Die Telefonverbindung ist instabil. Alborz Teymoorzadehs Stimme bricht mehrmals weg, zwischendurch zischt ein Feuerzeug im Hintergrund, knarzt eine Tür. Teymoorzadeh, iranischer Künstler und Architekt, könnte für das Gespräch mit dem Tageblatt in Luxemburg sitzen; beispielsweise in der Escher Kulturfabrik (Kufa), dessen Team ihm eine Teilzeitstelle anbot. Zum ersten Arbeitstag kam es nie. Teymoorzadeh musste Luxemburg nach fünf Jahren verlassen, denn seine Aufenthaltsgenehmigung wurde nicht verlängert.
Teymoorzadeh stellte den betreffenden Antrag zunächst als freischaffender Künstler, dann als Arbeitnehmer. Trotz wärmster Empfehlungen luxemburgischer Kulturinstitutionen, dem Job in der Kufa und der Aussicht auf ein Künstleratelier im „Château de Bourglinster“ urteilten das Innenministerium und die Generaldirektion für Immigration: Teymoorzadehs künstlerische Arbeit habe keinen Mehrwert für die luxemburgische Wirtschaft und Gesellschaft. Öffentlich wurde der Fall durch eine Meldung im Lëtzebuerger Land vom 4. Oktober.
Bestürzte Kulturszene
Es folgten Reaktionen in den sozialen Medien, u.a. von René Penning, Direktor der Escher Kulturfabrik, und Serge Tonnar, Musiker. Enrico Lunghi, ehemaliger Direktor des Mudam und Kunstprofessor an der Universität Luxemburg, bekundete seine Solidarität mit Teymoorzadeh in einem offenen Brief. Darin unterstrich er, ähnlich wie seine Vorredner*innen, das Ausnahmetalent des Künstlers. Das Kulturverständnis der Regierung schockiert viele, während das Innenministerium und die Generaldirektion für Immigration auf dem Zuwanderungsgesetz beharren – jenes gelte für alle Angehörigen aus Drittstaaten, unabhängig ihrer Tätigkeit. Teymoorzadeh habe die Bedingungen zur Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung schlichtweg nicht erfüllt.
Viele meiner Unterstützerinnen und Unterstützer sind jetzt wütend auf Innenminister Léon Gloden – während andere sich über die harte Hand der neuen Regierung freuen –, aber ich nehme die Sache nicht persönlich. Für mich spiegelt all dies die Mentalität des Landes.
Auf Nachfrage des Tageblatts bezieht auch das Kulturministerium Position: „Es ist klar, dass der Mehrwert von Künstlerinnen und Künstlern für Luxemburg nicht allein an ihrem wirtschaftlichen Nutzen gemessen werden soll.“ Das Ministerium sei nicht mit der Bewertung von Teymoorzadehs Kunst beauftragt worden und auch nicht in der zuständigen Kommission vertreten – im Gegensatz zum Wirtschafts-, Arbeits- und Innenministerium. Den Beschluss habe man zur Kenntnis genommen, mit dem Künstler stünde man nicht in Kontakt.

Teymoorzadeh bestätigt dies, betont aber auch: Das Kulturministerium wusste von seiner prekären Lage und schaute untätig zu. Was der Künstler weiter erzählt, steht im Widerspruch zur Aussage des Ministeriums, man stehe auf der Seite der Kulturschaffenden. Dass ihm ein Atelier im „Château de Bourglinster“ zugeteilt wurde, erfuhr Teymoorzadeh durch Beamt*innen des Kulturministeriums – die ihn sogleich um eine Kopie seiner Aufenthaltsgenehmigung baten. Denn: keine Aufenthaltsgenehmigung, kein Atelier. „Ich teilte ihnen mit, dass die Prozedur läuft und ich auf eine Antwort warte“, so Teymoorzadeh. Er verlangte nach einem offiziellen Schreiben, das den Zuspruch für das Atelier belegt. Er wollte es bei der Zuwanderungsbehörde nachreichen, um seine Chancen auf eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhöhen. Das Schreiben hätte seine Verankerung in der nationalen Kulturszene dokumentiert. Doch das Kulturministerium kam seiner Bitte nicht nach, pochte stattdessen auf der Kopie seiner Dokumente und warnte mit der kurzfristigen Neuvergabe des Ateliers. „Ein Teufelskreis“, kommentiert Teymoorzadeh die Geschehnisse.
Im August forderten das Innenministerium und die Generaldirektion für Immigration schließlich Teymoorzadehs’ Ausreise. „Viele meiner Unterstützerinnen und Unterstützer sind jetzt wütend auf Innenminister Léon Gloden – während andere sich über die harte Hand der neuen Regierung freuen –, aber ich nehme die Sache nicht persönlich“, sagt der Künstler. „Für mich spiegelt all dies die Mentalität des Landes.“ Im Laufe des Telefonats betont er mehrfach: Es gehe nicht um ihn, sondern um die systematische Verkennung kultureller Arbeit und den harschen Umgang mit Menschen aus Drittstaaten durch die neue Regierung. Zuvor habe man sich um Lösungen bemüht, jetzt halte man an Regeln fest. Dies treffe Migrant*innen ohne Netzwerk natürlich härter, als ihn. „Ich fühle mich ein wenig privilegiert, weil mich die Kulturszene so unterstützt, aber ich habe hart dafür gearbeitet: Ich bin losgezogen, um Menschen zu treffen“, unterstreicht er. „Ich habe fünf Jahre gebraucht, um mir ein Netzwerk aufzubauen.“

Die Zurückweisung, der erzwungene Neustart, belastet seine künstlerische Arbeit jedoch nicht. Im Gegenteil: „Das regt mich zum Nachdenken an. Ich will das Thema in meiner Kunst aufgreifen und Kraft daraus schöpfen.“ In dem Zusammenhang erwähnt Teymoorzadeh seine Familie, die stark unter der Islamischen Revolution Ende der 1970er-Jahre und dem Regime unter Ayatollah Khomeini litt. Sein Vater, der gegen die Todesstrafe protestierte, verlor seinen Job im Justizwesen; seine regimekritische Tante landete schwanger im Gefängnis; entfernte Familienmitglieder wurden exekutiert. Teymoorzadeh spricht von Glück, dass weder sein Vater noch seine Tante hingerichtet wurden. „Wenn sie es geschafft haben, weiterzuleben, gelingt mir das auch“, versichert der Künstler. „Iranerinnen und Iraner sind es nicht anders gewohnt.“
Seine Heimat hat er aber nicht aus politischen Gründen, sondern aus Neugierde verlassen. Nach seinem Bachelorstudium in Architektur und Jobs als Fotograf, hielt er nach einem Masterstudiengang in seinem Fach Ausschau und wurde in Luxemburg fündig. Und so blickt er am Ende des Gesprächs auf seine Ankunft im Großherzogtum zurück: „Die ersten Kulturschaffenden, die ich hier traf, waren Marco und Fábio Godinho sowie Trixi Weis.“
Die Künstler*innen in Luxemburg beschreibt er als „open minded“, interessant und vielversprechend. Die meisten von ihnen befänden sich dennoch konstant im Überlebensmodus und würden unter prekären Bedingungen arbeiten. Sein Fall sei ein Paradebeispiel: Die Regierung nehme Kultur u.a. als Wirtschaftsfaktor nicht ernst. „Dabei ist sie wichtig für die ökonomische Entwicklung“, so Teymoorzadeh. „Es braucht dringend ein Verständnis dafür.“
Zwar befindet sich Teymoorzadeh inzwischen nicht mehr im Luxemburg, seine Kunst jedoch bleibt: Am Samstag ist eine Video- und Tonarbeit von ihm bei der Lesung „Eenavéierzeg or in other words“ in der Kufa zu sehen. Er hat sie für die Autorin Lenaïc Brulé erarbeitet. Über weitere Projekte will er nichts verraten, doch er verrät lachend: Es geht weiter –und zwar auch in Zusammenarbeit mit luxemburgischen Kulturhäusern.
Wer ist Alborz Teymoorzadeh?
Alborz Teymoorzadeh, 1987 im Norden des Irans geboren, zog 2019 nach Luxemburg. An der Universität Luxemburg schloss er einen Master in Architektur ab. In Luxemburg beteiligte der Künstler sich an mehreren Kulturprojekten, u.a. fertigte er einen Teaser für die Nuit de la Culture in Esch an und führte zusammen mit Lenaïc Brulé das partizipative Foto-Filmprojekt „Porte-Voix“ zu kultureller Diversität in Luxemburg durch – einzusehen auf cliche.lu.
Teymoorzadehs Arbeit zeichnet sich u.a. durch seine Anwendung der Mehrfachbelichtung, die Kompositionen und die Multidisziplinarität aus. Wer sich einen Eindruck verschaffen will: Der Künstler teilt Auszüge seiner Arbeit auf Instagram (@alborztb) und auf seinem YouTube-Kanal (@AlborzTeymoorzade). Das „ZH Magazin“ – Medium einer NGO iranischer Künstler*innen aus Los Angeles – pries seine Kunst 2023 außerdem als „faszinierend“ und „leuchtende(s) Zusammenspiel von Licht, Form und Erzählung“.
De Maart

Tjo, wann een d'Conditiounen net erfëllt, dann erfëllt een d'Conditiounen eben net!
Ech wor virun 20 Joer als Lëtzebuerger an enger ähnlecher Situtioun wéi ech hei an der Schwäiz ee Permis de Séjour ugefrot hunn. Als Fräischaffende Cartoonist konnt ech keng regelméisseg Akomme noweisen, a wann, da scho guer net an der Schwäiz. Trotzdeem krut ech de Permis fir de festen Obenthalt mat der Konditioun, an der Folgezäit Opträg hei z'erfëllen an déi steierlech noweisen ze kënnen. Meng Wunngemeng an och verschidden Staatsinstanze goufe gläich drop e puer vu mengen éischte Clienten.
Ee kulturaffinen an intelligente Staat hätt an dësem Fall genee esou kënnt viirgoen, amplaz just administrativ Muskele spillen ze loossen.