RückblickSo lief die Saison der Luxemburger Rad-Profis: Einer überzeugt mit Resultaten, einer enttäuscht

Rückblick / So lief die Saison der Luxemburger Rad-Profis: Einer überzeugt mit Resultaten, einer enttäuscht
Jempy Drucker, Bob Jungels und Alex Kirsch (von links nach rechts) haben ganz verschiedene Gefühle während der diesjährigen Saison empfunden Archivbild: Luis Mangorrinha/Editpress

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Mit dem Ende der Vuelta am Sonntag konnte auch der letzte aktive Radprofi Luxemburgs, Michel Ries, einen Schlussstrich unter die Saison 2020 ziehen. Während Jempy Drucker (Bora-hansgrohe) mit starken Ergebnissen überzeugen konnte, enttäuschte vor allem ein Luxemburger. Zeit, einen Rückblick auf das sportliche Jahr der Luxemburger zu werfen. 

Jempy Drucker: Überzeugende Resultate

Jempy Drucker (Bora-hansgrohe), bestes Ergebnis 2020: 5. Platz bei Driedaagse Brugge-De Panne (1.UWT)
Jempy Drucker (Bora-hansgrohe), bestes Ergebnis 2020: 5. Platz bei Driedaagse Brugge-De Panne (1.UWT) Archivbild: Gerry Schmit/Tageblatt

Der 34-Jährige hat auf individueller Ebene die besten Ergebnisse eines luxemburgischen Radprofis in dieser Saison einfahren können. Schon im Frühjahr zeigte er bei Omloop Het Nieuwsblad Elite (12.) und Kuurne-Brüssel-Kuurne (16.), dass er ganz vorne mitfahren kann. Drucker schien für die Klassiker bereit, doch die Corona-bedingte Pause ließ ihn nicht zeigen, zu was er noch in der Lage sein sollte.

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Nach dem Abbruch überzeugte der Luxemburger jedoch weiter: Bei der Tour de Slovaquie sprintete er auf einen dritten Platz, bei der Flandern-Rundfahrt erlebte er laut eigener Aussage das frustrierendste Rennen seines Lebens, weil ihn ein Platter an einer Top-Ten-Platzierung hinderte. Am Ende fuhr er auf den 37. Platz, doch mit einer Menge Wut im Bauch konnte er mit einem fünften Platz bei Driedaagse Brugge-De Panne wenigstens für einen versöhnlichen Saisonabschluss sorgen. Ein wichtiges Zeichen, das Drucker setzte, zumal er in dieser Saison noch keinen Vertrag für das nächste Jahr hatte. Im Gespräch mit dem Tageblatt verriet Drucker aber, dass er sich keine Sorgen um seine Zukunft machen müsse.

Bob Jungels: Der richtige Zeitpunkt für einen Neuanfang

Bob Jungels (Deceuninck-Quick Step), bestes Resultat 2020: 4. Platz auf der 4. Etappe von Paris-Nice (2.UWT) 
Bob Jungels (Deceuninck-Quick Step), bestes Resultat 2020: 4. Platz auf der 4. Etappe von Paris-Nice (2.UWT)  Archivbild: Gerry Schmit/Tageblatt

Es sollte für Bob Jungels ein Jahr zum Vergessen werden. Erst verlor er nach fünf aufeinanderfolgenden Siegen das Straßenrennen der Landesmeisterschaften, dann konnte er bei der Tour de France kein achtbares Ergebnis herausfahren und für die Flandern-Rundfahrt zum Endes des Jahres wurde der 28-Jährige nicht nominiert. Zwar zeigte sich Jungels bei der „Grande boucle“ einige Male an der Spitze des Rennens, am Ende der drei Wochen stand ein 26. Platz als bestes Einzelresultat für ihn zu Buche. Für sein Team war Jungels jedoch wichtig: Er verhalf nicht nur Julian Alaphilippe, das Gelbe Trikot zu verteidigen, sondern war auch eine wichtige Stütze für Sprinter Sam Bennett, der letztendlich zwei Etappen und das Grüne Trikot in Frankreich gewann. Ansatzweise zeigte er sein Können bei Paris-Nice (2.UWT), als er auf der vierten Etappe Vierter wurde. Seinen Abschied bei Deceuninck-Quick Step, für die er fünf Jahre aktiv war, hätte er sich sicherlich anders vorgestellt – für Jungels beginnt nun aber wohl zum richtigen Zeitpunkt ein neues Kapitel, wenn er ab nächster Saison für Ag2r Citroën fahren wird.

Alex Kirsch: Starker Beginn

Alex Kirsch (Trek-Segafredo), bestes Ergebnis 2020: 7. Platz bei Le Samyn (1.1)
Alex Kirsch (Trek-Segafredo), bestes Ergebnis 2020: 7. Platz bei Le Samyn (1.1) Archivbild: Gerry Schmit/Tageblatt

Zum Saisonauftakt bewies Alex Kirsch mit einem vierten Platz auf der ersten Etappe der Etoile de Bessèges (2.1) und einem siebten bei Le Samyn (1.1), dass er ganz vorne mitfahren kann. Doch der Rest der Saison war nicht einfach für den 28-Jährigen, dem auch private Probleme zu schaffen machten. Dennoch verhalf er Jasper Philipsen zum Gesamtsieg bei der BinckBank Tour (2.UWT) und beendete die Saison mit einem positiven Gefühl bei der Flandern-Rundfahrt. Nach der Geburt seines zweiten Kindes wird Kirsch seinen Fokus im Frühjahr des nächsten Jahres erneut auf die Klassiker setzen.

Ben Gastauer: Im Wiederaufbau

Ben Gastauer (Ag2r La Mondiale), bestes Resultat 2020: 30. Platz bei Cadel Evans Great Ocean Road Race (1.UWT)
Ben Gastauer (Ag2r La Mondiale), bestes Resultat 2020: 30. Platz bei Cadel Evans Great Ocean Road Race (1.UWT) Archivbild: Anouk Flesch/Tageblatt

Früher als geplant war die Saison für Ben Gastauer beendet. Auf der achten Etappe des Giro d’Italia brach sich der Edelhelfer der französischen Mannschaft Ag2r La Mondiale das Schlüsselbein und musste die Rundfahrt beenden. Aktuell befindet er sich im Wiederaufbau. Vor der Italien-Rundfahrt startete er als einziger Luxemburger bei der Weltmeisterschaft in Imola. Schon vor dem Rennen war klar, dass es auf dem anspruchsvollen Terrain sehr schwer werden würde, alleine ein achtbares Ergebnis einzufahren. Gastauer kam nicht im Ziel an, genau wie bei der Lombardei-Rundfahrt (1.UWT), dem einzigen Klassiker, an dem er in diesem Jahr teilnehmen konnte. Gastauer hat noch einen Vertrag bis zum Ende der nächsten Saison und kann dann für sein Team sehr wichtig werden – dann möchte Ag2r Citroën Team, wie es ab dem nächsten Jahr heißen wird, sich mehr auf Etappensiege und Eintagesrennen konzentrieren.

Tom Wirtgen: Vertrauen erhalten

Tom Wirtgen (Bingoal-Wallonie Bruxelles), bestes Ergebnis 2020: 10. Platz bei Paris-Camembert (1.1)
Tom Wirtgen (Bingoal-Wallonie Bruxelles), bestes Ergebnis 2020: 10. Platz bei Paris-Camembert (1.1) Archivbild: Anouk Flesch/Tageblatt

Für Tom Wirtgen war vor allem das Saisonfinale von großer Bedeutung. Erst durfte der 24-Jährige sein Debüt bei der Flandern-Rundfahrt feiern, dann wurde sein Vertrag bei der belgischen Mannschaft Bingoal-Wallonie Bruxelles um ein weiteres Jahr verlängert. 2018 fuhr er für die Mannschaft als „Stagiaire“, seit 2019 hat er einen festen Kontrakt. Der Luxemburger stand in diesem Jahr oft im Dienst der Mannschaft und überzeugte die Verantwortlichen mit seinen Helferdiensten – doch auch persönlich sprang für ihn bei insgesamt 33 Renntagen immerhin ein zehnter Platz bei Paris-Camembert (1.1) heraus. Bei den Europameisterschaften fuhr T. Wirtgen außerdem auf den 23. Rang und wurde bester Luxemburger. 

Luc Wirtgen: Jung und unbekümmert

Luc Wirtgen (Bingoal-Wallonie Bruxelles), bestes Resultat 2020: 11. Platz bei der Tour of Antalya (2.1)
Luc Wirtgen (Bingoal-Wallonie Bruxelles), bestes Resultat 2020: 11. Platz bei der Tour of Antalya (2.1) Archivbild: Gerry Schmitt/Tageblatt

Es war sicherlich nicht die einfachste Saison, um seinen Einstand bei den Profis zu geben, doch Luc Wirtgen hat sich achtbar aus der Affäre gezogen. In einer Mannschaft, die stets einen offensiven Fahrstil vorlebt, schaffte es der 22-Jährige beim Scheldeprijs (1. Pro) unter anderem mit Michael Schär (CCC) oder Mark Cavendish (Bahrain-McLaren) in die Fluchtgruppe. Am Ende kam die Gruppe nicht durch, doch L. Wirtgen präsentierte fast über die gesamte Etappe das neongelbe Trikot seiner Mannschaft ganz vorne. Zudem stehen am Ende drei 30. Plätze bei der Tour du Doubs (1.1), Paris-Chauny (1.1) und Paris-Tours Elite (1.Pro) zu Buche. Der Luxemburger bewies aber zu Beginn der Saison, dass er auch über mehrere Tage vorne mitfahren kann. Bei der viertägigen Tour of Antalya (2.1) kam er am Ende auf den elften Platz in der Gesamtwertung.

Michel Ries: Großes Potenzial 

Michel Ries (Trek-Segafredo), bestes Resultat 2020: 19. Platz bei der Tour de l’Ain (2.1)
Michel Ries (Trek-Segafredo), bestes Resultat 2020: 19. Platz bei der Tour de l’Ain (2.1) Archivbild: Gerry Schmit/Tageblatt

Am späten Sonntagabend ging für Michel Ries der Flug von Madrid zurück nach Luxemburg. Im Gepäck hatte der 22-Jährige eine Menge neuer Erfahrungen, die er bei seiner ersten Grand Tour sammeln durfte. Er habe nach der letzten Etappe ein durchweg positives Gefühl gehabt und sagte gegenüber dem Tageblatt, dass er sich bei großen Rundfahrten sehr wohl fühle. Ries hat, genau wie Alex Kirsch, bis Ende der Saison 2021 Vertrag bei Trek-Segafredo. Das Potenzial des Luxemburgers ist groß und wenn er sich Zeit lässt, sich zu entwickeln, besteht die Möglichkeit, in den nächsten Jahren eine Platzierung im Gesamtklassement einer Grand Tour anzuvisieren. Auch bei der Tour de l’Ain im August zeigte er mit einem 19. Platz, dass er das Potenzial besitzt, mit den besten Radsportlern mitzuhalten. Das dreitägige Etappenrennen in Frankreich gewann damals Primoz Roglic vor Egan Bernal und Nairo Quintana. 

Christine Majerus: Viele Absagen, kaum Rennen

Christine Majerus (Boels-Dolmans), bestes Ergebnis 2020: 2. Platz bei Le Samyn des Dames (1.2)
Christine Majerus (Boels-Dolmans), bestes Ergebnis 2020: 2. Platz bei Le Samyn des Dames (1.2) Archivbild: Gerry Schmit/Tageblatt

Vor allem die Damen mussten unter den Corona-bedingten Absagen leiden. Anders als bei den Männern wurden viele Rennen nicht einfach nur verschoben, sondern komplett abgesagt. So kam es, dass Rennen, die Majerus besonders liegen, gar nicht stattfanden – weder die Ladies Tour of Norway (2.WWT) noch die OVO Energy Women’s Tour (2.WWT) in Großbritannien oder die Boels Ladies Tour (2.WWT) in den Niederlanden. Bei den genannten Rennen konnte die sechsfache Sportlerin des Jahres in den letzten Jahren gute Ergebnisse einfahren, im letzten Jahr gewann sie sogar das fünftägige Etappenrennen in den Niederlanden. In diesem Jahr kommt Majerus jedoch nur auf magere 16 Renntage bei 16 Eintagesrennen. Dabei konnte sie immerhin zu Beginn des Jahres mit einem zweiten Platz bei Le Samyn des Dames (1.2) überzeugen, bei den Landesmeisterschaften siegte sie fast schon „traditionell“ im Straßenrennen und im Zeitfahren. Außerdem stellte sich Majerus stets in den Dienst der Mannschaft und konnte mit ihren Mannschaftskameradinnen große Rennen wie La Flèche Wallonne féminine (1.WWT), Gent-Wevelgem (1.WWT) oder die Tour de Flandres (1.WWT) bejubeln.