Historisches und architektonisches Esch (58)Esch 1940-1944: Ortsgruppen Esch-Grenze

Historisches und architektonisches Esch (58) / Esch 1940-1944: Ortsgruppen Esch-Grenze
Die einstige Dienststelle der Ortsgruppe Esch-Grenze, Neustraße 37

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Die Dienststelle der Ortsgruppe Esch-Grenze ist das Geschäft Salomon Marx, A la Bonne Source, 37 Neustraße (rue de la Libération). Dienststunden sind montags, mittwochs und freitags von 16.00 bis 19.00 Uhr. Für Versammlungen nutzt man den großen Festsaal des Bürgerbräu (Nosbusch), Otherstraße 37. Heute entspricht das dem Restaurant Le Médiéval, Ecke Boulevard Kennedy und Brillstraße. Vom Parkplatz der Maison Lefèvre ist der große Saal des Bürgerbräus noch gut zu sehen.

Hier wird am 17. Dezember 1940 die erste Mitgliederversammlung der Ortsgruppe abgehalten und die Mitgliederkarten werden überreicht. Eingerahmt ist das feierliche Programm durch die Escher Stadtmusik und einen Redner aus dem Altreich. Jedes Mitglied hat sich ein „Bildnis unseres Führers“ und eine Fahne zuzulegen. Die nun folgenden Schulungswellen durch Kreis- und Gauschulungsredner beschäftigen sich mit der „Idee und Organisation der NSDAP“, dem Führer, dem Kampf der Bewegung, den „25 Punkten des nationalsozialistischen Programms“, der „Neuordnung des Reiches und Europas aus Rasse und Raum“. Neben diesen Schulungen gibt es Pflichtversammlungen, Appelle, Kundgebungen mit Reichsstoßtrupprednern oder Kämpfern aus Afrika und dem Osten.

Besonders aktiv, laut Versammlungsplan, ist die Sektion Esch-Grenze des Deutschen Frauenwerks in der VdB (DFW). Gaufrauenschaftsleiterin Else Schrimpf beteiligt sich an den ersten Arbeitstagungen zum Aufbau der VdB im Kreis Esch: Aufgabe des Frauenwerks ist, „die Frau als Mutter, Erzieherin, Hausfrau und Gefährtin auf die Pflichten ihrer großen Sendung im nationalsozialistischen Staat vorzubereiten“.

Die Frauenschaft verfügt über ein Heim des deutschen Frauenwerks, Dicksstraße 24 (Deutsches Haus). Hier werden Heimabende und Schulungen organisiert. Es dient auch als Arbeitsheim (Strick- und Näharbeiten) und Schuhaustauschstelle. Eine Jugendgruppe des Deutschen Frauenwerks in der VdB, Esch-Grenze, wendet sich an die 18- bis 30-jährigen Mädchen und Frauen.

In der Brillschule werden Gesundheits- und Krankenpflegekurse sowie Kurzkochkurse angeboten. Für Hausfrauennachmittage und die monatlichen Gemeinschaftsabende steht der Saal Nosbusch zur Verfügung. Arbeitstagungen oder Vorträge werden oft gemeinsam mit Esch-Altstadt und Esch-Auf der Acht im Festsaal der Gewerbeschule organisiert (Goetheplatz, place Victor Hugo). Gemeinsam beteiligen sich die Escher NS-Frauen auch an der Arbeit der Mütterschule des NSV, Adolf-Hitler-Straße 15.

Die Ortsgruppe arbeitet personalintensiv. Der Ortsgruppenleiter führt seinen Stab von Amtsträgern: Ortsgruppengeschäftsführer, -propagandaleiter, -kassenleiter, -personalamtsleiter, -schulungsleiter, -presseamtsleiter, -organisationsleiter … An der Spitze einer jeden der sieben Zellen von Esch-Grenze steht ein Zellenleiter. Jede Zelle verfügt, nach Organisationsbuch der NSDAP, über vier bis zehn Blockleiter. Der gleiche Aufbau gilt für die Frauenschaft: eine Ortsfrauenschaftsleiterin mit Stab; Zellen- und Blockfrauen. Im Laufe des Jahres 1941 übernehmen die Deutsche Arbeitsfront (DAF) und die NSV (Nationalsozialistische Volksfürsorge) die Zellen- und Block-Aufteilung der Ortsgruppe (Zellen- und Blockobmänner für die DAF, Zellen- und Blockwalter für die NSV). Alle Ämter sind ehrenamtlich.

Auch die Luxemburger Volksjugend (LVJ) und später die Hitlerjugend (HJ/BDM) nutzen die Ortsgruppeneinteilung. Hitlerjugend-Heime in der Ortsgruppe Esch-Grenze sind die Häuser Brillstraße 25 (Finkelstein) und Wiesenstraße 40, heute rue du X Septembre, (Wolf-Moritz). Jede dieser Organisationen führt Kartei (alphabetische Mitglieder- und Personalkarteien, Haushaltskarteien nach Straße und Wohnadresse …).

Die Ortsgruppenleitung liefert politische Bewertungen (streng vertraulich). Bei Übernahme eines Ortsgruppenmitglieds in den Staatsdienst, bei Einstellung, Beförderung, Ernennung, Versetzung, Auftragserteilung, Konzessionserteilung … wird der Ortsgruppenleiter um Zustimmung oder Angabe von Bedenken gefragt. Die Fragen betreffen das politische Verhalten vor dem 10. Mai und die Haltung nach dem 10. Mai (Besuch von Versammlungen, Veranstaltungen, Verhalten bei Spenden, Bezieher welcher Tageszeitung, Interesse am Zeitgeschehen, Höhe Mitgliedsbeiträge der VdB oder NSDAP). Besonders interessiert, ob sich der Beurteilte bemüht, auch ideenmäßig Nationalsozialist zu werden. Eine weitere Aufgabe des Ortsgruppenleiters ist das Verfassen von Todesanzeigen für gefallene Mitglieder seiner Ortsgruppe. Anfang Oktober 1943 trauert Esch-Grenze um drei Gefallene im Osten, davon ein Kriegsfreiwilliger.

Dienstag, 17. Dezember 1940: Feierliche Verleihung der Mitgliedskarten und erste Mitgliederversammlung der Ortsgruppe Esch-Grenze, Saal Nosbusch
Dienstag, 17. Dezember 1940: Feierliche Verleihung der Mitgliedskarten und erste Mitgliederversammlung der Ortsgruppe Esch-Grenze, Saal Nosbusch Foto: Fey, Scan CDRR
Samstag, 28. Februar 1942: monatlicher Gemeinschaftsabend des Deutschen Frauenwerks, Ortsgruppe Esch-Grenze, im Saal Nosbusch. Thema: „Front und Heimat“, mit Vorlesung von Feldpostbriefen.
Samstag, 28. Februar 1942: monatlicher Gemeinschaftsabend des Deutschen Frauenwerks, Ortsgruppe Esch-Grenze, im Saal Nosbusch. Thema: „Front und Heimat“, mit Vorlesung von Feldpostbriefen. Foto: Fey, Scan CDRR
Die Horlogerie-Bijouterie Krebs, Bahnhofstraße 25 
Die Horlogerie-Bijouterie Krebs, Bahnhofstraße 25