Zur Gedenkzeremonie und Blumenniederlegung am hauptstädtischen Bahnhof am Freitag interpretierten Carlo Hartmann und André Mergenthaler das „Tambower Gefangene Lidd“ aus der Feder von André Kettenhofen und komponiert von Julien Hoffmann. Im „Centre culturel et scientifique russe“ stellte Vorsitzender Pol Scholer ein 286 Seiten umfassendes Literaturwerk vor: „Tambow 1943-1945 – 75 Joer zeréck an d’Heemecht“. Der Abschluss der Gedenkfeierlichkeiten fand am Samstag mit der Jahreshauptversammlung statt.
Im Rahmen der Ansprachen ging Pol Scholer auf die Rückkehr der Tambower am 5. November 1945 ein. Unzählige Familienangehörige und Freunde fanden sich damals im Bahnhof Luxemburg ein, um ihre Liebsten wieder in die Arme zu nehmen. Die Freude war in den Augen jeden einzelnen sichtbar, doch leider kamen 200 „Lëtzebuerger Jongen“ nicht zurück aus Tambow. Ihre Familienangehörigen mussten ohne sie zurück nach Hause fahren.

1.900 junge Luxemburger Zwangsrekrutierte gerieten zwischen 1943 und 1945 in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Sie trugen unter Zwang die Uniform der Wehrmacht und waren für die Russen nicht von Deutschen zu unterscheiden. Etwa 1.000 von ihnen wurden im Gefangenenlager Nr. 188 in Tambow interniert. Nur 800 von ihnen überlebten die Haft. Am 9. August 1945 kam ein erster Krankentransport mit 200 verletzten und kranken Zwangsrekrutierten in Luxemburg an. Weitere 600 „Jongen“ erreichten nach einer langen und beschwerlichen Fahrt am 5. November um 3 Uhr nachts den Bahnhof in Luxemburg.
Erinnerungskultur aufrechterhalten
Seit 1954 setzt sich die „Amicale“ für die Erinnerung ein. Und diese gilt es heute mehr denn je aufrechtzuerhalten und immer wieder zu erneuern. Dazu trägt einerseits das neue Literaturwerk mit zwei DVDs bei, aber auch die Arbeit des „Comité pour la mémoire de la Deuxième Guerre mondiale“.
Ein Beitrag von Metty Scholer über den „Tambower Fändel“ dokumentiert sehr eindrucksvoll die heute noch bestehende Einheit innerhalb der „großen Familie der Tambower“ und ihrer Nachfahren. Das kleine Städtchen Tambow liegt 430 km südöstlich von Moskau, das Lager befand sich mitten im Wald.
Zitat Metty Scholer, Seite 108/109 : „1943 sin deng eischt Bewunner agezunn … Woch fir Woch sin „néi Letzebuerger“ uko’m, de’ eng aus dem E’sleck, anerer vun der Musel oder aus der Minettsge’gend, an och aus dem Gutland. … Lues a Lues hun mir eis op eng bestömmt Barâck konzentréiert an hun e’ Barâckechef aus eisen Reien bestömmt. Mir wollten önnert ons sin…. Als Natioun huet ons eppes dach gefeelt, natirlech de’ aner haten et och nach nit, an zwar e’ Fendel. D’Idee war gutt, awer wo’ dat neidegt Stoff hierhuelen …“
Die Luxemburger Jungen setzten alle Hebel in Bewegung um ihren „Fändel“ zu nähen, bestehend aus roten Pullover, weissen Bettlaken und blauen Hosen. Doch schlussendlich gefiel den Jungen die Fahne nicht. Die roten Pullover waren zu grob. Die Kameraden aus der „Wäscherei“ wussten Rat. Sie besorgten rote russische Decken und kochten diese zusammen mit weissen Leinentücher in einem Topf. Andere haben zur gleichen Zeit rote Ziegel zu Mehl verarbeitet und die Tücher versucht in einer roten Mehlbrühe zu kochen. „E’nt vun zwé musst dach gerôden“ … A Möttes we’d Komerôden eromkommen war eisen Fendel ferdeg. Gleich gouf en iwwert eis Brötschen gehângen, wöll mir konnten nit me’ wârden: „Onsen Fendel he’ch ze hâlen re’chen mir eis d’Brudderhand“
Zur Jahreshauptversammlung der „Amicale des anciens de Tambow“ ging Gastredner Josy Lorent vom „Comité pour la mémoire“ auf die jüngsten Entwicklungen der Erinnerungskultur ein. Denn diese gilt es nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern auch zu erneuern und an die neuen Gegebenheiten sprich die digitalen Medien anzupassen, so Lorent. In diesem Zusammenhang werde das Komitee in naher Zukunft einen neuen Internetauftritt präsentieren.
Dem Redner sind vor allem die Entwicklungen der letzten Jahre ein Dorn im Auge. Jede Institution, die die Belange der Opfer des Nationalsozialismus vertritt, hat das Recht, ihre Belange zu vertreten. Jedoch muss dies in gegenseitigem Respekt geschehen, so Lorent.
Er dankte an dieser Stelle vor allem den Schülern aus Junglinster für das Projekt „Stolpersteine“, mit dem Hinweis darauf, dass es sehr lobenswert ist, dass sich junge Menschen mit dem Thema Zwangsrekrutierung auseinandersetzen. Und dieses Thema kommt immer wieder zu kurz, etwa im neuen Buch „Le Luxembourg et le 3e Reich / Luxemburg und das Dritte Reich“. Dieses Werk vom „Musée de la Résistance“ umfasst 960 Seiten. Nur zehn Seiten sind der Zwangsrekrutierung gewidmet, mahnte Lorent zum Abschluss seiner Rede.
Das Buch
Bestellungen des Buchs „Tambow 1943-1945 – 75 Joer zeréck an d’Heemecht“ nimmt Vic. Steichen per E-Mail unter [email protected] entgegen. Der Preis beläuft sich auf 60 Euro.
De Maart










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