27. Dezember 2025 - 9.13 Uhr
Wertanlage2025 hat der Goldpreis alle Rekorde gebrochen. Über ein Phänomen.
„Achat et vente“ heißt es belanglos, aber von weitem sichtbar auf dem Schild, der über dem kleinen Laden im hauptstädtischen boulevard d’Avranche hängt. Die besten Preise werden versprochen, eher diskret geht es zu, betritt man das Innere des Geschäfts. Wie könnte es auch anders sein, schließlich geht es um Geld, Gold und die Sicherheit, die damit verbunden ist. Der freundliche Herr, der mich reinlässt, erklärt schnell das Geschäftsmodell: Die Firma kauft nicht nur Schmuck und andere Gegenstände aus Gold und bezahlt dafür nach seinen Worten einen guten Preis, sondern verkauft andererseits Goldbarren in verschiedenen Größen ebenso wie Münzen. Seine Branche könne momentan nicht klagen, sagt er.
Seit Jahrtausenden fasziniert Gold den Menschen, weckt aber auch seine Gier. Frühe Kulturen betrachteten Gold als Geschenk des Himmels. Die alten Ägypter etwa sahen darin ein Symbol des ewigen Lebens und nannten es das „Fleisch der Götter“. Sie legten es nicht zuletzt den Gräbern der Pharaonen bei. So ist etwa die Totenmaske von Tutanchamun aus massivem Gold. Auch in der griechischen Mythologie spielt es eine herausragende Rolle, so etwa in der Sage vom goldenen Vlies: Jason nimmt mit seinen Argonauten Kurs auf Kolchis, das in jener Zeit für reiche Goldvorkommen steht.
Objekt der kulturellen Faszination
Der US-Amerikaner Fred C. Dobbs hingegen hat gründlich abgewirtschaftet. Er ist an die Golfküste von Mexiko gekommen und lebt davon, reiche Landsleute anzubetteln – bis er einen Landsmann kennenlernt. Die beiden Männer sind Figuren aus John Hustons Film „The Treasure of the Sierra Madre“ (1948) nach einem Roman von B. Traven. Als sie die Bekanntschaft mit einem alten Goldgräber machen, beschließen sie, diesen zu seiner Goldader zu begleiten. In der Sierra Madre bauen sie einen Stollen und beginnen, das Gold zu waschen. Nach einiger Zeit regen sich Gier und Misstrauen. Der von Humphrey Bogart gespielte Dobbs versinkt im Verfolgungswahn. Geistig verwirrt, wird er von Banditen wegen seiner Stiefel und Maultiere ermordet, während das Gold vom Wind verweht wird.

Sowohl Film wie auch die literarische Vorlage sind Beispiele für die kulturelle Auseinandersetzung mit dem Phänomen Gold und damit, was es mit den Menschen macht. Ein anderes ist der Roman „The Call of The Wild“ (1903) von Jack London über den Klondike-Goldrausch, der Ende des 19. Jahrhunderts mehr als hunderttausend Goldsucher an den Klondike-Fluss nach Kanada und Alaska brachte. Er gilt neben dem kalifornischen ein halbes Jahrhundert zuvor als einer der folgenreichsten Goldräusche. In den USA fiel er in eine Zeit der Wirtschaftskrise. Die riesigen Goldmengen führten zur Inflation.
Gier nach Gold als Antriebskraft
Christoph Columbus war, als er auf der von ihm benannten Insel Hispaniola in der Karibik ankam, getrieben von der Suche nach Gold. Er versklavte die Indigenen und ließ sie ermorden. Sie wurden Opfer von Ausbeutung und Krankheiten. Auf der Suche nach Bodenschätzen gingen Spanier und Portugiesen in der Kolonialzeit über Leichen. So etwa die Konquistadoren Hernán Cortés (Mexiko) und Francisco Pizarro (Peru). Die Gier nach Gold war die Hauptantriebskraft, um die Imperien der Azteken respektive Inkas zu erobern. Letztere etwa maßen Gold nicht einen Geldwert, sondern einen rituellen Wert bei. Sie assoziierten es vielmehr mit der Sonne und ihrer Farbe. Sie nannten es den „Schweiß der Sonne“ – und Silber die „Tränen des Mondes“. Waren es vorher die Goldschätze und andere Naturreichtümer wie Kautschuk, sind es heute etwa Kupfer und Lithium. Der Goldrausch ist geblieben. Für die großen transnationalen Konzerne, die den weltweiten Goldabbau dominieren, ist das Geschäft lukrativ. Die oft illegal beschäftigten Arbeiter, in Brasilien Garimpeiros genannt, schürfen unter unmenschlichen Bedingungen und hohem Gesundheitsrisiko im Amazonas-Regenwald.
Dabei werden Regenwälder zerstört und Flüsse verschmutzt sowie die Biodiversität und indigenen Gemeinschaften von den Goldgräbern bedroht. Eine Studie von Greenpeace Brasilien kam zu dem Ergebnis, dass bei der Ausbeutung illegaler Goldgruben in indigenen Schutzgebieten jeden Tag eine Fläche von vier Fußballfeldern zum Opfer fällt. Beim illegalen Bergbau waren es dort bisher 26.000 Hektar Land. Beim Goldabbau im Amazonasgebiet sind nach Recherchen des Redaktionsnetzwerks Deutschland zurzeit mehr als 20.000 Garimpeiros aktiv. Bei der Förderung des Goldes verwenden sie große Mengen hochgiftiger Chemikalien, um das Edelmetall aus dem Gestein zu lösen. Unter dem Einsatz von Blausäure (Cyanid) und Quecksilber werden die Böden und das Grundwasser verseucht. Letzteres vergiftet wiederum die Fische, von denen sich insbesondere die Indigenen ernähren, die daraufhin schwer erkranken. Die Quecksilberdämpfe verursachen bei Menschen und Tieren irreversible Schäden im Nervensystem. Außerdem kommt es immer wieder zu gewalttätigen bis tödlichen Übergriffen an Indigenen. Mit im Spiel sind kriminelle Organisationen.
„Galamsey“ – sammeln und verkaufen
Die Landschaft in der ghanaischen Region Ashanti wirke wie eine riesige Baustelle, schreibt Jocelyn C. Zuckerman in ihrer Reportage „Giftiger Goldrausch“. Wo einst Kakao angebaut wurde, waren alle Bäume abgeholzt. Viele Grundbesitzer hatten ihr Land an Goldgräber verkauft. „Auch die Maniok-, Mais- und Kochbananenfelder (…) waren verschwunden“, stellt die Journalistin und Schriftstellerin fest. Stattdessen sind hässliche Erdhügel und Teiche zu sehen – Überbleibsel des zerstörerischen Goldrausches. „Seit Jahrhunderten ist das Gold für diese Region Segen und Fluch zugleich“, so Zuckerman. Dank der Goldvorkommen wurde das Königreich der Ashanti Ende des 17. Jahrhunderts eine regionale Macht. Sie führten jedoch auch zu seinem Untergang, als die Briten das Land im 19. Jahrhundert kolonialisierten. Der jüngste Run auf das Gold steht eng mit der globalen Instabilität in Verbindung, weil es wegen seiner Wertbeständigkeit als sichere Geldanlage gilt. Der Goldpreis erlebte einen Höhenflug und landete im April 2025 bei einem Allzeithoch. In Ghana führte dies zur Verdoppelung der Goldexporte und zur Ausbreitung des illegalen Bergbaus, der „Galamsey“ genannt wird, was für „gather them and sell“ steht – sammeln und verkaufen.
„Galamsey“ hat explosionsartig zugenommen, da ausländische Global Player davon profitieren und junge Einheimische nach Arbeit suchen. Wälder und Kakaoplantagen wurden verwüstet. Das Land ist zwar nach der Elfenbeinküste weiterhin der zweitgrößte Kakaoproduzent der Welt und zählt mehr als eine Million Kakaobauern, von denen die meisten kleine Plantagen bewirtschaften, die seit Generationen im Familienbesitz sind. Während die Goldexporte des Landes von fünf Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 auf 11,6 Milliarden 2024 anstiegen, brach die Kakaoproduktion von 2,9 Milliarden US-Dollar (2021) auf 1,7 Milliarden ein. Wo früher Kakao wuchs, hinterlässt der Goldabbau quecksilberverseuchte Böden und Wasser. Das Phänomen wurde durch die chinesischen Investoren verstärkt, die nach Ghana kamen, um dort Goldminen zu betreiben. Heute macht der illegale Abbau mehr als ein Drittel der jährlichen Goldproduktion Ghanas aus. Wie in Brasilien haben auch in Ghana Blei, Zyanid, Kadmium, Arsen und insbesondere Quecksilber die Erde und das Wasser vergiftet.
Gold als Mittel zur Kriegsführung
Im Sudan kämpfen die Sudanesischen Streitkräfte (SAF) gegen die paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF). Angefangen hat der Krieg Mitte April 2023. Hinter der SAF unter der Führung von General und De-facto-Staatschef Abdel Fattah Burhan steht Ägypten, hinter der RSF und die Vereinigten Arabischen Emirate. Beide liefern Waffen, die vor allem die Paramilitärs mit Gold finanzieren. Unter Burhans früherem Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo alias „Hemeti“ ging die RSF aus der Janjaweed-Miliz hervor, die 2003 bis 2005 in Darfur einen Völkermord begangen hatte. Nach dem Sturz des Diktators Umar al-Bashir 2019 blieb sie eine bedeutende Macht, deren wirtschaftliche Basis neben dem Söldnertum der Goldabbau in Darfur ist.
Die Ausbeutung und der Schmuggel der Goldressourcen spielen seit 25 Jahren und verstärkt seit Beginn des Konflikts eine wichtige Rolle. Gold dient als Mittel zur Kriegsführung und ist zugleich eine seiner Ursachen. Nach der Unabhängigkeit von Südsudan 2011 verzeichnete die Goldminenindustrie ein beträchtliches Wachstum. Sudan wurde nach Angaben der spanischen Zeitung El Pais drittgrößter Goldproduzent Afrikas. Vor allem Russland und Iran nutzen Port Sudan am Roten Meer, um die SAF mit Waffen, Benzin und Munition zu versorgen. Im Gegenzug erhalten sie Gold.
2025 – das glänzende Jahr
Das Jahr 2025 verlief für die Goldbranche glänzend. Wer zu Beginn des Jahres in Gold investierte und das Edelmetall bis Dezember behalten hat, der kann sich über eine stattliche Rendite freuen. Um mehr als 50 Prozent ist der Wert gestiegen. Nachdem zu Jahresbeginn erstmals die historische Marke von 3.000 US-Dollar für eine Feinunze (31,1 Gramm) durchbrochen wurde, folgte im Oktober die Marke von 4.000 Euro. Ein absoluter Rekordstand von 4.356 Dollar wurde am 21. Oktober erzielt. Danach ist der Preis leicht gesunken, blieb aber weiter bei deutlich über 4.000 Dollar. Am 17. Dezember lag er bei etwa 4.335 Dollar. Zu Jahresbeginn waren es noch 2.620 Dollar je Feinunze. Einen derartigen Anstieg innerhalb eines Jahres hat das Edelmetall seit 40 Jahren nicht erlebt. Selbst die Kryptowährung Bitcoin kann dieses Jahr da nicht mithalten.
Über Jahrzehnte betrachtet, hat der Goldpreis ebenfalls hohe Wachstumsraten hinter sich. Am 15. August 1971 erklärte der amerikanische Präsident Richard Nixon die künstlich festgelegte Preisbindung von US-Dollar und Gold für beendet. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs war der US-Dollar die vertraglich festgelegte internationale Leitwährung, es galt ein festgelegter Preis von 35 US-Dollar pro Feinunze Gold. Ziel des Systems war es, den internationalen Warenhandel durch stabile Wechselkurse zu fördern. In den Vorjahren des Zusammenbruchs des Systems waren jedoch berechtigte Zweifel aufgekommen, ob die USA genug Gold hätten, um im Zweifelsfall ihr Versprechen einlösen zu können. In den Jahren nach 1971 herrschte dann das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Der Goldpreis, vorher künstlich tief gehalten, legte zu. Bereits nach einem Jahr sprang er über die 50-Dollar-Marke. Inmitten von Währungsturbulenzen stieg er weiter. Im Mai 1973 überschritt er erstmals die 100-Dollar-Marke. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten stieg die „Krisenwährung“ innerhalb weniger Jahre über den Wert von 500 Dollar pro Feinunze (1979).
Der Aufwärtstrend setzte sich in den kommenden Monaten noch bis auf einen Höchststand von 850 Dollar pro Feinunze fort (1980). Dann brach der Preis wieder stark ein. Nur zwei Jahre später fiel Gold bis unter 300 Dollar. In den folgenden Jahren schwankte der Preis. Doch nach 1988 ging es für viele Jahre nur noch bergab: Das Edelmetall verlor seinen Glanz als Anlageoption. Mit Aktien konnte gutes Geld verdient werden. Die Wirtschaft boomte. 1999 erreichte der Goldpreis einen Tiefststand: Nur noch 252 Dollar kostete eine Feinunze.
Preisanstieg in Krisenzeiten
Danach stieg der Preis wieder. Infolge der geplatzten Dotcom-Blase, der expansiven Geldpolitik, der Finanz- und der Schuldenkrise sprang er nach oben. Verunsicherte Anleger suchten nach sicheren Anlagemöglichkeiten für ihr Geld. 2010 durchbrach das Gold die Marke von 1.000 Dollar. 2011 erreichte es ein neues Allzeithoch bei leicht über 1.900 Dollar. Mit der sich in den folgenden Jahren wieder beruhigenden Wirtschaftslage war auch der Goldpreis ab 2013 wieder rückläufig. Mit Corona erhielt er erneut starken Auftrieb. Schnell aufeinanderfolgende Krisen sorgten dafür, dass der Preis weiter hoch blieb. Antrieb geben dem Goldpreis derzeit eine ganze Reihe Faktoren. Dazu zählen die weltweite wirtschaftliche und politische Unsicherheit, die hohe Verschuldung vieler Staaten, die Handelskonflikte, die Aussicht auf weitere Senkung der Leitzinsen durch Notenbanken, höhere Inflationsraten, wachsendes Misstrauen gegenüber Papierwährungen, ein schwächelnder Dollar und die anhaltenden Goldkäufe von Zentralbanken, um sich vom US-Dollar unabhängiger zu machen.
Die meisten Analysten rechnen im nächsten Jahr mit einer weiteren leichten Preissteigerung. Mit der gleichen Argumentation, wie etwa Guy Wagner, CIO von „Banque de Luxembourg Investments“, Mitte Oktober erklärt hatte: Mit sinkendem Vertrauen in die Weltpolitik, einem schwächer werdenden Dollar, kaufenden Zentralbanken und höheren Inflationsraten blieben die Argumente bestehen, sagte er. Zudem sei der Preisanstieg, wenn man die Inflation mit einrechne, nicht so enorm, wie die Grafiken suggerierten. Es gebe keine spekulative Übertreibung. Der Anstieg beim Gold liege weit hinter dem Wachstum der Geldmenge. Andere Analysten warnen derweil, dass mit einer Fortsetzung des Höhenflugs auch das Risiko eines stärkeren Rückgangs steige.

Grafik: Gold.de
Wie viel Gold hat der Luxemburger Staat?
Der Luxemburger Staat besitzt offiziell keine Goldreserven mehr. Hintergrund ist, dass 1998 alle Goldbestände des Staates an die Zentralbank übertragen wurden.
Die einzige Ausnahme sind 1.800 übriggebliebene Louis-d‘Or-Goldmünzen, die bei der Banque Centrale du Luxembourg (BCL) gelagert werden. Diese Münzen stammen ursprünglich vom staatlichen Nachrichtendienst „Service de renseignement“. Dies geht aus mehreren parlamentarischen Anfragen hervor. Die Louis-d‘Or-Münzen sind historische französische Goldmünzen aus 22-karätigem Gold. Sie wiegen zwischen 6,7 und 8,1 Gramm. Im August lag ihr Wert geschätzt bei fast einer Million Euro.
Die Luxemburger Zentralbank derweil, die eine vom Staat unabhängige Organisation ist, hält, im Rahmen ihrer Währungsreserven, auch Gold. Im November 2025 waren das 72.000 Feinunzen (oder etwa 2,04 Tonnen). Den Wert dieser Goldreserve gibt die Zentralbank mit 261,6 Millionen Euro an. Das mag nach viel klingen, ist aber vergleichsweise weniger als in anderen Ländern. Zusammen sollen die Euroraum-Zentralbanken etwas mehr als 10.000 Tonnen Gold halten.
Wo die Luxemburger Zentralbank dieses Gold verwahrt, teilt sie aus Sicherheitsgründen nicht mit. Bekannt ist jedoch, dass viele kleinere europäische Länder ihre Goldreserven traditionell bei großen internationalen Zentralbanken wie der Bank of England in London oder der Federal Reserve Bank in New York lagern.
De Maart
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