Tour de FranceDoppelter Van Aert zum Abschluss – Pogacar sichert sich Gesamtsieg

Tour de France / Doppelter Van Aert zum Abschluss – Pogacar sichert sich Gesamtsieg
Wout van Aert konnte sich am Sonntag im Sprint gegen Jasper Philipsen und Mark Cavendish durchsetzen Foto: David Stockman/dpa

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Tadej Pogacar erfüllte im Gelben Trikot sogar Autogrammwünsche der Kollegen, Mark Cavendish ärgerte sich über den verpassten alleinigen Etappenrekord, Andre Greipel beendete seine Tour-Karriere am Ort seiner beiden größten Erfolge: Mit einem historischen Gesamtsieg und viel Emotionen ist die 108. Tour de France am Sonntag spektakulär zu Ende gegangen.

Bevor Pogacar als jüngster Zweifach-Champion der Tour-Geschichte auf dem Podium in der Pariser Abendsonne alle überstrahlte, rasten die Sprinter ein letztes Mal ins Rampenlicht. Dabei verpasste Cavendish Denkwürdiges.

Der Brite vom Team Deceuninck-Quick Step wurde hinter den Belgiern Wout Van Aert (Jumbo-Visma) und Jasper Philipsen (Alpecin-Fenix) Dritter. Mit einem Sieg wäre „Cav“ zum alleinigen Rekord-Etappensieger aufgestiegen. Den Bestwert teilt er sich nun weiter mit Belgiens Rad-Ikone Eddy Merckx (beide 34 Siege). Der 39-jährige Greipel (Israel Start-up Nation) beendete seine Tour-Laufbahn mit einem starken fünften Platz.

Pogacar rollte dahinter locker und als verdienter Gesamtsieger über die Ziellinie. Der Jungstar des Teams UAE Emirates attackierte in den Alpen, überwand eine minimale Schwäche am Mont Ventoux und ließ in der Hitze der Pyrenäen nichts mehr anbrennen. Zudem blieb Pogacar – anders als seine im Vorfeld hoch gehandelten Rivalen Geraint Thomas und Primoz Roglic – von schweren Stürzen verschont.

„Es ist unglaublich. Ich habe mir das nicht erträumt. Ich genieße den Moment“, sagte Pogacar vor seiner „Tour d’honneur“ in Frankreichs Hauptstadt. Das „Maillot jaune“ wurde dabei traditionell nicht mehr attackiert.

Pogacar posierte erst mit seinen Teamkollegen für die Kameras, dann fuhr er an der Seite der weiteren slowenischen Fahrer. Dabei hielten Pogacar sowie der zweimalige Etappensieger Matej Mohoric die Startnummer „11“ des in den Alpen ausgestiegenen Mitfavoriten Roglic in die Höhe.

Im vorentscheidenden Einzelzeitfahren am Samstag war Pogacars Gesamtsieg nicht mehr in Gefahr geraten. Dem Radsport-Wunderkind genügte auf den 30,8 km nach Saint-Emilion eine Fahrt ohne volles Risiko. Pogacar wurde beim Tageserfolg von Allrounder Van Aert, der auch die Bergetappe am Mont Ventoux gewonnen hatte, Achter und verteidigte seinen Vorsprung damit ohne Mühe.

Den Erfolg kostete Pogacar nach drei Wochen strenger Tour-Diät mit einer Portion Fastfood aus. In einem Schnellrestaurant orderte er zahlreiche Pommes, Burger und Getränke. Pogacar teilte sich einen Tisch mit seiner Freundin Urska Zigart, die in Paris auch seinen Auftritt auf dem Podium verfolgte, das der junge Däne Vingegaard (Jumbo-Visma/+5:20) und Richard Carapaz (Ineos/+7:03) aus Ecuador komplettierten.

Cavendish im Trikot des besten Sprinters

Den Gang auf das Podest hatte sich auch Cavendish mit seinem zweiten Gewinn des Grünen Trikots verdient. Dass er am Sonntag am alleinigen Etappenrekord vorbeiraste, änderte nichts an einer für ihn erfolgreichen Großen Schleife. Cavendish kam auf insgesamt vier Etappensiege.

Am Sonntag geschah auf den letzten der insgesamt 3414,4 Tour-Kilometer zunächst wenig. Als die verbliebenen 147 Fahrer Paris erreichten, war das Rennen um den Sprintsieg eröffnet. Auf dem abschließenden Rundkurs parierten die Sprinterteams zunächst vereinzelte Ausreißerversuche, ehe es zum erwarteten Massensprint kam.

Dort mischte auch Andre Greipel noch einmal mit. Mit insgesamt elf Etappensiegen seit 2011 ist Greipel der zweiterfolgreichste Deutsche. Ein weiterer wird nicht hinzukommen. Der 39-Jährige, der 2015 und 2016 auf dem Pariser Prachtboulevard triumphiert hatte, beendet am Saisonende seine Karriere.

„Ich habe immer gesagt, wenn ich 40 bin, möchte ich nicht mehr auf dem Rad sitzen“, erklärte Greipel seinen Schritt, den er schon vor Monaten gefasst, und schließlich einen Tag vor dem Ende der Tour de France öffentlich gemacht hatte. (SID)

Van Aert verdrängt Kirchen

Mit seinem Sieg beim Zeitfahren und auf den Champs-Elysées hat Wout van Aert den Luxemburger Kim Kirchen in einer inoffiziellen Rangliste verdrängt. Der Belgier führt nun die Rangliste des vielseitigsten Fahrers der Tour an. Nach seinem zweiten Platz im Sprint der 10. Etappe konnte Van Aert also am Sonntag den Sprint in Paris gewinnen. Auch die Bergetappe, die zweimal über den Mont Ventoux führte, gewann er genau wie das Zeitfahren am Samstag. Damit führt Van Aert diese Rangliste vor Cadel Evans  und Kim Kirchen an. 2008 beendete Kirchen die zweite Etappe im Massensprint als Zweiter hinter Thor Hushovd, die 7. Etappe am Berg als Dritter und das Zeitfahren auf der 4. Etappe gewann er. 

Jeder Fünfte kommt nicht ins Ziel

Etwa jeder fünfte Radprofi hat die Tour de France 2021 nicht beendet. Von den 184 Fahrern, die vor drei Wochen in die Frankreich-Rundfahrt gestartet waren, schafften es am Sonntag lediglich 147 ins Ziel in Paris, 43 Fahrer (22,8 Prozent) schieden somit aus. Im vergangenen Jahr waren 30 Profis wortwörtlich auf der Strecke geblieben. Grund für viele Ausfälle waren häufig Verletzungen infolge von Stürzen, aber auch die Vorbereitung auf die Olympischen Sommerspiele in Tokio (23. Juli bis 8. August). Die meisten Aufgaben hatte Arkea-Samsic zu beklagen. Das Team um Kletterspezialist Nairo Quintana (Kolumbien) brachte insgesamt nur drei von acht Fahrern ins Ziel. Von den ausfallreichsten Frankreich-Rundfahrten war die Tour aber weit entfernt. 1913 schieden 114 von 140 Fahrern aus, 1918 erreichten 118 von 162 Startern das Ziel nicht. Den höchsten Wert der „Neuzeit“ gab es 1998, als sich bei der Skandal-Tour rund um die Festina-Affäre 92 von 189 Teilnehmern vorzeitig verabschiedeten. 

Im Überblick

20. Etappe: Einzelzeitfahren Libourne – Saint-Emilion (30,8 km):
1. Wout Van Aert (Belgien/Jumbo-Visma) 35:53 Minuten, 2. Kasper Asgreen (Dänemark/Deceuninck-Quick-Step) 0:21 Minuten zurück, 3. Jonas Vingegaard (Dänemark/Jumbo-Visma) 0:32, 4. Stefan Küng (Schweiz/Groupama-FDJ) 0:38, 5. Steffan Bissegger (Schweiz/EF Education-Nippo) 0:44, 6. Mattia Cattaneo (Italien/Deceuninck-Quick Step) 0:49, 7. Mikkel Bjerg (Dänemark/UAE Team Emirates) 0:52, 8. Tadej Pogacar (Slowenien/UAE Team Emirates) 0:57, 9. Magnus Cort (Dänemark/EF Education-Nippo) 1:00, 10. Dylan Van Baarle (Niederlande/Ineos) 1:21

21. Etappe: Chatou – Paris (108,4km):
1. Wout Van Aert (Belgien/Jumbo-Visma) 2:39:37 Stunden, 2. Jasper Philipsen (Belgien/Alpecin-Fenix), 3. Marc Cavendish (Großbritannien/Deceuninck-Quick-Step), 4. Luka Mezgec (Slowenien/BikeExchange), 5. Andre Greipel (Deutschland/Israel Start-Up Nation), 6. Danny Van Poppel (Niederlande/Intermarché-Wanty-Gobert), 7. Michael Matthews (Australien/BikeExchange), 8. Alex Aranburu (Spanien/Astana), 9. Cyril Barthe (Frankreich/B&B Hotels), 10. Max Walscheid (Deutschland/Qhubeka)

Endstand:
1. Pogacar (Slowenien/UAE Team Emirates) 82:56:36 Stunden, 2. Jonas Vingegaard (Dänemark/Jumbo-Visma) 5:20 Minuten zurück, 3. Richard Carapaz (Ecuador/Ineos) 7:03, 4. Ben O’Connor (Australien/Ag2r) 10:02, 5. Wilco Kelderman (Niederlande/Bora-hansgrohe) 10:13, 6. Enric Mas (Spanien/Movistar) 11:43, 7. Alexej Lutsenko (Kasachstan/Astana) 12:23, 8. Guillaume Martin (Frankreich/Cofidis) 15:33, 9. Pello Bilbao (Spanien/Bahrain Victorious) 16:04, 10. Rigoberto Uran (Kolumbien/EF Education-Nippo) 18:34