ForumEen Iesse mam Giorgetti, oder: Der Wahlkampf der CSV einfach erklärt

Forum / Een Iesse mam Giorgetti, oder: Der Wahlkampf der CSV einfach erklärt
 Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Man wird mir vorwerfen, ich würde die Mechanismen des Landes nicht verstehen, ich wäre halt frustriert und wütend darüber, die CSV nicht in diesen Wahlkampf führen zu können. Man wird mir raten, ich solle doch den Ball spielen, anstatt den Mann. Man wird diesen Gastbeitrag in verschiedenen Kreisen überhaupt nicht mögen.

Viele fragen sich seit Monaten: Wie kam die CSV auf Luc Frieden? Und viele fragen sich dieser Tage: Wieso hat die CSV im Wahlkampf außer Steuererleichterungen nichts zu bieten, davon allerdings derart viel, dass es Finanzinstitutionen hier und anderswo angst und bange wird? Die Antwort kam am vergangenen Mittwoch. Da berichtete RTL über ein privates Essen, eher eine Feier, beim Immobilienzar Marc Giorgetti, an dem Vertreter der DP teilgenommen haben (wenig überraschend), vor allem aber eine ganze Riege von CSV-Granden, inklusive ihr Spitzenkandidat höchstselbst.

Vorweg: Natürlich reden Politiker mit Unternehmern, ob das nun Immobilienmenschen sind oder Industrielle oder Banker. Das ist nicht illegal und eigentlich nicht einmal verwerflich. Wenn man jedoch hier die Tischordnung und die politische Agenda der hauptsächlich betroffenen Partei einmal übereinander legt, stellt man fest: Das eine konditioniert das andere. Und dieses Essen war ebenso wenig unschuldig wie die politische Wiederbelebung von Luc Frieden und die absurden wirtschafts- und steuerpolitischen Forderungen der größten Partei des Landes im aktuellen Wahlkampf.

Wirtschaftskompetenz ist etwas völlig anderes, als in der Politik die Interessen des Finanzkapitals zu vertreten. Letzteres tun Luc Frieden und die CSV auf beeindruckende Manier, über Ersteres verfügen sie nur in Spurenelementen. Da können Statec, OECD, Weltwährungsfonds oder auch noch der „Conseil national des finances publiques“ sich die Finger wund schreiben: Die Frieden-CSV will die Lohnsteuern massiv senken, dies nicht gegenfinanzieren und behauptet, die Sache würde sich mit weiterem Wachstum von alleine lösen. Das ist Quatsch, und außer der CSV glaubt auch niemand daran. Ich zweifele sogar daran, dass die CSV daran glaubt. Doch das ist nicht die Frage. Die lautet in Wirklichkeit: Wieso vertritt Luc Frieden dieses absurde Programm?

Diener der Hochfinanz

Wirtschaft war für Luc Frieden nie die Welt der mittelständischen Unternehmen, auch wenn er heute Fischläden und Schreinereien besucht – das wurde ihm von den Kommunikations-Gurus der CSV (die heißen tatsächlich so) für die Kampagne verschrieben. Der Mann soll ja volksnah rüberkommen, und Volksnähe kann man nicht in Vorstandssälen von Banken filmen.

In Wahrheit dient Luc Frieden seit seiner Regierungszeit der Hochfinanz. Seine Finanz- und Haushaltspolitik war stets darauf ausgerichtet, dass diese kaum Steuern zahlt, großzügig von staatlichen Ordnungsstellen übersehen wird und auch in Europa niemand auf die Idee kommt, das Geld in Luxemburg dürfe auch einmal auf Herkunft und Absichten seiner Besitzer geprüft werden. Dafür hat er sich in den luftigen Höhen des Finanzplatzes nicht nur einen guten Namen gemacht, sondern wurde regelrecht von dortigen Akteuren adoptiert.

„De Luc ass op London schaffe gaangen“, kann man in einer CSV-Kampagnenwurfsendung lesen. „Schaffe gaangen“? „De Luc“ wurde mit einem ebenso pompösen wie nichtssagenden Titel von der Deutschen Bank in London eingesetzt – wenn er denn dort war –, um mit seinem Adressbuch der Bank zu dienen. Das war nach anderthalb Jahren vorbei, nichts altert schneller als ein Adressbuch. Anschließend durfte er sich als Verwaltungsratsvorsitzender der BIL und der Editions Saint Paul austoben und die supreme Belohnung erfolgte, als er als „Bankenvertreter“ an die Spitze des Verwaltungsrats der Handelskammer aufstieg. Dies sind seine vermeintlichen „Erfahrungen in der Wirtschaft“. Seine Leistungen? Bei der DB unbekannt, nach anderthalb Jahren war er dort weg, die „Vice-Presidency“ musste also ein sehr verzichtbarer Posten sein. Bei der BIL: Die wurde in seiner Amtszeit wegen unziemlichen Umgangs mit Geldwäsche verurteilt und ist noch immer in der Hand jener katarischen Interessen, die Frieden einst in Luxemburg salonfähig zu machen versuchte – was besonders bei Cargolux zum Fiasko führte. Saint-Paul musste nach seinem Stunt an der Spitze das Luxemburger Wort verkaufen und Dutzende Menschen entlassen.

Demnach: jener Luc Frieden, den das halbe Land aus mir unerfindlichen Gründen für „wirtschaftskompetent“ hält, hat dort, wo er sie unter Beweis hätte stellen können, versagt. Wegen seiner kaum embryonären Wirtschaftskompetenz kann ihn gerade in der Wirtschaft niemand wollen. Wenn man ihn doch will – und nicht nur, aber eben auch, am Esstisch bei Giorgetti – dann, weil er alles dafür tun würde, dass das Großkapital weiter prosperiert – egal zu welchem Preis.

Steuererleichterungen für alle

Die CSV verfolgte mit der Benennung von Luc Frieden zwei Dinge. Erstens musste jemand her, der von all jenen getragen würde, die den Autor dieser Zeilen 2021 aus dem Amt drängten, ohne sich über irgendetwas anderes einig zu sein, als darüber, dass dieser wegmusste. Zweitens musste dringend die Perspektive einer CSV-DP-Regierung – heute nennt man voller Bescheidenheit die DP an erster Stelle – glaubwürdig in der Kampagne projiziert werden, damit man endlich wieder an die Tröge herankommt. Dafür gab es keinen besseren als „Luc“, auch wenn die DP mal ein Misstrauensvotum gegen ihn initiierte. Gerade wegen seiner Verbindungen zur Hochfinanz, und dazu gehört in Luxemburg auch die Welt der ganz großen Baupromoter und -unternehmer.

Und so wird man vor einigen Tagen darüber geplaudert haben, wie man dafür sorgt, dass die Welt der Finanz und des Baus weiter wachsen und gedeihen kann. Während sich die normalen Menschen im Land vor lauter Wachstum schon heute kaum noch bewegen können, während sich die Normallohnbezieher mit Steuerkrediten den Tank füllen müssen, berät die CSV-Führung mit Marc Giorgetti darüber, wie man von diesem Wachstum noch mehr bekommen kann, ohne dass seine Nutznießer darauf Steuern zahlen müssen. Die Leser mögen sich darauf verlassen: Es wurde nicht über Kaufkraft und erschwingliches Wohnen gesprochen.

Die von der CSV versprochenen Steuererleichterungen für alle sind blanker Unfug. Aber sie dienen dazu, allen Menschen im Lande zu sagen: Wir kümmern uns um euch. Ihr werdet am Ende nicht viel bekommen, aber ihr sollt uns erst mal wählen. Der wesentliche Punkt bei der CSV ist: Die Steuern auf Arbeitseinkommen sollen für alle runter, die auf Kapital aber keinesfalls rauf. Das käme nämlich bei Giorgetti nicht gut an. So würde die CSV, wenn’s denn ernst würde, den Staatshaushalt definitiv sprengen, um sich die Gunst einiger sehr großer Fortünen zu erhalten.

Luc Frieden und die CSV würden den Staat über beide Ohren verschulden, um den Wein an Giorgettis Tafel zu finanzieren. Was danach an Steuern anfallen würde, um den Sozialstaat halbwegs zu retten, ist nicht das Problem dieser Leute. Es ist aber das Problem der normalen Menschen im Land. Und deswegen war das „Iesse beim Giorgetti“ hoffentlich eine Warnung an alle, die die CSV wählen wollen.

Frank Engel ist Spitzenkandidat der Partei Fokus bei den Parlamentswahlen und ehemaliges Mitglied der CSV
Frank Engel ist Spitzenkandidat der Partei Fokus bei den Parlamentswahlen und ehemaliges Mitglied der CSV Foto: Editpress/Tania Feller
de Schmunejeek
3. Oktober 2023 - 11.04

Gouf ët nët emol och e sozialistesche Minister a spéidere Member vum Staatsrot, deen vun engem décke Geschäftsmann golden Auere geschenkt kruet an op " frais de la princesse" an den Tour de France gefuer gouf. Also, wien Glashaus sëtzt, soll nët asw.

Grober J-P.
2. Oktober 2023 - 9.14

Wie sagte Marc im Interview vor etlicher Zeit, ech schaffe fir d'Kanner, déi sollen ....... Für wen? "Lohnsteuern massiv senken." ist was für die höheren Gehaltsklassen!

JJ
2. Oktober 2023 - 8.48

Die Christen,das sind die Guten,sollten sich auf weitere Oppositionsarbeit einstellen.Dann sehen wir wie lange Frieden noch dabei ist.

Jean-Claude
2. Oktober 2023 - 7.41

Wie soll man Kritik gegen Friedens Wirtschaftskompetenz ernst nehmen, wenn Engel grobe Schnitzer unterlaufen: die BIL gehört seit Jahren chinesischem Kapital, auch der Staat hat dort noch rund 10% Anteile. Das DP-Finanzministerium sass also dort mit im Aufsichtsrat, als Friedens “Bank” vom Regulator abgewatscht wurde.

Ujheen
2. Oktober 2023 - 7.00

Här Engel, grad wéi den Här Kollwelter e puer Deeg virdrun, schappeg, bëllegt Vengeance-Gebill, a gleeft mer, mat Ärer Hetzschrëft ereecht der bei de Leit grad de Contraire vun deem wat Der wëlles hutt. An, nee, ech si keen CSV Wieler, mais elo stramm um iwwerleeën et awer éventuell ze ginn fir 1 Kéier…

Deorge Gragon
1. Oktober 2023 - 15.35

Leute wie sie lieber (Erz) Engel sollten besser nicht mit Steinen werfen.

luxmann
1. Oktober 2023 - 12.55

Es kommt natuerlich immer seltsam rueber wenn man eine kleine ewigkeit zusammen mit Luc in einer partei war und auf einmal 2023 erkennt welch inkompetenter schnoesel und diener der hochfinanz der Luc in wahrheit ist