EditorialDas Luxemburgische ist noch lange nicht tot

Editorial / Das Luxemburgische ist noch lange nicht tot
 Grafik: ASTI

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Innerhalb von zwölf Jahren stieg die Anzahl der Menschen hier im Land, die Luxemburgisch als ihre Hauptsprache angeben, um 10.000 von 265.000 auf 275.000. Dies ist eine der beiden Hauptaussagen der Studie „Une diversité linguistique en forte hausse“, die das Statec vorige Woche veröffentlichte. Da aber auch Tausende von Menschen in der Zeit gestorben sind, darunter logischerweise auch Luxemburgisch-Sprecher, kann man davon ausgehen, dass mehr als 10.000 Sprecher brutto hinzugekommen sind. Zudem spricht die Studie ausdrücklich von „résidents“: Die im Ausland lebenden Luxemburger wurden nicht mitgezählt.

Dieser guten Nachricht folgt die Feststellung, dass die verhältnismäßige Bedeutung unserer Sprache zurückgeht, ganz einfach weil die Bevölkerung im gleichen Zeitraum um 25 Prozent wuchs. Falsch ist es jedoch, zu behaupten, das Luxemburgische sei nun am Verschwinden, wie es der ADR-Abgeordnete Fred Keup vorigen Freitag in einem RTL-Interview tat: Wenn die Sprache immer weiter zurückgedrängt werde, würde sie irgendwann aussterben. Dafür müsste sich aber logischerweise erst die Zahl ihrer Sprecher kontinuierlich verringern, was laut Statec aber nicht der Fall ist.

Früher habe man noch überall im Alltag Luxemburgisch reden können, beklagt sich Keup, und Schuld an der Misere trage die Regierung, weil sie nichts für die Sprache tue. Das ist schlicht eine Vermischung von Tatsachen und Polemik.

Ja, als Kind sprach ich im Alltag nur Luxemburgisch, und heute nicht mehr, allerdings sind meine sozialen Kontakte heute vielfältiger. Früher war nicht alles besser, sondern anders. Die luxemburgische Sprache ist in der Hinsicht „Opfer“ des wirtschaftlichen Erfolgs des Landes, dessen negative Auswirkungen (verstopfte Straßen, Wohnungsnot) unbestreitbar sind; aber dass unsere Sprache stirbt, nur weil sie in Konkurrenz zu anderen steht, ist pure Spekulation. Die Unesco beschreibt Luxemburgisch übrigens nicht als gefährdet, sondern als „vulnérable“.

Den Regierenden die Schuld dafür zu geben, wie es Keup tut, dass nicht alle Ausländer Luxemburgisch sprechen wollen, ist zu einfach. Sprachkurse sind z.B. gut besucht. Zwar lernen etliche Zuwanderer nur so viel Luxemburgisch wie nötig, um die Nationalität zu erlangen. Sie werden die Sprache kaum regelmäßig benutzen. Es gibt aber auch solche, die sie mit Begeisterung lernen, aber frustriert feststellen, dass die meisten Luxemburger gar nicht die Geduld haben, ihren Versuchen auf „Lëtzebuergesch“ zuzuhören. Aus Entgegenkommen „switchen“ wir gleich in eine andere Sprache.

Eine Maßnahme, wie sie der ADR vorschwebt, alles im öffentlichen Raum auch auf Luxemburgisch zu schreiben, wäre wahrscheinlich nur „eng Plooschter op en hëlzent Been“, denn um eine Sprache zu benutzen, muss man es für nötig empfinden. Dass es aber nicht gelingt, die Zahl der Sprecher drastisch zu erhöhen, bedeutet keineswegs automatisch, dass die Sprache ausstirbt.

Gesprochene Sprachen sind etwas Lebendiges, sie verändern sich und passen sich ihrer Umwelt an. Mit 275.000 Sprechern ist das Luxemburgische zwar nur ein Staubkorn im Sprachenuniversum, aber noch lange nicht tot.

HeWhoCannotBeNamed
23. Dezember 2023 - 0.55

@Jeremy, @de Schéifer vun Ettelbréck : ech verstinn net ganz wat dir wëllt soen, äert Lëtzebuergesch ass sou komesch.

de Schéifer vun Ettelbréck
22. Dezember 2023 - 9.38

@Jeremy/ Richtig. Wir lassen uns die Butter vom Brot nehmen, als ob wir uns unserer Sprache wegen schämen würden, weil es ja auch nur ein Dialekt ist und Französisch besser kling und chic ist. Wir sind im Begriff unsere Identität aufzugeben und vergessen dabei, dass die Vorfahren der meisten von uns Bauern oder Arbeiter waren, auf die wir zu recht stolz sein können.

Jeremy
21. Dezember 2023 - 20.07

Luxemburgisch ist komplett im Untergang, als Luxemburger in der Hausptstadt kommt man sich als Fremder vor, wird fast nur französisch gesprochen, die Realität ist dass wir als "Luxemburger" immer mehr in die Minorität geraten, "mir wëlle bleiwe waat mir sinn" ist vorüber. Armselig und schade.

de Schéifermisch
21. Dezember 2023 - 17.50

Hoffentlich stimmt das Sprichwort, dass Totgesagte länger leben. Vor dem selbstherrlichen Lex Roth gab es in den 1950er Jahren, den leider allzu früh verstorbenen Professor Robert Bruch, ein wahrer Meister unserer Sprache, der die grössten Verdienste in Sachen "Lëtzebuergesch" hat. Auch einen Fernand Hoffmann, einen Alain Atten und einen Léon Moulin nicht zu vergessen, die dazu beitrugen, durch ihre Recherchen, Publikationen und vor allem Radiosendungen, das Altluxemburgische wieder aufleben zu lassen. Ehre wem Ehre gebührt, u.a. Will Reuland, Jos Keup die nach dem 2ten Weltkrieg durch ihre gefühlvollen Gedichte unsere Sprache bereicherten.

max.l
20. Dezember 2023 - 14.02

et hängt ëmmer dovun oof, wou ee schaft, oder a wéi engem Eck vum Land Ee wunnt, dat ka ganz verschidde sën, wéi am Éisleck, z.B. gët méi Lëtzebuerges geschwat wéi am Minett ëch fannen awer och dat dach Vill fiir ons "Sprooch" gemach gët an ëch kennen och Nët-Lëtzebuërger déi a kuerzer Zäit ons "Sprooch" geléiert hun an së och praktizéieren, an esou guër ganz gud "Fréier" soot meng Mamm, do hät kee Lëtzebuërger ons "Sprooch" konnte schreiwen, Jiddereen huët esou geschriwwen wéi hië gemengt huët do koum esou Enn der 70er Joëren op eemol ee Mënsch drop, viirwat dann nët och së schreiwë können léiëren.. an dat war onsë Lex Roth, ët së Courën oofgehale gin, d'Bicher goufen an "Onser Sprooch" geschriwwen, Poésie, Geschichtercher asw an dat war an ass eng gud Saach ee léiwe Grouss un de Meeschter..

plop
19. Dezember 2023 - 16.39

Letzebuergesch as an 100 Joer verschwonn.

de Schéifer vun Ettelbréck
19. Dezember 2023 - 12.44

Eine Sprache ( Dialekt), die am Aussterben ist, soll noch lange nocht tot sein ? Wer's glaubt wird selig.

Emile Müller
19. Dezember 2023 - 10.59

Guter Artikel, der leider nicht weit genug geht. Diesem "Streit" um das Luxemburgisch geht ein viel tiefgreiffendes Problem voraus, die soziale Kohäsion und die Frage, was wollen wir eigentlich als Bürger dieses Landes? Klar ist doch, dass über die Jahre der Wohlstand auch auf dem Rücken der Grenzgänger und der Hinzugezogenen erwirtschaftet wurde. Nun haben wir diese aus dem lateinischsprachigen Teil Europas angeworben, welche die rapide Zunahme der Frankophonie erklärt, dies ist nicht mehr Rückgängig zu machen und natürlich tuen diese Leute sich schwere eine germanophonische Sprache zu erlernen. Das Problem jedoch ist der aktuelle Kurs, es ist schon zumindest Bedenklich, wenn man im eigenen Land nicht einmal mehr die Grundversorgung der Bürger in der Muttersprache garantieren kann, Beispiele: Gesundheitssektor, ÖT,... Hinzu kommt die doch fragwürdige Entscheidung, immer mehr Europaschulen zu eröffnen und in der Grundschule bereits die Kinder zu trennen nach FR/DE, dass diese Zweiklassenkategorisierung unserer Kultur und der Intergration den Gnadenstoß gibt ist klar. Deshalb die Frage der Bürger , wollen wir soziale Kohäsion und ein Gefühl des Zusammhalts, wobei dies SEHR subjektiv ist oder wollen wir die "alte" luxemburger Identität opfern um unser unhaltbares Wirtschaftsmodell des grenzenlosen Wachstums beizubehalten. Politisch wie menschlich eine sehr Schwere Frage auf die es keine einfache Allgemeine Antwort gibt, jedoch eine wichtige Debatte die einfach nicht geführt wird, da man direkt am den rechten Rand gedrängt wird und das Problem somit totgeschwiegen wird.

JJ
19. Dezember 2023 - 9.59

Die Korsen sprechen Korsisch auch nur unter sich.Zur Weltsprache wird es nicht langen. Die ADR sollte sich auf wichtige Themen konzentrieren und die "geliebten" Ausländer nicht zwingen eine Sprache zu lernen die keine ist. Das Luxemburgische ist noch lange nicht tot. Übersetzt: "Dat Lëtzbuergescht ass lang net doud." Klingt irgendwie gleich oder? Und ob man jetzt "sécher,sëcher oder secher" schreibt ist eine Spitzfindigkeit .Sicher.

Jemp
19. Dezember 2023 - 9.07

Ich halte zwar nicht viel von Keups Geseire, aber schauen Sie doch bitte mal in verschiedene Woerterbuecher. Dort findet man als Uebersetzung von "vunérable" folgendes: verletzlich, gefaehrdet. Mit solchen Argumenten kehren Sie Keup das Wasser auf die Muehle. Da waere es besser, gar nichts zu schreiben.