Der Film „Kontinental ’25“ des rumänischen Regisseurs Radu Jude, eine internationale Großproduktion an der außer Rumänien und Luxemburg (Paul Thiltges Distributions) auch Brasilien, die Schweiz und Großbritannien beteiligt sind, hat im Wettbewerb der Berliner Filmfestspiele am Samstagabend den Silbernen Bären für das „Beste Drehbuch“ gewonnen. Ein Achtungserfolg für den luxemburgischen Film.

„Kontinental ’25“ ist schon allein wegen seiner Entstehungsgeschichte ein überaus origineller Film: Er wurde an nur zehn Drehtagen mit einem einfachen Smartphone ohne zusätzliches Licht und größere technische Ausstattung gedreht. Damit ist dieser Film vor allem auch ein Vorbild für all jene, die gern die langen Wartezeiten auf Förderentscheidungen und langsame Dreharbeiten beklagen: Auf fantastische Weise führt der Rumäne allen Filmliebhabern vor, dass es geht, schnell und billig einen guten Film zu machen, irgendwie, wenn man nur eine Idee hat. Gerade junge Filmemacher wollen immer gern technisch perfekt sein. Jude zeigt, warum das ein falscher Weg ist. Sein Film verschiebt auch die technischen und ästhetischen Grenzen.
„Kontinental ’25“ wurde in der Stadt Cluj, im Herzen von Transsilvanien, gedreht und spielt dort – an einem Ort, der seit den Zeiten des „realen Sozialismus“ im 20. Jahrhundert ein rasantes wirtschaftliches Wachstum erlebt hat: eine „Smart City“, die einen fortschrittlichen IT-Sektor entwickelt hat, aber infolgedessen auch starke Gentrifizierung erlebte, die dramatische Auswirkungen auf das Leben der dort lebenden Menschen hatte.
Zwei Charaktere spiegeln diesen Prozess: Ein ehemaliger rumänischer Olympiasieger, der durch den Übergang zu einem ungezügelten kapitalistischen Liberalismus in tiefste Armut gestürzt wurde. Er schlägt sich irgendwie durch, bettelt um Essen und Arbeit, und schläft kostenlos in den Kellern eines ehemaligen Hotels, des titelgebenden „Kontinental ’25“, das jedoch sukzessive in Luxuswohnungen umgewandelt werden soll. Daher wird er von der Gerichtsvollzieherin Orsolya aufgefordert, das Gebäude zu verlassen.
Im Folgenden dreht sich der Film um die (un)mögliche Verarbeitung des Schuldgefühls Orsolyas. Auf langen Wanderungen durch verschiedene Teile der Stadt begegnet sie philosophierenden Lieferfahrern und orthodoxen Priestern.
Radu Jude ist ohne Zweifel eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des europäischen Autorenkinos, spätestens seit er im Pandemiejahr 2021 in Berlin den Goldenen Bären gewann. Jude, ein gebildeter Regisseur, nutzt die Sprache des Kinos exzellent aus und lehnt sich besonders an den großen Roberto Rossellini an. Die Stärke des Films liegt aber auch in Judes Fähigkeit, die sozialen und politischen Probleme im heutigen Rumänien frontal anzugehen, und zugleich ironisch zu kommentieren.
Das Ergebnis ist eine sozial-politische Parabel in Form einer scharfen Satire.
Während die anderen luxemburgischen Koproduktionen leer ausgingen, gewann den Goldenen Bär der Spielfilm „Dreams“ (Drømmer) vom norwegischen Regisseur Dag Johan Haugerud. Es handelt sich um eine Liebesgeschichte im Schatten gesellschaftlicher Tabus.
De Maart
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