Samstag27. Dezember 2025

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Deutsche BundestagswahlAFD zweitstärkste Kraft: „Wir haben uns als Volkspartei nun fest verankert“

Deutsche Bundestagswahl / AFD zweitstärkste Kraft: „Wir haben uns als Volkspartei nun fest verankert“
Die AfD ist am Wahlabend die zweitstärkste Kraft geworden Foto: Sören Stache/dpa

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Am Wahlabend steht fest: Die AfD ist zweitstärkste Kraft. Gegenüber der Bundestagswahl 2021 hat sich die Partei etwa verdoppelt. Bei der Wahlparty in Berlin bringt sich Kanzlerkandidatin Alice Weidel für eine Regierungsbeteiligung ins Spiel.

Es ist ein neuer Rekord für die AfD: Die Rechtspopulisten ziehen nicht nur als zweitstärkste Kraft ins Parlament ein. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 hat sich die Partei sogar etwa verdoppelt. Kanzlerkandidatin Alice Weidel rief bei der Wahlparty in der Parteizentrale in Berlin ihren Parteifreunden zu: „Wir haben uns als Volkspartei nun fest verankert.“ Zugleich zeigte sie sich bereit „für eine Regierungsbeteiligung“. Ihre Hand werde immer ausgestreckt sein. Dass es dazu kommt, ist jedoch unwahrscheinlich. Wahlsieger und CDU-Chef Friedrich Merz hat eine Koalition mit der AfD stets ausgeschlossen.

Weidel ist die erste Kanzlerkandidatin, die die AfD in ihrer zwölfjährigen Geschichte aufgestellt hat. Sie ist die Vorzeigekandidatin, die für den Moment die notorisch zerstrittene Partei eint. Mit der 46-Jährigen an der Spitze hat es die AfD im Wahlkampf geschafft, die langjährige Brandmauer der anderen Parteien einzureißen: Erstmals hat die AfD einer Partei – in diesem Fall der CDU/CSU – im Bundestag bei einer Abstimmung gemeinsam mit der FDP zu einer Mehrheit verholfen, bei einem Antrag zur Asyl- und Migrationspolitik. Wegen der Anschläge in Magdeburg, Aschaffenburg und zuletzt in München, bei denen mehrere Menschen getötet und viele verletzt wurden, war das Thema in den Mittelpunkt des Wahlkampfs gerückt.

Internationale Unterstützung

Auch außenpolitisch konnte sich die AfD aus der Isolation herausarbeiten: Weidel genießt inzwischen die Unterstützung internationaler Rechtspopulisten wie Viktor Orban, Herbert Kickl und Geert Wilders. Mit US-Tech-Milliardär Elon Musk unterhielt sie sich auf dessen Plattform X über AfD-Inhalte, Gott und den Mars – was sie auch über Deutschland hinaus bekannt machte. Jüngst traf sie sogar den US-Vizepräsidenten J.D. Vance, der sie überraschend nach seinem Auftritt bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Hotel empfing. Wenige Tage vor der Bundestagswahl erreichte sie eine Million X-Follower.

Dabei hat man im Wahlkampf keineswegs eine gemäßigte AfD erlebt – im Gegenteil: So bekannte sich Weidel beim AfD-Bundesparteitag in Riesa zu dem Begriff „Remigration“, der für eine Massenausweisung von Menschen mit Migrationshintergrund steht. Im Wahlkampf nutzte ihre Partei den Slogan „Alice für Deutschland“, der gesprochen klingt wie die verbotene SA-Parole aus der Nazi-Zeit „Alles für Deutschland“, für die AfD-Rechtsaußen Björn Höcke zu Geldstrafen verurteilt wurde. Mit dem rechten Rand ihrer Partei um Höcke, den sie früher mal aus der Partei haben wollte, hat sich Weidel längst arrangiert. Der Bild am Sonntag antwortete sie jüngst auf die Frage, ob Höcke für ein Ministeramt geeignet sei, mit „ja“.

Coup mit Weidel

Doch die AfD hat mit Weidel als Kanzlerkandidatin einen Coup gelandet. Denn mit der Frontfrau konnte die in Teilen rechtsextreme Partei im Wahlkampf vorgeben, toleranter zu sein, als sie ist. Weidel schafft es mit ihrer familiären Vielfalt – sie ist mit einer in Sri Lanka geborenen Frau zusammen, mit der sie zwei Kinder groß zieht – von ihren rechtsextremistischen Parteifreunden abzulenken und oberflächlich den Eindruck zu erwecken, dass die AfD mit ihr an der Spitze doch gar nicht rassistisch oder homophob sein kann. In die AfD sei sie nicht trotz, sondern wegen ihrer Homosexualität eingetreten, sagte Weidel einst.

Die gebürtige Gütersloherin mit dem Spitznamen „Lille“ ist 2013 in die neu gegründete AfD eingetreten – damals in Gegnerschaft zur Euro-Rettungspolitik der damaligen Bundesregierung. Sie war Mitarbeiterin eines Vermögensverwalters und einer Investmentbank, lebte jahrelang in China. Seit der Flüchtlingskrise 2015 kann die AfD vornehmlich mit Fremdenfeindlichkeit punkten. Inzwischen hat die Partei aber auch Corona, Krieg und Frieden, Windkraft und das Gendern als Aufreger-Themen für sich entdeckt. Wie das Wahlergebnis zeigt, ist diese Strategie von Erfolg gekrönt.