Ukraine-KriegUS-Soldaten sollen dauerhaft an die NATO-Ostflanke, Russland droht mit „Ausgleichsmaßnahmen“

Ukraine-Krieg / US-Soldaten sollen dauerhaft an die NATO-Ostflanke, Russland droht mit „Ausgleichsmaßnahmen“
Am Mittwoch besuchte der indonesische Präsident Widodo die Ukraine – um anschließend zu Gesprächen nach Moskau aufzubrechen Foto: AFP/Indonesiens Präsidialbüro

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Mehr als 100.000 US-Soldaten sind bereits in Europa stationiert. Beim NATO-Gipfel in Madrid kündigt US-Präsident Biden nun weitere Verstärkung an: Erstmals sollen an der Ostflanke des Bündnisses permanent US-Soldaten stationiert werden.

Infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine bauen die USA ihre Truppenpräsenz in Europa weiter aus. US-Präsident Joe Biden sagte am Mittwoch bei einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor dem Gipfel des Bündnisses in Madrid: „Gemeinsam mit unseren Verbündeten werden wir dafür sorgen, dass die NATO in der Lage ist, Bedrohungen aus allen Richtungen und in allen Bereichen – zu Lande, in der Luft und auf See – zu begegnen.“ Ein Schwerpunkt der US-Truppenverstärkungen ist nach Bidens Angaben die Ostflanke der NATO.

Das Weiße Haus kündigte an, dass in Polen „die ersten permanenten US-Truppen an der Ostflanke der NATO“ stationiert würden – bislang sind sie dort auf Rotationsbasis. In Polen soll demnach unter anderem dauerhaft ein Hauptquartier des fünften US-Korps eingerichtet und ein Feldunterstützungsbataillon eingesetzt werden. Weiter hieß es, in Rumänien und in den baltischen Staaten würden die rotierenden US-Truppen verstärkt. Zwei zusätzliche Geschwader mit F-35-Kampfjets würden nach Großbritannien entsandt.

Russland droht mit „Ausgleichsmaßnahmen“

Das Weiße Haus teilte weiter mit, in Deutschland und Italien würden zusätzliche Kräfte zur Luftverteidigung stationiert. In Spanien werde die Zahl der US-Zerstörer von vier auf sechs erhöht. Diesen Schritt hatte Biden schon am Dienstag nach seiner Ankunft in Madrid verkündet. In den vergangenen Monaten haben die USA die Zahl ihrer Soldaten in Europa um rund 20.000 auf mehr als 100.000 erhöht.

Russland drohte nach der US-Ankündigung mit „Ausgleichsmaßnahmen“. Moskau habe Washington im vergangenen Jahr Gespräche über gegenseitige Sicherheitsgarantien angeboten, um ein Eskalationsszenario zu vermeiden, sagte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow der Agentur Interfax zufolge. Diese Chance hätten die USA verpasst, meinte er. „Jetzt führt das, was gerade passiert, ganz sicher zu Ausgleichsmaßnahmen von unserer Seite.“ Details nannte er nicht. Moskau hat in den vergangenen Wochen allerdings schon mehrfach erklärt, seine westlichen Außengrenzen stärken zu wollen.

Größter Gefangenenaustausch seit Kriegsbeginn

Die ukrainische Armee und die russische Seite haben nach eigenen Angaben insgesamt knapp 300 Gefangene ausgetauscht. Das ukrainische Verteidigungsministerium in Kiew berichtete am Mittwochabend von 144 ukrainischen Soldaten, die wieder frei seien. Es handele sich um den größten Gefangenenaustausch seit Kriegsbeginn vor mehr als vier Monaten. Der Separatistenführer Denis Puschilin wiederum sprach von ebenfalls 144 prorussischen und russischen Kämpfern, die aus ukrainischer Gefangenschaft entlassen worden seien.
Unter den freigelassenen ukrainischen Soldaten sind nach Angaben aus Kiew auch 95 Kämpfer, die bis vor einigen Wochen das schwer umkämpfte Stahlwerk Azovstal in der mittlerweile von den Russen eroberten Hafenstadt Mariupol verteidigten. Wiederum 43 von ihnen sollen dem Regiment Asow angehören.

Der russische Präsident Wladimir Putin will nach Erkenntnissen des US-Geheimdienstes weiterhin den Großteil der Ukraine einnehmen. „Wir schätzen Präsident Putin so ein, dass er im Grunde dieselben politischen Ziele verfolgt wie zuvor. Das heißt, den größten Teil der Ukraine einzunehmen“, sagt die Direktorin des US-Geheimdienstes. Die Aussichten für den weiteren Verlauf des Krieges blieben daher „ziemlich düster“.

Die Staatssekretärin für Internationale Sicherheitsfragen im US-Verteidigungsministerium, Celeste Wallander, sagte in Madrid, aus Sicht der USA stehe die permanente Stationierung von US-Truppen in Polen im Einklang mit der NATO-Russland-Grundakte von 1997. Sie verwies darauf, dass es sich nicht um Kampftruppen handele. In der Grundakte hatte sich die NATO auch verpflichtet, auf die dauerhafte Stationierung „substanzieller Kampftruppen“ im östlichen Bündnisgebiet zu verzichten. Die permanente Stationierung von US-Truppen könnte die Spannungen mit Russland weiter verstärken. (dpa, Reuters)