22 Todesfälle bei 84 InfiziertenInfektionszahlen und Sterberate in Niederkorner Altenheim laut Epidemiologe auffällig hoch

22 Todesfälle bei 84 Infizierten / Infektionszahlen und Sterberate in Niederkorner Altenheim laut Epidemiologe auffällig hoch
Am Dienstag standen sie der Presse zum Cluster im Niederkorner Seniorenheim Rede und Antwort: Joël Mossong (Epidemiologe), Raoul Vinandy (Servior-Direktor für das operative Geschäft), Alain Dichter (Servior-Generaldirektor), Corinne Cahen (Familienministerin) Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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In dem Altersheim „Um Lauterbann“ in Niederkorn hatte es in den vergangenen Wochen Aufregung gegeben, weil dort eine hohe Anzahl an Coronavirus-Infektionen und -Todesfällen gemeldet wurden. Corinne Cahen, Ministerin für Familie und Integration, „Santé“-Direktor Jean-Claude Schmit, Servior-Direktor Raoul Vinandy und der Santé-Epidemiologe Joël Mossong haben sich am Dienstag zu dem Thema geäußert.

Corinne Cahen betritt am Dienstag mit bedrücktem Gesichtsausdruck das Podest, auf dem sie für die Pressekonferenz zum Corona-Cluster in Niederkorn Platz nimmt. Die Ministerin hat zu der Versammlung eingeladen, um eine öffentliche Erklärung zu den zahlreichen Infektionen in dem Niederkorner Seniorenheim „Um Lauterbann“ abzugeben (das Tageblatt berichtete). 22 Menschen starben laut der Ministerin insgesamt in der Einrichtung im Zusammenhang mit dem Coronavirus.

Cahen drückt den angehörigen Familien und Freunden der verstorbenen Bewohner des Altersheims zu Beginn der Veranstaltung ihr Beileid aus. „Wir reden die ganze Zeit von Zahlen und davon, wie viele Personen gestorben oder krank sind, aber dabei geht es nicht um Zahlen, es geht um Menschen, um Einzelschicksale und um Menschen, die uns fehlen“, sagt sie. Auch das Personal in den von Corona stark betroffenen Einrichtungen habe es derzeit schwer: „Das Personal lebt jahrelang mit den Bewohnern zusammen und kennt diese sehr gut, und wenn es dann so viele Sterbefälle in einem Haus gibt, geht das auch nicht spurlos an einem vorbei.“

Servior-Direktor Raoul Vinandy beginnt anschließend mit dem Versuch, den Hergang der Infektionen in dem Niederkorner Seniorenheim zu erklären. Im Verlauf der Pandemie seien in der Einrichtung zwar bisher immer wieder Infektionen aufgetreten, allerdings seien es nie so viele gewesen wie bei dem jüngsten Cluster, bei dem laut Cahen insgesamt 84 Personen positiv getestet worden seien. Vinandy ergänzt, die bisherigen wenigen Infektionen in dem Heim seien immer schnell unter Kontrolle gewesen, sodass sie sich nicht zu einem Cluster entwickeln konnten.

Auf einen Schlag 53 positive Testergebnisse

Einen ersten positiven Test bei einem Bewohner hatte es laut dem Servior-Direktor bereits am 18. Februar gegeben, also an dem Tag, an dem der erste Impfdurchlauf in dem Altersheim vorgenommen wurde. Der Test sei gemacht worden, weil die Bewohnerin einen Tag zuvor Symptome gezeigt habe. Ein isolierter Fall sei demnach kein Kriterium dafür gewesen, die Impfungen in dem Heim nicht durchzuführen. An dem Tag seien in der Einrichtung 80 Mitarbeiter und 143 von 150 anwesenden Bewohnern geimpft worden. Drei hätten aufgrund medizinischer Gründe nicht geimpft werden können, darunter auch die positiv getestete Bewohnerin – fünf hätten eine Impfung verweigert. Am selben Tag sei außerdem ein positiver Test eines Mitarbeiters bekannt geworden.

Am 19. Februar seien schließlich zwei weitere Bewohner positiv getestet worden, berichtet Vinandy. Zu dem Zeitpunkt seien bereits einige Maßnahmen ergriffen worden, da man in der Einrichtung von einer „diffusen Präsenz“ des Virus ausging. Dabei seien zum Beispiel die betroffenen Bewohner isoliert und deren Kontaktpersonen in Quarantäne gesetzt worden. Außerdem seien die Gruppenaktivitäten im Haus eingestellt und das Essen im Speisesaal in kleinen Gruppen sei in Mahlzeiten auf den Zimmern umgewandelt worden. Doch dann der Schock: Bei einem weiteren Test des ganzen Hauses seien laut Vinandy 35 Bewohner und 18 Mitarbeiter positiv getestet worden.

Insgesamt wurden laut Cahen schließlich bis zum Zeitpunkt der Pressekonferenz 84 Menschen in der Einrichtung positiv getestet, einige von ihnen infizierten sich sogar ein zweites Mal, nachdem sie beispielsweise bereits in der zweiten Welle erkrankt waren. Laut „Santé“-Direktor Jean-Claude Schmit sei die traurigerweise sehr hohe Zahl an Todesfällen in dem Heim im Verhältnis zu den dort aufgetretenen Infektionen kein außergewöhnlich hoher Anteil – das liege daran, dass es sich bei den Senioren um eine Risikogruppe handele, die oftmals auch Vorerkrankungen habe.

Joël Mossong, Epidemiologe bei der Santé, widerspricht Schmit allerdings, was das Verhältnis der Todesfälle zu den Infektionen in dem Heim angeht. Es sei durchaus eine recht hohe Anzahl von Sterbefällen, die in dem Altersheim aufgetreten sei – auch wenn man diese in Relation mit den Infektionszahlen in der Einrichtung setze. Zudem sei es auch eine relativ hohe Anzahl an Infizierten gewesen, die dort gefunden wurde, auch im Vergleich mit dem sonstigen Infektionsgeschehen im Land.

Derzeit noch zehn positive Fälle im Seniorenheim

Mittlerweile seien in der Einrichtung noch zehn Menschen Corona-positiv – sieben davon seien asymptomatisch, zwei bräuchten Sauerstoff, sagt Ministerin Cahen. Sie erklärt außerdem, dass im Niederkorner Seniorenheim die sogenannte „Cohortage“ nicht möglich gewesen sei – also das Zusammenlegen von positiv getesteten Bewohnern, die dann in einer eigenen Gruppe gepflegt werden können. Daher sei sie erleichtert darüber, dass bereits vor einiger Zeit beschlossen wurde, das sehr alte Haus neu aufzubauen, damit solche Situationen in Zukunft möglichst nicht mehr vorkommen – das sei allerdings leider nicht über Nacht machbar.

Wir haben den Beweis, dass die erste Infektion bereits im Haus war, bevor geimpft wurde

Jean-Claude Schmit, Direktor der „Santé“

Jean-Claude Schmit stellt klar, dass die Infektionen – entgegen manchen Berichten in den sozialen Medien – nicht durch die Impfungen ausgelöst worden seien. „Wir haben den Beweis, dass die erste Infektion bereits im Haus war, bevor geimpft wurde“, sagt er. Auch erinnert er daran, dass moderne Impfstoffe keine Infektion auslösen könnten. Schließlich würden die aktuellen Covid-Impfstoffe keine lebendigen Viren enthalten, wie das früher teils der Fall war. Der Zeitabstand zwischen der Impfung und der Krankheit sei laut Schmit in Niederkorn sehr kurz gewesen. Manche Bewohner hätten sich am ersten Impftag, dem 18. Februar, in der Inkubationsphase befunden. Durch fehlende Symptome hätten sie nicht wissen können, dass sie bereits infiziert waren. Der Impfstoff brauche, insbesondere bei älteren Menschen, einige Tagen oder Wochen, bis er zuversichtlich schütze. Deshalb sei man nicht überrascht, dass sich trotz Impfung fast aller Bewohner und eines Teils des Personals so viele positive Fälle ergeben hätten.

Im Niederkorner Altersheim wurden laut Schmit keine der bekannten und teils ansteckenderen Virusvarianten wie die britische oder südafrikanische festgestellt. Dennoch sei man auf eine Reihe anderer, banaler Varianten, wie Schmit sagt, gestoßen. In Luxemburg seien etwa 20 Varianten im Umlauf, die aber keine besondere Eigenschaft hätten. Deshalb seien sie banal. Eine dieser Varianten (B.1.1.29) sei vorherrschend im Cluster „Um Lauterbann“ gewesen, sagt Schmit. Rund 40 dieser Proben seien mittlerweile sequenziert worden, von denen 29 der B.1.1.29-Variante entsprechen würden. Daneben habe man drei weitere Varianten entdeckt, die zwischen Ende Februar und Anfang März aufgetaucht seien. Der „Santé“-Direktor zieht das Fazit, dass es sich in Niederkorn nicht um einen einzigen Cluster handelte, sondern dass die Situation komplexer sei.

Altersheime nicht mit Gefängnissen vergleichbar

Jean-Claude Schmit geht schließlich auf die Frage ein, warum in dem Altersheim nicht früher geimpft wurde, um die Bewohner im schon länger stark von Infektionen betroffenen Süden des Landes frühzeitig zu schützen. Er erklärt, die Planung der Impfungen sei lange im Voraus geplant worden und man könne leider nicht in allen Einrichtungen gleichzeitig impfen. „Hätten wir es anders gemacht, hätte es vielleicht einen Cluster in einem anderen Heim gegeben“, sagt er.

Die Suche nach der Ursache, warum es die Einrichtung so heftig traf, bezeichnet er als komplex. Dabei seien verschiedene Faktoren von Bedeutung. Ein Altersheim sei schließlich kein Gefängnis, in das niemand hinein und aus dem niemand hinaus könne. Wichtig sei es laut Cahen zudem, dass man sich künftig dessen bewusst sei, dass man sich nicht ausschließlich zum eigenen Schutz impfen lasse, sondern auch mit dem Wissen um die Verantwortung, dass man damit andere schützen kann und sollte.

Die Familienministerin nennt weitere Alters- und Pflegeheime, in denen es ihrer Kenntnis nach zu Clustern gekommen sei: Redingen, Schifflingen, Rodange und Bofferdingen. Insgesamt 64 Bewohner seien am Montagabend als positiv in den Statistiken geführt worden. Zum Stand der Impfungen sagt Cahen, dass in 27 von 52 Einrichtungen die Zweitimpfungen bereits seit mindestens 14 Tagen erfolgt seien. Somit genießen diese Bewohner nun den vollen Impfschutz. In den ersten 14 Tagen nach der Zweitimpfung müssten immer noch die bekannten Hygiene- und Abstandsregeln beachtet werden, betont die Familienministerin. Stand Dienstag hätten demnach die Bewohner von 48 der insgesamt 52 Altenheime in Luxemburg ihre Zweitimpfung erhalten. Bis Ende der Woche werden laut Cahen sämtliche Einrichtungen durchgeimpft sein.

de Schéifermisch
27. März 2021 - 17.32

@ Pigrizia48. Dir hutt vollkomme Recht. Kee respekt, kee Mattgefill a keng " états d'âme". Awer och zu Arel ginn se eng Kéier aal.

Pigrizia48
25. März 2021 - 8.54

Wann ech daat liésen : et sin dach nëmmen Aal Leit, di wären souwisou gleich gesturwen ... wou ass do nach Moral, Empathie, Gewëssen ? Schummt iech Karel vun Arel Aal Leit hun och e Recht ob Liéwen !

Emile
24. März 2021 - 18.14

Den Testweltmeeschter kann anpaacken, genau sou wéi baal ganz Europa.

de Prolet
24. März 2021 - 13.48

Gerade mal 26% der Infizierten sterben an Corona direkt oder indirekt. Wieviele dieser Toten sind an den Folgen der Impfung gestorben? Diese Impfung ist nicht ungefährlich besonders für Patienten mit einem Risikofaktor. Also bitte " Hosen runter und Karten auf den Tisch !"

Non prius ore chartam
24. März 2021 - 12.31

Was ich nicht weiss , macht mich nicht heiss . Was ich jedoch weiss, macht mich glühend heiss

Karel vun Arel
24. März 2021 - 11.32

tjo .. gett awer Locker weidder Geimpft .... Schrecklech ... et sinn dach nemmen Aal Leit, dei wären dach sowiesou gleich gestuerwen... 22 Leit elo nemmen alleng do ! deet ma Leed, awer daat do as alles nett mei normal. dass do bestemmten Leit nach roueg Schloofen können.., dei daat do ze verantworten hun . Mein Beileed un all dei hannerbliewen , wou hier Leit mol nett mei hun därfen gesinn , ob am Spidol oder am Seniorenheim...

Grober J-P.
24. März 2021 - 9.23

Darf man erfahren wieviele an Covid in anderen Altersheimen gestorben sind? Ist irgendwie nicht interessant genug, oder? Wie sagte so schön eine Pflegerin aus dem Altersheim, als man sie fragte woran Frau H. denn so plötzlich gestorben sei: „Weiß man nicht, Arzt tippt auf Herzversagen, bei einem anderen Fall Lungenembolie, ob das Virus daran schuld war, keine Ahnung.“