Samstag8. November 2025

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SerbienAm autoritär gestrickten Staatschef Aleksandar Vucic scheiden sich die Geister

Serbien / Am autoritär gestrickten Staatschef Aleksandar Vucic scheiden sich die Geister
Serbiens Staatschef Aleksandar Vucic wird trotz seines autoritären Regierungsstils von EU-Ratspräsident Antonio Costa und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hofiert (Bild vom 25. März während eines Empfangs in Brüssel) Foto: AFP/John Thys

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Erneut lässt Serbiens Staatschef Vucic am Wochenende zehntausende Anhänger zur Großkundgebung nach Belgrad karren. Während er durch die Protestwelle gegen die Korruption zunehmend Gegenwind verspürt, hält sich Brüssel mit Kritik an den autoritären Tendenzen beim EU-Anwärter auffällig zurück.

Zumindest sein ungarischer Gesinnungsbruder stärkt Serbiens kontroversem „Dominator“ weiter den Rücken. „Ausländische Mächte“ versuchten sich „in das Leben der Serben einzumischen“, so die Instagram-Warnung von Ungarns Premier Viktor Orban an den „lieben Aleksandar“: „Doch die serbischen Patrioten können auf die ungarischen Patrioten zählen. Euer Kampf ist unser Kampf. Es lebe Präsident Vucic! Es lebe Serbien!“

Egal, ob als Verteidigungsminister, Premier oder Staatschef: Seit 13 Jahren teilt Vucic mit Hilfe seiner nationalpopulistische SNS im Balkanstaat die Karten aus. Doch immer mehr Serben haben von Machtmissbrauch, Vetternwirtschaft, Justiz- und Mediengängelung im autoritär gestrickten SNS-Staat genug.

Seit im November 16 Menschen beim Einsturz des Vordachs im neu renovierten Bahnhof von Novi Sad ihr Leben verloren, erschüttert eine von den Studenten geführte Protestwelle gegen die Korruption das Land. Die Forderungen nach rechtsstaatlichen Verhältnissen und Veränderung finden bei dem machtbewussten Politchamäleon indes keinerlei Gehör. Im Gegenteil: Mit verstärkten Repressalien gegen Kritiker und missliebige Medien sowie der Mobilisierung seiner Anhänger versucht Vucic dem Gegenwind zu trotzen.

Zehntausende seiner Anhänger aus dem ganzen Land sowie aus dem benachbarten Bosnien, Kosovo und Montenegro sollen am Samstag nach Belgrad gekarrt werden. Er lade zu der Großkundgebung alle Landsleute ein, „die Serbien bewahren, schützen und verteidigen wollen“, so Vucic in unzähligen Web-, TV- und Tiktok-Spots. Die Proteste verbreiteten „Terror und Furcht“, wiederholt er sein Dauercredo einer vom Ausland geschürten „bunten Revolution“. Doch laut Kritikern ist es Vucic selbst, der mit verstärkten Repressalien Angst zu verbreiten – und sich so im Sattel zu halten sucht.

Unkooperativen Staatsdienern droht Jobverlust

Nicht nur Angestellte von Staatsbetrieben, die sich dem Einstieg in die Busse zur Belgrader Großkundgebung verweigern, müssen um ihre Arbeitsplätze bangen. Mit der Kürzung und Streichen von Gehältern sowie Entlassungen aufmüpfiger Staatsdiener hat Belgrad auf Streiks und die Welle der Kritik im Bildungs- und Gesundheitssektor reagiert.

Ärzte, die es wagten, die PR-Visite von Vucic samt Journalistengefolge auf einer Intensivstation mit aus Nordmazedonien überführten Disco-Brand-Opfern als unverantwortlich zu kritisieren, werden vom Dienst suspendiert, mit Lizenzentzug bedroht oder gar des Landes verwiesen: So wurde in dieser Woche eine kroatische Ärztin und junge Mutter, die bereits seit zwölf Jahren in Belgrad lebt und arbeitet, wegen der „Bedrohung der nationalen Sicherheit“ dazu aufgefordert, innerhalb einer Woche das Land zu verlassen.

Zusammenarbeit mit Moskaus Geheimdiensten 

Wie zu Beginn der Proteste mehren sich in diesen Tagen wieder Willkürverhaftungen demonstrierender Studenten oder missliebiger Kritiker. Vucic habe in den letzten Monaten „über 80 brutale Angriffe auf Studenten angeordnet“, so der oppositionelle DS-Chef Srdjan Milivojevic bei einem Gastauftritt im Europaparlament. Als Hohn empfindet er es, dass der „serbische Lukaschenko“ auf dem Höhepunkt der Raketenangriffe auf die Ukraine ausgerechnet die russischen Geheimdienste dazu aufgefordert hat, den Vorwurf des mutmaßlichen, aber von Belgrad bestrittenen Einsatzes einer Schallkanone gegen friedliche Demonstranten zu untersuchen.

Obwohl Vucic in Serbien zunehmend Gegenwind verspürt, halten sich die EU-Partner mit Kritik an den autoritären Tendenzen beim Beitrittskandidaten auffällig zurück. Unverständlich bleibt nicht nur, warum die russophile SNS als assoziiertes Mitglied von Europas konservativer Parteienfamilie EVP, der auch die luxemburgische CSV angehört, weiter von der deutschen CDU/CSU und der österreichischen ÖVP hofiert wird.

Auch wegen des Mangels an klaren Alternativen wird Vucic im Westen noch stets als vermeintlicher Stabilitätsanker geschätzt. Doch der kritiklose und fraternisierende EU-Umgang mit Vucic ist ein Grund, warum in Serbien die EU-Zustimmung sinkt – und Europas Sternenbanner bei den Protesten kaum zu sehen ist.

fraulein smilla
14. April 2025 - 0.38

@ Reinertz
Spanien , Griechenland , Zypern , Rumaenien und die Slowakei haben bis heute den Kosovo nicht anerkannt . Spanien hatte ja selbst , zu Recht die selbsternannte Republik Katalonien nicht anerkannt .

JJ
13. April 2025 - 10.57

Da gibt es noch den einen oder anderen. Leider sind die gewählt worden.Angeblich. Das sind Putins beste Leute in der EU. Bei den Amis wären diese Länder längst draußen.
Wie würde Vucic sagen :" Ich würde nie einem Verein beitreten der jemanden wie mich als Mitglied akzeptiert." Ist aber nicht von Vucic sondern von Marx. Graucho ,nicht Karl.

Reinertz Barriera Manfred
12. April 2025 - 13.36

Die EU sollte keine Beziehungen zu diesem autoritären Staat haben weil er ja Kosovo bis heute nicht anerkannt hat...