EditorialZur Krise des Einzelhandels: Gute Gründe

Editorial / Zur Krise des Einzelhandels: Gute Gründe
Volle Einkaufsstraße nach Ende des Lockdowns in der Hauptstadt Foto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

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Es ist gerade mal zehn Monate her, dass in Luxemburg die letzten Corona-Maßnahmen aufgehoben wurden. Seitdem ist die Pandemie, die drei Jahre lang die Welt in Atem hielt, so gut wie vergessen. Es scheint fast so, als hätten wir aus dieser Zeit nichts mitgenommen, was uns in Zukunft weiterhelfen könnte. Abstand halten, Hände waschen, in die Armbeuge niesen und Maske tragen? Nicht mehr nötig! Entschleunigung, Überdenken der Konsum- und Reisegewohnheiten, Hinwendung zum Lokalen und Regionalen? Vergessen!

Die Pandemie jedenfalls wurde zum Beschleuniger der Krise des Einzelhandels. Wer sich davon ein Bild machen will, der braucht nur durchs Bahnhofsviertel in der Hauptstadt oder aber durch die Alzettestraße in Esch zu flanieren. Der Leerstand dort nimmt fast schon dramatische Ausmaße an. In Esch öffnet am Montag ein Fitnessstudio in einem Geschäftslokal, das sonst ein Schuhgeschäft beherbergte. Immer mehr Betriebe aus dem Horeca-Sektor siedeln sich da an, wo sonst eingekauft wurde. Während es die Kunden früher aus dem ganzen Land in die Escher Alzettestraße zog, hört man heute immer öfter, dass es dort kein attraktives Angebot mehr gebe. Selbst der Pop-up-Store blieb im Januar aus Mangel an Interessenten geschlossen.

Gleichzeitig entstehen immer neue Einkaufsflächen auf der grünen Wiese. Dass die „Niederkorn Mall“ keine Auswirkung auf die Differdinger Geschäftswelt haben wird, glaubt fast niemand. Das Escher Zentrum leidet derweil unter der Konkurrenz des Gewerbegebiets Foetz und vor allem des immer dynamischeren Belval-Plaza-Einkaufszentrums. Cloche d’Or, Belle Etoile, City Concorde und Co. haben derweil das Zentrum des Landes fest im Griff.

Während die Geschäfte in der Corona-Periode lange Zeit geschlossen bleiben mussten, feierte der Online-Handel Rekordzahlen. Und dieser Höhenflug setzte sich nach dem Ende der Pandemie fort. Es gibt genügend Argumente gegen das Einkaufen bei Amazon, Temu und Co., angefangen mit der Untergrabung des Arbeitsrechts und der Steuerflucht (mit Luxemburger Hilfe) bis hin zur Marktdominanz und dem massiven Sammeln von Daten. Ganz zu schweigen von der Ressourcenverschwendung durch den skandalösen Umgang mit Retouren. Auf der anderen Seite ist der Mensch bequem und der Online-Handel die einfachste Art des Einkaufens. Zudem will oder muss er sparen, sodass er sich meistens für das günstigste Angebot entscheidet. Dass die Innenstädte aussterben, ist zwar nicht in seinem Interesse, doch liegt das Hemd bekanntlich näher als der Rock.

Die Probleme Eschs stehen an dieser Stelle stellvertretend für vergleichbare Städte im In- und Ausland. Mit dem Revitalisierungs-Projekt „Claire“ konnten die politisch Verantwortlichen die Abwärtsspirale nicht stoppen. Und auch das dringend benötigte Facelifting der Alzettestraße kommt, wenn überhaupt, viel zu spät. Zu allem Überfluss zog Esch2022 nicht nur an den meisten Menschen, sondern auch an der Geschäftswelt spurlos vorbei.

Trotzdem gibt es auch ein wenig Hoffnung. Zumindest für Esch in der Person von jungen Geschäftsleuten, die an den Standort glaubten und sich mit innovativen Ideen in kürzester Zeit einen Namen machten. Außerdem wird die Rückkonvertierung der Industriebrachen einen nicht zu unterschätzenden Bevölkerungszuwachs bringen. Umso wichtiger ist es, dass die neuen Viertel behutsam in das alte Esch integriert werden, und nicht wie in Belval eine konkurrierende Satellitenstadt entsteht.

Grober J-P.
27. Januar 2024 - 9.40

Mutti ist immer nach Esch zum Monopol mit dem Zug gefahren. " Du kritt een Alles". Und heute? Bestell manchmal über Internet bei hiesigen Geschäften wenn es denn auf Vorrat ist. Man probiere mal auf Letzshop, bei 10 Versuchen habe ich 1 Artikel durch Zufall aufgespürt und bestellt. Was soll das?

E Letzeboier
26. Januar 2024 - 14.38

Net ze vergiessen ass, dass e Grond och déi deier Praisser am stationären Handel sin. Och wann een gewëllt ass, déi lokal Geschäfter ze ennstëtzen, ass een enner Ëmstänn net bereet, 50% méi fir de selwechten Produit ze bezuelen. Natierlech kann een argumentéieren, dass et un de méi héijen Salairen zu Lëtzebeuerg lait, mee an Zaiten, wou een muss op seng Dépensen oppassen, verléiert dat Argument u Wert fir déi meeschten Leit.