert).

Haben wir uns vor Jahren an den farbenfreudigen Bildern des Amerikaners Hans Hofmann im MNAHA erfreut und auch Werke anderer namhafter Künstler aus den USA im Mudam, im Nationalmuseum und kürzlich in einer Galerie in der Hauptstadt genießen können, so lohnt es sich wohl, die drei Genannten etwas näher unter die Lupe zu nehmen.

Motherwell, der Philosoph

Robert Motherwell wurde am 16.1.1915 in Aberdeen geboren und verstarb am 16. Juli 1991 in Provincetown. Er hat Philosophie, französische Literatur und Kunstgeschichte studiert. Erst nach einer längeren Mexiko-Reise 1941 wandte er sich verstärkt der Malerei zu, hielt seine Eindrücke in seinem „mexikanischen Skizzenbuch“ fest. Er bewegte sich hierbei gemäß dem „Konzept der automatischen Zeichnung“, wie es der Arenberg-Kunstkalender formuliert, und hielt sich fortan an ein darauf „basierendes kreatives Prinzip“. Er gestaltete erste maßgebenden Bilder anhand dieser Skizzen, etwa mit Revolutionär „Pancho Villa“ als erzählendem Moment auf abstraktem Hintergrund. Von ihm sind vorwiegend die mehr als 200 Arbeiten der Werkgruppe „Elegies to the Spanish Republic“, die der Künstler erst zehn Jahre nach Ende des Bürgerkrieges begann und deren Grundstrukturen „vertikale Elemente“ zwischen „ovalen Formen“ eingeschlossen sind, wie Barbara Hess notiert, wobei die ersten Tuschlinien auf Papier wesentlich für die anschließend entwickelte abstrakte Komposition waren. Für ihn waren diese spanischen Elegien eher als persönliche Empfindungen denn als politisches Statement gedacht. Motherwell galt als eine der Gründerfiguren des „Abstrakten Expressionismus“, der sich Anfang der Vierzigerjahre in den USA heranbildete und zu einer bis weit in die Nachkriegsjahre reichenden Strömung entfaltete. In den 1960er-Jahren tastete er sich in die „Color-Field-Malerei“ vor. Werke des Künstlers befinden sich in zahlreichen Museen, selbstredend auch im Museum of Modern Art in New York.

Auch wenn Motherwell ein Vordenker dieser Bewegung und würdiger Repräsentant der sogenannten „New York School“ war, so sind wohl andere Künstler-Namen deutlicher in den Fokus gerückt, etwa Mark Rothko (1903-1970) und Barnett Newman.

Newman, der „Zip“-Erfinder

Barnett Newman wurde am 19. Januar 1905 in New York geboren, wo er auch am 4. Juli 1970 starb. Er ist also zehn Jahre älter als Motherwell gewesen. Barnett Newman ist überzeugter Verteidiger der Abstraktion, erfand die bekannten „Stripes“ oder „Zips“, die er in mannigfaltiger Weise in seine Farbfelder einfließen ließ und wandte sich konsequent einer innovativen Farbmalerei zu, die ihn zu seinem wohlbekannten Bildzyklus „Wer hat Angst vor Rot, Gelb und Blau“ verleitete. Die deutsche Kunstkritikerin Susanna Partsch hat die Zerstörung eines dieser Bilder 1982 in Berlin zum Anlass genommen, um in ihrem gleichnamigen Buch über das Verständnis und die Rezeption dieser Art Malerei zu schreiben. Es ist eine gelungene Einführung in „moderne Kunst“, speziell in den abstrakten Expressionismus und die bereits zitierte Farbfeldmalerei, die bekanntlich auch von Mark Rothko praktiziert wurde. Newman ist so wie viele amerikanische Künstler ein Immigrant religiöser Obödienz, der sich selbstredend viel mit spirituellen bis mystischen Fragen auseinandersetzte. Ihm lag daran, diese in seiner Malerei und teils in Plastiken auszuloten und plastisch darzustellen.

Als Markstein in seiner Karriere darf wohl das Werk „Ornament I“ bezeichnet werden, da er hier zum ersten Mal konsequent die „Zip“ als vertikale Trennungslinie als „Kompositionsprinzip“ einsetzte. Für ihn besaß dieses Werk eine „eigenständige Existenz“, sozusagen ein „Eigenleben“. Newman erweiterte seine Technik auf neue Formate, betätigte sich auch als Kurator und machte keinen Hehl aus seinem Interesse an indianischer Kultur und Kultstätten. Sein 1950 entstandenes Werk „The Wild“ (rote Linie auf weißem Untergrund) konnten wir vor Jahren im MOMA in New York erleben. Der Künstler gestaltete auch Stelen, zudem beschäftigte er sich in seinen reiferen Jahren mit dem Leidensweg Christi (14-teilige Serie „Stations“) und konzentrierte seine Farbpalette auf Schwarz und Weiß auf ungrundierter Leinwand. Ihm ging es auch darum, ein „breites Spektrum ästhetischer Wirkungen“ zu erzeugen.

Feiern die beiden präsentierten Künstler im Januar ihre runden Jahrestage, so ist das 100-jährige Jubiläum von Robert Rauschenberg erst im Oktober 2025.

Rauschenberg, der Kombinierer

Robert Rauschenberg, am 22.10.1925 in Port Arthur geboren, starb am 15.5.2008. Rauschenberg ist ein Künstler einer etwas anderen Faktur als Motherwell und Newman. Er nutzte das Siebdruckverfahren, um seine mit Fotos angereicherte Malerei mit Abbildungen auf Leinwand zu festigen. Er schnappte seine Motive aus der Presse, verknüpfte diese mit privaten Fotos und kombinierte diese zu aussagekräftigen und kritischen, mal malerischen Akzenten zu Collage-Kompositionen, auch im Fachjargon „Combinepainting“ genannt.

Uns hat vor vielen Jahren eine Monumentalarbeit im Amsterdamer Stedelyk-Museum beindruckt, später haben wir in so manchen Museen Werke von ihm angetroffen, stets im Bewusstsein, dass diese neue „Bildgattung“ ihm erlaubte, „unabhängig und frei stehende Objekte“ in einem malerischen Umfeld zu kombinieren, um so „neodadaistische Kunstwerke“, wie der Kunst-Brockhaus festhält, zu schaffen. Er versachlichte gewissermaßen die „Gestik des Actionpainting“ und wurde so zum Wegbereiter für die Pop-Art. Ein Schlüsselwerk des Künstlers ist sicherlich „Estate“ aus dem Jahre 1963, das wortwörtlich seinen „Bildbesitz“ und seinen Blick auf die Gesellschaft von heute und den Fortschritt der Zukunft verkörpert. Es befindet sich im Philadelphia-Museum.

Rauschenberg setzte später weitere Techniken ein und kombinierte in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern seine Malerei mit anderen Gattungen wie Musik, Theater und Tanz zu „Multimediashows“. Er gründete mit dem Ingenieur Billy Klüver die Vereinigung „Experiments in Arts and Technology“. Anlässlich einer großen Tournee durch zehn Länder entstanden gar zahlreiche neue Werke gemeinsam mit Kreativen vor Ort. Rauschenberg und sein reichhaltiges Œuvre werden zum Jahresende an einigen Orten geehrt.

Mit diesen drei runden Geburtstagen verstorbener amerikanischer Künstler ist es natürlich im kommenden Jahr nicht getan. Auf andere Jubiläen sowie entsprechende Retrospektiven und Ausstellungen werden wir zu gegebener Zeit zurückkommen.

Quellen:

Arenberg-Kunstkalender, „Wer hat Angst vor Rot, Blau, Gelb?“ von Susanna Partsch, „Abstrakter Expressionismus“ von Barbara Hess und Kunst-Brockhaus.