SchifflingenAffäre Cafézëmmer: „Hier hat jeder die Augen zugemacht“

Schifflingen / Affäre Cafézëmmer: „Hier hat jeder die Augen zugemacht“
 Foto: Editpress/Tania Feller

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Die Affäre um die sogenannten „Cafézemmer“ in der avenue de la Libération und eine geplante Residenz in der durch Einfamilienhäuser geprägten rue Jean Wilhelm in Waldnähe waren die Hauptpunkte der Schifflinger Gemeinderatssitzung vom Freitag.  

In der letzten Gemeinderatssitzung am 2. Februar hatte Paul Weimerskirch (CSV) bereits seinem Ärger Ausdruck verliehen, dass die Klage der Gemeinde gegen den Betreiber der illegalen „Cafézëmmer“ in der avenue de la Libération ohne Angaben von Gründen von der Justiz ad acta gelegt wurde. Am Freitag legte der Bürgermeister nach und sprach von einem „Skandal“.

Im Juli 2022 war das Haus auf Initiative der Gemeinde von der Polizei geräumt worden. 13 Menschen aus sechs verschiedenen Familien waren über dem Café unter „unwürdigen Bedingungen“ untergebracht, wie Weimerskirch präzisierte. Sie teilten sich eine Küche und ein Badezimmer. Zwischen 650 und 1.100 Euro hatte der Besitzer des Hauses den Mietern pro Zimmer abgeknöpft. „Die Würde dieser Menschen wurde durch kriminelle Machenschaften mit Füßen getreten“, sagte Paul Weimerskirch. Anscheinend hätten zeitweise auch acht bis neun Personen auf der Kegelbahn der Wirtschaft geschlafen. Angemeldet waren sie in anderen Kommunen, da das Café von der Schifflinger Gemeinde nicht als nicht bewohnbar eingestuft ist. Da könne es nicht sein, dass Schifflingen alleine dafür verantwortlich sein soll und u.a. auf 50.000 bis 60.000 Euro Kosten für die Neuunterbringung der Betroffenen sitzt. Man fühle sich allein gelassen, auch von den offiziellen Stellen. „Hier haben sehr viele die Augen zugemacht“, so der Bürgermeister. 

Abgelehnt wurde die Klage wohl, weil die Gemeinde falsch reagiert und nicht direkt die Staatsanwaltschaft eingeschaltet habe. Eine schriftliche Argumentation habe man von der Justiz jedoch nicht erhalten, lediglich mündliche Erklärungen. „Wir haben damals richtig reagiert“, stellte Paul Weimerskirch klar. „Wenn es so wie jetzt ist, dann muss man die Gesetze ändern und aus solchen Affären nationale Angelegenheiten machen. Für mich ist das Ganze unverständlich.“ Jedenfalls werde man auf dem Weg einer Privatklage gegen den Betreiber gehen, auch wenn das Erstellen eines kompletten Dossiers durch den Anwalt der Gemeinde Kosten entstehen würden.

Umstrittene Residenz und neues Polizeikommissariat

Verabschiedet wurde auch der geänderte Teilbebauungsplan (PAP) für eine Residenz mit fünf Wohneinheiten in der von Einfamilienhäusern geprägten rue Jean Wilhelm. Rizo Agovic (LSAP) bedauerte in diesem Zusammenhang, dass der Schöffenrat den Reklamationen der Bürger nicht stärker Rechnung getragen hätte. Denn die seien durchaus berechtigt und man hätte das Projekt auch anders planen können. Prinzipiell passe eine Residenz dieses Ausmaßes nicht in diese Straße, so Agovic. Der zuständige Schöffe Albert Kalmes („déi gréng“) antwortete, dass man das gesetzlich nicht verhindern könne, da der Allgemeine Bebauungsplan (PAG) den Bau einer Residenz dort zulasse. Kalmes’ Parteikollege Camille Schütz enthielt sich bei der Abstimmung, während die LSAP-Opposition dagegen stimmte. Carlo Feiereisen (LSAP) stellte abschließend die Frage, warum der Schöffenrat nicht von seinem Einspruchsrecht („Intégration au tissu urbain“) Gebrauch gemacht hätte. 

Für größeres Kopfzerbrechen hatte in der letzten Sitzung das Taxenreglement des neuen provisorischen Parkplatzes in der rue de Drusenheim gesorgt. Der Tagesordnungspunkt hatte verschoben werden müssen, da die Tarifstruktur so kompliziert geplant war, dass die Räte den Durchblick verloren haben. Am Freitag wurde die Tarifizierung nun verabschiedet. Des Weiteren erhält der Mehrzweckraum der „Maison des générations“ den Namen der kürzlich verstorbenen Lyrikerin Anise Koltz. Eine Baustelle in der Avenue de la Libération (Nr. 27-29) wird derweil ab dem 27. März den Verkehr beeinträchtigen. Dort werden zwei Häuser abgerissen und eine neue Residenz gebaut.

Zu Beginn der Sitzung hatte Bürgermeister Paul Weimerskirch eine erfreuliche Nachricht mitzuteilen. Vom zuständigen Ministerium habe man den Bestätigungsbrief bekommen, dass ein neues Gebäude für das Polizeikommissariat gebaut werden könne. Standort soll das Grundstück, auf dem momentan der provisorische Parkplatz (siehe oben) eingerichtet ist, sein. In die Wahllisten haben sich in Schifflingen übrigens bis Ende Februar 524 Ausländer eingeschrieben, womit Schifflingen mit 13,4 Prozent leicht über dem Landesdurchschnitt liegt (12,5 Prozent).