Montag10. November 2025

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EU-ParlamentAbgeordnete erheben Klage vor dem EuGH gegen die Kommission

EU-Parlament / Abgeordnete erheben Klage vor dem EuGH gegen die Kommission
Die EU-Parlamentarier haben ein Problem mit der Freigabe von eingefrorenen EU-Geldern an Ungarn durch die EU-Kommission Foto: AFP/Frederick Florin

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Das EU-Parlament verklagt die Kommission wegen der Freigabe von Geldern für Ungarn. Für Behördenchefin Ursula von der Leyen und ihre konservative EVP kommt die Klage zur Unzeit.

Showdown vor der Europawahl: Zwischen dem EU-Parlament und der EU-Kommission ist ein Machtkampf um den Rechtsstaat und das Geld entbrannt. Das Parlament verklagt Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihre Brüsseler Behörde wegen der umstrittenen Freigabe von Fördergeldern für Ungarn. Am Donnerstag kam das grüne Licht aus Straßburg.

Bereits am Montagabend hatte der Rechtsausschuss des Parlaments mit großer Mehrheit für die Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg gestimmt. Nun willigte auch Parlamentspräsidentin Roberta Metsola ein. Die größte Parlamentsfraktion, die konservative EVP, stellte sich der Klage nicht entgegen.

Dabei kommt der Rechtsstreit aus EVP-Sicht zur Unzeit. Schließlich hatten die Konservativen von der Leyen erst in der vergangenen Woche zur Spitzenkandidatin für die Europawahl nominiert. EVP-Chef Manfred Weber lobte die Bilanz der EVP-Politikerin – auch beim Ringen um den Rechtsstaat in Ungarn, Polen und anderen EU-Ländern.

Und nun das: Die Klage vor dem höchsten EU-Gericht – ein ungewöhnlicher und seltener Vorgang. Das Parlament hatte 2021 zwar schon einmal gegen von der Leyen und ihr Team geklagt – wegen Untätigkeit. Das Parlament zog die Klage jedoch zurück, nachdem die Behörde 2022 begann, die damals neuen Rechtsstaats-Regeln gegen Ungarn zu nutzen.

Diesmal geht es um 10 Milliarden Euro, die von der Leyen nach diesen Regeln zunächst eingefroren, nur einen Tag vor dem EU-Gipfel im Dezember aber freigegeben hatte. Beim EU-Gipfel machte Ungarns Regierungschef Viktor Orban dann überraschend den Weg zum Start von EU-Beitrittsgesprächen für die Ukraine frei. Von der Leyen habe sich von Orban „erpressen“ lassen, heißt es im Parlament.

Die EU-Kommission sieht das naturgemäß völlig anders. Sie sei der Ansicht, dass sie in voller Übereinstimmung mit dem EU-Recht gehandelt habe, sagte ein Sprecher. „Ungarn hatte alle von der Kommission geforderten Beweise für die Unabhängigkeit der ungarischen Justiz vorgelegt.“

Bedeutsamer Fall

Allerdings ließ sich dies bisher nicht überprüfen. Nun kommen alle Fakten auf den Tisch – wenn auch erst nach der Europawahl. Denn das EU-Gericht in Luxemburg dürfte frühestens im nächsten Jahr über diesen Präzedenzfall beraten. Die Erfolgsaussichten sind eher mager. Es werde schwer zu beweisen, dass die Kommission Fehler gemacht habe, heißt es in einem Rechtsgutachten, das das EU-Parlament angefordert hatte.

Der Causa kommt grundsätzliche Bedeutung bei. Denn es geht nicht nur um Ungarn, sondern letztlich um die Frage, wie groß der Ermessensspielraum der Kommission ist – und welchen Einfluss das Europaparlament noch auf das EU-Budget hat. Es darf zwar über den Sieben-Jahres-Haushalt mitbestimmen und über die laufenden Jahresbudgets aushandeln. Die Auszahlung der Fördermittel an die EU-Länder liegt jedoch in den Händen der Kommission.

Die Brüsseler Behörde hat nicht nur in Ungarn EU-Gelder eingefroren, sondern auch in Polen. Von der Leyen hatte vor wenigen Tagen angekündigt, mehr als 100 Milliarden Euro freigeben zu wollen, die unter der ehemaligen, EU-kritischen PiS Regierung blockiert worden waren. In Warschau regiert mittlerweile der proeuropäische Donald Tusk. Er will den Rechtsstaat wieder an die EU-Standards anpassen – hat damit aber gerade erst angefangen.