Neues KonzeptDie wandernden Kunstwerke: Aus der „International Tattoo Convention“ wurde die „Life Expo“

Neues Konzept / Die wandernden Kunstwerke: Aus der „International Tattoo Convention“ wurde die „Life Expo“
Von monochrom bis bunt: Auf der Messe waren die verschiedensten Stile vertreten Foto: André Feller

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Die internationale Tattoo-Convention ist zurück. Nach einer wegen der Sanitärkrise eingelegten Pause wurde vom Freitag bis Sonntag in der Luxexpo The Box eine Jubiläumsauflage gefeiert. Diese wartete mit einem neuen Konzept und 200 Tätowierern aus ganz Europa auf.

Neu ist unter anderem der Name: Aus „The Storm – International Tattoo Convention“ wurde die „Life Expo“. Nach wie vor stand die Kunst des Tätowierens im Mittelpunkt, doch daneben nahmen auch 60 Aussteller aus dem Bereich Lifestyle an der zehnten Auflage teil – darunter Kunsthandwerker, CBD-Shops und Feinkostläden. Auch zwei Barbershops waren vor Ort, sodass sich manche von den rund 3.000 Besuchern den Bart stylen ließen.

Bei der Kunst, die unter die Haut geht, sind Hygiene und peinlichste Sauberkeit das A und O. „Darauf legen wir viel Wert. Wir führen dauerhaft strenge Hygienekontrollen durch und haben allen Tätowierern spezielle Nadelentsorgungsbehälter zur Verfügung gestellt“, erklärt ein Mitglied des Organisationsteams.

Wie die Nadel im Heuhaufen

Die Suche nach dem bekanntesten oder besten Tattoo-Künstler gleicht eigentlich der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. „Jeder Tätowierer ist gut“, sagt Tom, einer der Ehrenamtlichen. „Denn jeder unterscheidet sich durch seinen Stil, seine Erfahrung und seine Spezialisierung.“

Tattoo-Stile gibt es viele, sie reichen von Realismus über Classic Americana, New School, japanisch, polynesisch, schwarzgrau, Porträts oder geometrisch bis hin zum Surrealismus. Die Künstler unterscheiden sich nicht nur durch ihre Spezialitäten, sondern auch durch ihre Arbeitsweise. Viele von ihnen tätowieren freihändig, andere wiederum wie der portugiesische Künstler Paulo Veiga fertigen ihre Vorlagen digital am Tablet an.

„Die Akzeptanz der Tattoos innerhalb der Gesellschaft hat sich in Luxemburg in den letzten zehn Jahren etwas verbessert“, sagt Dario. „Immer mehr junge Menschen sind tätowiert, etwa Polizisten oder Krankenpfleger. In verschiedenen Bereichen, beispielsweise im Versicherungssektor, sind Tattoos noch immer nicht erwünscht.“ Während seines Studiums in Österreich musste Dario sich fast täglich herabwürdigende Kommentare anhören. Aber das hält den jungen Mann, der sich sein erstes Tattoo mit 18 Jahren stechen ließ, nicht von seiner Leidenschaft ab. Besonders zu schätzen weiß er farbige Tattoos mit einem feinen Farbverlauf. „Es bedarf mehr Zeit, ist aber umso schöner“, findet Dario.

Hier lässt sich Ophélie eine Kriegerin stechen
Hier lässt sich Ophélie eine Kriegerin stechen Foto: André Feller

Ophélie ist von der Manga- und Comic-Welt begeistert. Eine besondere Vorlage, die Darstellung einer Kriegerin, sprang ihr ins Auge. Sie ließ sich das Tattoo spontan vor Ort anfertigen und war mehr als zufrieden über das farbenfrohe Ergebnis.

Vorlagen, so weit das Auge reicht: Viele der Besucher ließen sich vor Ort tätowieren
Vorlagen, so weit das Auge reicht: Viele der Besucher ließen sich vor Ort tätowieren Foto: André Feller

Der 25-jährige Franzose Kylian Hesse ist ein wanderndes Kunstwerk. Seitdem er 18 ist, lässt er sich regelmäßig tätowieren. An seinem Oberkörper und den Armen findet man kaum noch ein freies Plätzchen. Auch im Gesicht ließ er sich Tattoos stechen. Das für ihn wichtigste Kunstwerk ist eine Kombination bestehend aus einem Herzen und dem ersten Buchstaben des Vornamens seiner Mutter. Wortwörtlich ins Auge fällt eine sehr seltene Form von Tätowierungen, die Kylian besitzt: ein Augapfel-Tattoo. Dabei wird die Farbe mit etwa 40 Stichen unter die Lederhaut des Auges injiziert. Obwohl dieses Verfahren mit hohen Risiken verbunden ist, hat sich der 25-Jährige auch die weiße Augenhaut färben lassen.

Auf unsere Frage hin, ob er sich weitere Tattoos stechen möchte, meinte Kylian: „Ja, an den Beinen ist noch Platz, aber so langsam werde ich empfindlicher und überlege es mir schon zweimal. Denn je mehr man sich tätowieren lässt, umso schmerzhafter wird der Prozess und auch danach schmerzen verschiedene Kunstwerke in den Hautschichten.“ Ein wanderndes Kunstwerk eben!

Extreme Körpermodifikation: Kylian Hesse hat u.a. eine gespaltene Zunge und ein Augapfel-Tattoo</p>
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Extreme Körpermodifikation: Kylian Hesse hat u.a. eine gespaltene Zunge und ein Augapfel-Tattoo

 Foto: André Feller