Kopf des TagesLuxemburger Unternehmergeist mit amerikanischem Flair : Cactus-Gründer Paul Leesch ist tot

Kopf des Tages / Luxemburger Unternehmergeist mit amerikanischem Flair : Cactus-Gründer Paul Leesch ist tot
Paul Leesch bei der Eröffnung des Einkaufszentrums „Belle Etoile“ Foto: Privat

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Luxemburger Unternehmergeist mit amerikanischem Flair

„Ech ginn nach mol kuerz an de Cactus“ ist ein Satz, der wohl in jedem Haushalt in Luxemburg schon mindestens einmal gefallen ist. Die Supermarktkette ist mittlerweile eine Ikone der luxemburgischen Wirtschaft und eigentlich schon nicht mehr wegzudenken. Dabei hat der allererste „Cactus“ in Bereldingen erst 1967, vor 54 Jahren, seine Türen geöffnet. Es ist eine Erfolgsgeschichte der besonderen Art – und beruht vor allen auf den Ideen des Unternehmers Paul Leesch. Er ist nun im stolzen Alter von 91 Jahren verstorben.

Die ersten Schritte in Richtung Luxemburger Supermarkt-Imperium nahm Leesch wohl schon in der Krippe. Am 3. Juli 1929 wird er in Luxemburg-Stadt geboren. Seine Eltern sind Joseph Leesch und Marie Wiltgen, seit 1900 Inhaber eines kleinen Tante-Emma-Ladens im Bahnhofsviertel. Sein Abitur legt Leesch im Jungenlyzeum in Luxemburg-Stadt ab und macht dann mehrere Praktika bei Großhändlern in Brüssel. 1951 kehrt er nach Luxemburg zurück, um zusammen mit seinem Bruder Ady seinen Vater im Großhandelszentrum „Leesch Frères“ zu unterstützen. 

Zusammen mit seinem Bruder Ady und seinem Vater leitet Paul Leesch das Großhandelszentrum „Leesch Frères“
Zusammen mit seinem Bruder Ady und seinem Vater leitet Paul Leesch das Großhandelszentrum „Leesch Frères“ Foto: privat

1954 heiratet Leesch Uschi Studer. Er überlebt seine Gattin: Sie ist bereits 1984 gestorben. Insgesamt gehen aus der Ehe fünf Kinder hervor, drei Töchter und zwei Söhne: Danielle, Denise, Doris, Max und Jeff Leesch. 1957 startet Leesch zum ersten Mal auf eigene Faust durch: Er gründet das Selbstbedienungsgeschäft „Picnic“ in Esch/Alzette. Damals hat der Unternehmen viel Konkurrenz auf dem Markt: Anfang der 50er Jahre zählt Luxemburg etwa 2.200 Lebensmittelläden und zahlreiche Bäckereien und Metzgereien. 

Für die Cactus-Supermärkte inspiriert sich Leesch an amerikanischen Verkaufsphilosophien
Für die Cactus-Supermärkte inspiriert sich Leesch an amerikanischen Verkaufsphilosophien Foto: privat

Auf der Suche nach Erfolg inspiriert sich Leesch an den Entwicklungen auf dem amerikanischen Markt. Zwei Leitmotive verinnerlicht der Luxemburger und macht sie zur eigenen Philosophie: „Pile it high, sell it low“ – also große Mengen einkaufen und zu kleinen Preisen verkaufen – und „no parking, no business“. Außerdem nimmt sich Leesch Gottlieb Duttweiler, den Gründer der Supermarktkette Migros, zum Vorbild. Das Prinzip der Cactus-Supermärkte war geboren. 

1967 wird der allererste Cactus-Laden in Bereldingen eröffnet. Den Namen wählt Leesch übrigens, weil es ein einfach auszusprechender Name ist – egal in welcher Sprache. Und das visuelle Logo sich ohne viel Kopfzerbrechen ergab. 1972 öffnet in Esch/Lallingen dann das erste Cactus-Einkaufszentrum, ein erster Vorgeschmack auf die Idee, die den Visionär antreibt. Zwei Jahre später beginnt er ein Projekt, dass bis heute eines der erfolgreichsten Einkaufszentren in Luxemburg ist: die „Belle Etoile“. Für 6,5 Millionen Euro lässt Leesch den Shoppingtempel in nur 12 Monaten aufbauen.  

Noch heute sieht es in der Belle Etoile ganz ähnlich aus wie bei der Eröffnung Mitte der 70er
Noch heute sieht es in der Belle Etoile ganz ähnlich aus wie bei der Eröffnung Mitte der 70er Foto: privat

In den 70er Jahren investiert Leesch intensiv und jagt seinen Expansionsträumen hinterher. Zwischen 1980 und 2000 wächst die Cactus-Gruppe auf 20 Verkaufsstellen an: Insgesamt beschäftigt Leesch 3.300 Mitarbeiter. 2001, nach mehr als 50 Jahren an der Spitze seiner Unternehmen, beschließt Leesch, in Rente zu gehen. Die Leitung der Gruppe legt er in die Hände seines ältesten Sohnes, Max Leesch, und Laurent Schonckert. Die beiden setzen die Pläne des Firmengründers weiter um und expandieren auf mittlerweile 62 Verkaufsstellen und 4.400 Mitarbeiter. 

Leesch widmet sich in der Rente seinen Hobbys. Er engagiert sich in mehreren lokalen Vereinen, nimmt an zahlreichen sportlichen, kulturellen und sozialen Veranstaltungen teil. Nun hat sich der „Patron“, wie ihn Freunde und Bekannten scherzhaft nannten, mit 91 Jahren von der Lebensbühne verabschiedet.