EditorialMünchner Konferenz zwischen Schock und Ratlosigkeit

Editorial / Münchner Konferenz zwischen Schock und Ratlosigkeit
Das Hotel „Bayerischer Hof“ am Sonntag, dem letzten Tag der 60. Münchner Sicherheitskonferenz Foto: dpa/Felix Hörhager

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In München steht nicht nur das berühmte Hofbräuhaus, sondern gibt es die Löwengrube. Dabei handelt es sich um eine Straße unweit des Hotels Bayerischer Hof, wo am Wochenende die Münchner Sicherheitskonferenz stattfand. Dass sich an der Löwengrube außerdem das Polizeipräsidium der bayerischen Hauptstadt befindet, mag ein Zufall sein, denn es ging bei der Tagung von Spitzenpolitikern, Militär und Wirtschaftsvertretern nicht um einen lokalen Kriminalfall, sondern um die globale Sicherheit – und um einen Todesfall am Polarkreis.

Überschattet wurde das weltweit führende Forum für Debatten zur Außen- und Verteidigungspolitik von dem Schock über den Tod des russischen Regimegegners Alexej Nawalny in einer Strafkolonie. Nawalnys Frau Julija Nawalnaja, die an der Konferenz teilnahm, sagte, der Tag werde kommen, an dem die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden. US-Vizepräsidentin Kamala Harris sprach von einem weiteren Zeichen für die Brutalität von Kreml-Chef Wladimir Putin. Ob Nawalny von Putins Schergen umgebracht wurde oder krank und entkräftet starb, sei nicht wesentlich, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Sein Tod sei absehbar gewesen in einem „monströsen“ System, „in dem das Recht immer nur das Recht des Stärkeren ist“.

Geprägt wurde die Sicherheitskonferenz vom Krieg in Israel und Gaza und bereits zum zweiten Mal von Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine. Vor zwei Jahren hatte die Veranstaltung wenige Tage vor dem Überfall der russischen Armee auf das Nachbarland stattgefunden. Beeinflusst wurde die Tagung nicht zuletzt auch von den jüngsten Drohungen Donald Trumps. Der mutmaßliche US-Präsidentschaftskandidat hatte angekündigt, den NATO-Partnern den Schutz zu entziehen, wenn sie ihre Verpflichtungen nicht erfüllten. Kamala Harris hingegen betonte auf der Münchner Konferenz die in Artikel 5 des NATO-Vertrags festgeschriebene Beistandspflicht. Sie sagte: „Die NATO steht im Zentrum unseres Ansatzes für weltweite Sicherheit.“

Es sei jedoch daran erinnert, dass die USA in ihrer Geschichte oftmals zwischen Internationalismus und Isolationismus hin und her pendelten. Der deutsche Politologe David Sirakov weist darauf hin, dass in der US-Geschichte die „überwiegende Haltung zum internationalen System eine isolationistische“ gewesen sei. Zurzeit scheint der Wille der Amerikaner, sich als Weltpolizist für die Freiheit einzusetzen, erlahmt zu sein. Bereits unter Barack Obama war diese Tendenz festzustellen. Nach dem Gleichgewicht des Schreckens während des Kalten Krieges erhielten Sicherheitsfragen eine neue Dimension. Aus der Vorbereitung auf einen Verteidigungskrieg wurden Friedensmissionen. Doch heute bietet sich der Weltgemeinschaft mehr und mehr ein Blick in einen Abgrund, der in der Tat einer Löwengrube gleicht: In dieser herrscht das Recht des Stärkeren. Putins aggressive Gewaltbereitschaft hat gezeigt, dass die Gefahr einer Ausbreitung des Krieges nach wie vor real ist. 

Umso mehr ist eine Diskussion über die Wehrhaftigkeit der westlichen Demokratien vonnöten. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj unterzeichneten am Freitag ein Sicherheitsabkommen, das der Ukraine langfristig militärische und zivile Unterstützung garantiert. Danach reiste Selenskyj weiter nach Paris, um eine ähnliche Übereinkunft mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu treffen. Beide Abkommen könnten Bausteine einer neuen Struktur sein. Die eigene Verteidigungsfähigkeit gehört auch dazu. „Eine wirksame Abschreckung sei eine Lebensversicherung“ im Umgang mit Russland, sagte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius am zweiten Tag der Münchner Konferenz. Für eine Debatte über ein zusätzliches System der atomaren Abschreckung zeigte er hingegen kein Verständnis. Das wäre eine Eskalation in der Diskussion, „die wir nicht brauchen“.

Beobachter
19. Februar 2024 - 17.05

Für 3000 Milliarden könnte man viele Taurus bauen, doch eine Hyperschallrakete aus Russland mit Atomsprengkopf würde alle vernichten! Dann spielen wir auch nicht mehr smoke on the water!☠️??

fraulein smilla
19. Februar 2024 - 15.07

rcz -Medwedew ,von dem wir glaubten Er waere einer von uns weil er gerne Deep Purpel hoerte ,war schon immer eine Witzfigur und ist politisch schon laengst auf dem absteigendem Ast . Seine Machorethorik ist eher fuer Putin bestimmt um sich gelegentlich mal wieder in Erinnerung zu rufen . Uebrigens 20 % des PIB der EU waeren 3.75 Billionen EUR ( 3750 Milliarden )

oswaldcl
19. Februar 2024 - 14.57

Die Milliarden die jetzt in die Rüstung fließen, könnten sinnvoller in andere Bereiche investiert werden.

rcz
19. Februar 2024 - 13.15

Was denkt der Westen über Medwedew's Rasseln mit Atomwaffen? Ist das die Ursache für Scholz und Co Zögern Taurus Flugkörper an die Ukraine zu geben? Einen europäischen Atomaren Schutzschild kann es so schnell nicht geben. Zwei Prozent des BIP reichen sicher nicht aus. 20 Prozent sollten es schon sein, aber die Zeit ist schon abgelaufen!...???☠️

Romain C.
19. Februar 2024 - 10.51

Die Ukraine zieht sich zurück anstatt vorwärts zu kommen. Ohne US Hilfe wird das Naturgesetz des Stärkeren sich durchsetzen. Also Russland wird seine Ziele durchsetzen, Europa ist zu schwach und sollte das langsam begreifen.

fraulein smilla
19. Februar 2024 - 9.05

Die USA setzten sich als Weltpolizist fuer Freiheit ein ? Da habe Ich wohl was verpasst . Da denkt man doch gleich an die " Bruederliche Hilfe " die Moskau Ungarn,der Tschechoslowakei oder Afghanistan zukommen liess .