CoronavirusÖsterreich macht die Grenzen für Asylbewerber dicht

Coronavirus / Österreich macht die Grenzen für Asylbewerber dicht
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz will auch in Krisenzeiten den Populisten auf der rechten Seite das Wasser abgraben Foto: Georg Hochmuth/APA/dpa

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Österreich macht die Grenzen für Asylbewerber dicht. So will Kanzler Sebastian Kurz der FPÖ Wind aus den Segeln nehmen.

Alles dreht sich derzeit um Corona. Tagtäglich, auch am Wochenende verkünden Regierungsmitglieder in live übertragenen Pressekonferenzen das Neueste von der Virenfront und vermitteln durchaus erfolgreich den Eindruck, die Krise einigermaßen im Griff zu haben.

Das sind keine guten Zeiten für Populisten. Umso verzweifelter ringen sie auch in Österreich um Aufmerksamkeit. Kritik am Corona-Krisenmanagement der Regierenden verfängt nicht wirklich, da die Bürger angesichts der Einzigartigkeit der Herausforderung relativ tolerant auf Fehler reagieren. Hoffnung setzen die Rechtspopulisten aber auf die Verknüpfung der Angst vor Corona mit der vor Ausländern. Auf den Facebook-Seiten von FPÖlern wimmelt es daher von Nachrichten über neue Flüchtlingsmassen, welche die Regierung ungeachtet aller Dementis heimlich ins Land geholt habe oder zumindest haben könnte. Zum Teil handelt es sich dabei einfach um Fake News, zum Teil um falsch interpretierte Informationen.

So entbrannte in der Kärntner Gemeinde Wildon eine heftige Debatte über ein angebliches neues Flüchtlingslager. Tatsächlich wurden vorige Woche lediglich 15 Syrer, die schon länger in Österreich sind, in ein ehemaliges Gasthaus umgesiedelt. FPÖ-Chef Norbert Hofer warnt schon davor, gerade jetzt „Massenquartiere“ für neu ins Land kommende Flüchtlinge zu errichten. Der freiheitliche Ex-Innenminister Herbert Kickl fordert Quarantäne für Asylwerber und überhaupt die Aussetzung des Asylrechts.

Genau das hat die türkis-grüne Regierung de facto auch umgehend getan. Denn Bundeskanzler Kurz (ÖVP) will seine bislang guten Noten als Krisenmanager nicht durch eine offene Flanke auf dem Feld riskieren, wo er der FPÖ bisher erfolgreich das Wasser abgegraben hat. „Aufgrund der Corona-Epidemie wird Asylwerbern die Einreise verweigert, wenn sie kein gültiges Gesundheitszeugnis vorweisen können“, verkündete der Generalsekretär des Wiener Innenministeriums, Helmut Tomac. Damit ist das Recht auf Asyl zwar nicht formal, aber faktisch ausgesetzt. Denn natürlich ist es für Flüchtlinge und Migranten so gut wie unmöglich, sich auf dem Weg nach Österreich in einem der Transitländer auf Corona testen zu lassen.

Künstliche Aufregung

Die nackten Zahlen lassen den Versuch, neben der Corona-Krise das Migrationsthema wieder ins Zentrum zu rücken, höchst krampfhaft erscheinen. Denn tatsächlich verzeichnet Österreich derzeit die „geringste Zahl an Asylwerbern seit ewigen Zeiten“. Das sagte vorigen Freitag der über jeden Verdacht der Untertreibung erhabene Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Konkret gehe es um „maximal zwölf Asylwerber pro Tag“, die es über die Grenze schaffen, wo schon vor einigen Wochen am Höhepunkt des Ansturms an der türkisch-griechischen Grenze die Kontrollen massiv verschärft worden sind. „Fake News“, wonach Österreich mehr Asylbewerber aufnehme und über das Land verteile, bezeichnete Nehammer als „verantwortungslos“.

Die Entwarnung bedeutet freilich keine Zurückhaltung der ÖVP beim Thema Migration. Der Bundeskanzler inszeniert sich auch in dieser Situation als Hardliner. Wie die FPÖ verkauft er seinen restriktiven Kurs als Corona-Vorsorge. Weiter lehnt die Bundesregierung daher die Aufnahme von Flüchtlingen aus den überfüllten griechischen Lagern ab. „Meine Position hat sich nicht geändert, ich würde sagen, sie ist sogar noch verschärft worden“, sagt Kurz und verweist auf die virale Bedrohung.

Der Kanzler kann sich dabei der Zustimmung einer großen Mehrheit der Bevölkerung sicher sein. Von der neuen Welle der Solidarität im Land, wo plötzlich bislang fremde Nachbarn für ältere Menschen Einkäufe erledigen, spüren Ausländer eher wenig. Sie sind vielmehr mit dem Verdacht konfrontiert, das Virus einzuschleppen.

Wohl deshalb bremst sich auch Kurz’ Koalitionspartner in puncto Solidarität mit Migranten ein. Grünen-Chef Werner Kogler bleibt zwar bei seiner schon Anfang März als lediglich „privat“ deklarierten Meinung, dass Österreich Frauen und Kinder von den griechischen Inseln holen sollte, als Vizekanzler appelliert er aber jetzt nur noch an die Verantwortung des griechischen Staates. Dieser müsse die Versorgung der Flüchtlinge im Land so organisieren, dass die Gefahr einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus möglichst reduziert werde. Auch Österreichs Grüne scheinen nicht ganz immun zu sein gegen das türkise Hardliner-Virus.

Graucho
31. März 2020 - 10.19

Das verstehe ich nicht. Er benimmt sich wie ein Populist um den Populisten den Wind aus den Segeln zu nehmen? Hat jemand eine Erklärung? Wir infizieren uns alle dann gibt es keine Neuinfektionen mehr?