EditorialDer Besuch der EU-Spitzen in der Türkei und seine Folgen

Editorial / Der Besuch der EU-Spitzen in der Türkei und seine Folgen
Was aussieht wie die „Reise nach Jerusalem“, spielte sich tatsächlich in Ankara ab Foto: Dario Pignatelli/European Council/dpa

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Seit Tagen hat das politische Europa ein neues Aufregerthema, bei dem es einmal nicht um Corona geht. Während eines Besuchs des EU-Präsidentenduos Ursula von der Leyen (Kommission) und Charles Michel (Europäischer Rat) beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan durfte die Kommissionschefin nicht neben den beiden Herren auf einem Sessel Platz nehmen, sondern musste sich, wie der ebenfalls anwesende türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu, auf einem Sofa niederlassen. Seitdem überschlagen sich die Interpretationen und Bewertungen dieser offenbaren Ungleichbehandlung. Um den Fall zu erklären, werden einmal protokollarische Zwänge oder Unstimmigkeiten angeführt, ein andermal die Boshaftigkeit des türkischen Präsidenten, der damit nicht nur seinen Mangel an Respekt gegenüber der EU, sondern auch gegenüber Frauen dokumentieren wollte. Immerhin habe Erdogan jüngst sein Land aus der Istanbuler Konvention zurückgezogen, mit der Gewalt gegen Frauen bekämpft werden soll. Was den italienischen Regierungschef Mario Draghi wohl dazu bewog, der Geschmähten zur Seite zu springen und den türkischen Staatschef einen „Diktator“ zu nennen.

Offizielle EU-Stellen beschwichtigen, andere hingegen klagen an. Die beiden größten Fraktionen im Europäischen Parlament wollen die Affäre in Anwesenheit der beiden Präsidenten in einer Plenardebatte diskutieren. Ob dabei auch frühere Fälle zur Sprache kommen – oder gar einem Untersuchungsausschuss zugewiesen werden –, von denen der ehemalige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nun berichtete, dem bei offiziellen Anlässen in Begleitung des EU-Ratspräsidenten eigenen Aussagen zufolge auch schon mal ein Sesselplatz verwehrt wurde? Angesichts der Ernsthaftigkeit, mit der der jüngste Fall behandelt wird, wäre dies durchaus geboten.

Noch ernsthafter: An dem Vorfall tragen vor allem die EU-Europäer Schuld. Denn offensichtlich scheinen sich selbst die entsprechenden Dienste bei Kommission und Rat nicht einig darüber zu sein, wer denn nun protokollarisch bei solchen Anlässen Vorrang hat. Das sollte dringend geklärt werden, bevor sich die EU-Spitzen wieder gemeinsam international in Szene setzen wollen. Von der Leyen und Michel sollten dann ebenfalls ihre in Brüsseler Kreisen bekannten Rivalitäten in internationalen Angelegenheiten beiseitelegen. Bei dieser Gelegenheit sollte an den Vorschlag Jean-Claude Junckers erinnert werden, die beiden Posten des EU-Rats- und Kommissionspräsidenten in einer Person zu vereinen. Damit wäre so einigem gedient, inklusive der Vermeidung von protokollarischen Missverständnissen.

Dass nun der Anlass eines fehlenden Sessels ein solches Maß an Aufmerksamkeit und Empörung erzeugt und zu harschen Reaktionen so mancher EU-Politiker führt, entbehrt nicht einer gewissen Portion Heuchelei. Zwar räumt die EU der bedingungslosen Einhaltung grundlegender Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zu Recht ein sehr hohes Gewicht ein. Allerdings lässt sie es bei der Umsetzung in die Praxis zu sehr fehlen. Gerade der Türkei wurde trotz massiver Rückschritte bei der Einhaltung grundlegender Rechte in den vergangenen Jahren der Status eines EU-Beitrittskandidaten nicht entzogen. Eine verpatzte Sitzordnung nun zum Beweis für den Mangel an Respekt für die EU und ihre Werte hochzustilisieren, ist angesichts dessen doch etwas abwegig.

aalen Europäer
13. April 2021 - 16.02

Mir sollten houfreg sin datt mir keng méi schlëmm Problemer an der Unioun hun ...

Hatfield
12. April 2021 - 23.14

LOL ;)

J.Scholer
12. April 2021 - 12.12

@Müeller/ Hatfield: Ass dain Numm nach an all Mond liews de nach.Ech hun gehadert ob ech soll äentweren an dem Spaass endlech en Enn bereeden oder main Numm als „ passe-muraille“ nach en beschen duerech d‘digitalt Netz geeschteren ze lossen an an Ierchen Käepp nach en beschen präesent ze bleiwen .Dier iert Ierch fatzeg an ech stellen Ierch gäeren méng IP Address/ Email ze Verfügong fir all Zweifel aus dem Wee ze raumen. D’Arbecht fir no Inspekter Sniff Manéier dann den Spuren nom béisen Mann/ Fraa nozegoen iwwerlossen ech Ierech. Wat den Artikel ungeet, behalen ech méng Meenong léiwer fir mech, wat d’Kommentären ungeet orientéieren ech mech un enger indescher Geschicht.Wien ze laang an Sonn kuckt get blann.

Blücher
12. April 2021 - 10.50

@Hatfield:Wer lesen kann ist klar im Vorteil.Ihren Glauben über die Identität zur Person überlasse ich Ihnen, was ich Ihnen jedoch nicht überlasse ist die Naivität in Ihrer Überzeugung zu behaupten ich würde die Türkei beklatschen. Da Sie sich als belesen darstellen, ist Ihnen sicher nicht entgangen ich die Türkei vehement in vielen Kommentaren kritisiert habe , was Sie auch nachlesen können. Auch ist mir bei meiner Recherche zu den genannten Kommentaren aufgefallen, wenigstens eine der von Ihnen zitierten Personen ebenfalls das Vorgehen der Türkei zu Aserbaidschan, dem Einsperren von Journalisten, der Kurdenfrage ,dem türkischen Vorgehen in der Ägäis, der türkischen Einmischung in Libyen kritisiert hat .Ich habe mir die Kommentare ausgedruckt, lasse sie Ihnen gerne zukommen und so Ihre verleumderischen Behauptungen zu widerlegen. Sie , wie viele andere Menschen glauben noch immer andere Kulturen müssten nach unseren gesellschaftlichen Standards leben. Gerade jene die Toleranz predigen, die Vielfalt der Kulturen,den Respekt der Kulturen , religiösen Ansichten in die Welt schreien gehen in sektiererischer, kolonialer Weise vor andere Völker zu ihren Ansichten zu bekehren. Wenn wir nicht lernen andere Völker ihren kulturellen, religiösen Ansichten wegen zu respektieren, nicht lernen diese Völker nicht nach unseren Maßstäben leben wollen , brauchen wir uns nicht zu wundern immer neue Krisen, Kriege, Konflikte entstehen. Ich werden Ihnen werter Hatfield auch auf keinen Kommentar mehr antworten, weil ich gelernt habe die Meinungen anderer Menschen zu akzeptieren ,zu respektieren , mit ihnen darüber in nicht ausfallender Form zu diskutieren, was Ihnen anscheinend schwer fällt.

Hatfield
11. April 2021 - 22.30

Wenn Michel Anstand hätte, dann wäre er auch auf die Couch gegangen. @J.Scholer, Blücher, Till Eulenspiegel , alles ein und die selbe Person... Ihr veraltetes Weltbild in allen Ehren, aber bitte, wenn Sie den nahen Osten und insbesondere Erdogans Türkei und deren Art mit den Leuten um zu gehen so sehr schätzen, dann gehen sie doch mal für ein längere Zeit dorthin. Spätesten nach einem halben Jahr, wünschten Sie sich die europäische Lebensweise und unseren Art mit Mitmenschen umzugehen, insbesondere mit Frauen, zurück. Erst recht, wenn Sie selbst eventuell auch weiblich sind...

Leila
11. April 2021 - 14.14

Ähm...Ähämmm... lieber auf einer komfortablen Couch als auf so einem steifen Rokokosessel mit niedriger Sitzhöhe - bei dem man schon vom bloßen Anblick Kreuzschmerzen bekommt - Platz nehmen... (pfeif auf pc)

Blücher
11. April 2021 - 13.51

@Mueller:Erstaunlich welch Identitäten Sie mir andichten , nun kann ich nur hoffen man Ihnen nicht so zürnt wie Sie mir , doch bei soviel fremden Kulturverständnis ihrerseits, „ wonnert et mech net dat d‘Menschen sech d‘Käepp anschließend“.

metty mueller
11. April 2021 - 12.17

@Blücher, Till d'Eil virum Spiggel, J. Scholer...oder wie immer Sie sich hier nennen, verbreiten Sie sexistisches Frauenbild lieber in der Türkei. Dort passt es besser hin. Oder hätte Ihrer Argumentation nach sich Michel vor seinem Besuch in der Türkei beschneiden lassen müssen?

Blücher
11. April 2021 - 12.13

@Soziale Fred: Eben die Einstellung wir westliche Gesellschaft glauben dem Orient unseren Willen ,unsere Ansichten aufzuzwingen , moderne Kolonialpolitik, wird für die Zukunft die Gräben vertiefen. Wie einst die westlichen Länder die arabischen Länder , ohne Kenntnis der kulturellen Gegebenheiten aufteilten und bis heute Schuld an den Konflikten dieser Region tragen , fahren wir munter weiter zu glauben unsere Kultur sei die einzig richtige Lebensweise der Welt.

Hans Peter
11. April 2021 - 10.07

Divide et impera.... es zeigt nur wie kaltblütig Tayyip Erdogan die Spielregeln der Macht kennt und auch einsetzt. Und tatsächlich brauchte es nur eines nichtigen Anlasses, um wieder mal einen Spaltpilz in der EU wirken zu lassen. Ich wünschte mir mehr Souveränität und weniger Naivität von unseren Interessenvertretern.

De soziale Fred
11. April 2021 - 9.10

@Blücher Bei allem Respekt fir aaner Gebräich an orientaleche Länner, mee dass awer a ville Länner dât weiblecht Geschlecht total ënnerdréckt gëtt as keng Entschëlléjung wärt. Et as een es wirklech saat, dass wann esou göttlech Gestalten hei op Besuch kommen ALLES gemaach get fir deenen hiren Openthallt esou angenehm wéi méiglech ze gestallten.

M.B.
11. April 2021 - 8.55

Sitten die ins Mittelalter gehören!!!!!! In der heutigen Zeit werden leider die Frauenrechte immer noch mit Füßen getreten.Die Türkei ist eines der Länder,die dies leider praktizieren.Ein Diktator als Präsident kann sich die Gesetze halt so zurechtlegenwie er sie braucht. Seit Jahren praktiziert die EU eh keine Stärke mehr.Und ein Herr Erdogan kann leider die EU mit seiner Flüchtlingspolitik erpressen. Ist eigentlich verwunderlich das Menschen,die diese Sitten gut finden,noch in Luxembourg leben.Würde doch ganz einfach in die Türkei umziehen!

RISIKOPATIENT
11. April 2021 - 8.06

Niveau Spillschoul! Hunn se soss keng Problemer? Zb. Vaccins kafen...?

E. Weiss
10. April 2021 - 17.45

Danke für diese aufschlußreichen Artikel, an dem mir ganz besonders der letzte Satz gefällt.

Blücher
10. April 2021 - 17.23

@Kemp: In vielen Punkten stimme ich Ihrer Argumentation bei, allerdings wenn Frau Leyen im Bewusstsein der Religion,des Gastrechtes , der Kultur ein muslimisches Land besucht , aus Respekt vor dem türkischen Volke, es angebracht gewesen wäre eine leichte Kopfbedeckung zu tragen. Nach orientalischen Gepflogenheiten war die Sitzordnung äußerst korrekt, manch orientalische Länder hätten Frau Leyen in den Frauenraum geleitet. Wir müssen lernen , respektieren ,akzeptieren im Orient andere Sitten herrschen, auch sie unseren Vorstellungen nicht entsprechen.