WalferdingenDie Ganzmacher: Im Repair Café werden defekte Geräte wieder zum Laufen gebracht

Walferdingen / Die Ganzmacher: Im Repair Café werden defekte Geräte wieder zum Laufen gebracht
Im Repair Café in Walferdingen Foto: André Feller

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Es geschieht meist unerwartet und ohne Vorankündigung. Der Staubsauger quittiert seinen Dienst, in der Kaffeemaschine sucht sich das Wasser neue Wege nach außen und der Tintenstrahldrucker spielt verrückt. Reparaturdienste sind teuer und so scheint eine Neuanschaffung meist günstiger. Doch es gibt eine Alternative: das Repair-Café.

Am vergangenen Samstag fand das erste Repair Café innerhalb der Gemeinde Walferdingen im Clubhaus auf Becheler statt. Die Werbung schien erfolgreich gewesen zu sein. Zwischen 14 und 16.30 Uhr gingen über 20 Reparaturen ein. Warteschlangen blieben nicht aus.

Die „Kunden“ reisten mit Stehlampen, Kaffee- und Espressomaschinen, Dampfbügeleisen, Nähmaschinen, Infrarotbackofen, Aktenvernichter und Tintenstrahldrucker an. Alle Geräte hatten den Dienst aufgegeben. Den sieben ehrenamtlichen Reparateuren gelang in den meisten Fällen die Reparatur.

Das Schwierigste, man mag es nicht glauben, ist es, das defekte Gerät zu öffnen, wie uns Präsident Marcel Barros am Beispiel einer Kapsel-Espresso-Maschine vorführt. Schrauben sucht man vergebens, alle Gehäuseteile sind mit Kunststoffclips befestigt. Das Risiko, die feinen Fixierungen dauerhaft zu beschädigen, ist groß.

Dem geplanten Verschleiß ein Bein stellen

Marcel Barros sucht zuerst nach einer Anleitung im weltweiten Netz. Dort wird er fündig, in einem Videoclip zeigt ein ambitionierter Bastler, an welcher Stelle man mit gezielten Handgriffen die Clip-Verschlüsse öffnen kann. Im Nu ist das Innenleben freigelegt und die Suche nach der Fehlerquelle kann weitergehen.

Sind die Geräte erst mal geöffnet, so ist die Fehlersuche ein Leichtes. Mit Messgeräten spüren die Experten die Fehler auf. Im Fall des Infrarotofens war es ein Mikroschalter, ein Ersatzteil, welches gerade mal zwei bis drei Euro kostet.

Einer der ehrenamtlichen Helfer ist wütend über die Hersteller der beliebten Espressomaschinen mit Mahlwerk und Milchaufschäumer. Die Leute zahlen 800, 1.000, 1.200 Euro und teilweise noch mehr für diese Geräte. Spätestens nach drei Jahren würde das Wasser auslaufen oder das Mahlwerk funktioniere nicht mehr richtig. Die Hersteller würden dann nach Ablauf der Garantie erneut eine Stange Geld für die Reparatur verlangen oder gar das Gerät für irreparabel erklären, so der Helfer. Das sei sehr dreist.

Im Repair Café – mittlerweile ist man dort routiniert – genüge es in vielen Fällen, einige Dichtungen, sogenannte O-Ringe, zu ersetzen. Manchmal ist auch nur eine Feder, die die internen Mechanismen betätigt, ausgeleiert. Die Ersatzteilkosten liegen je nach Modell zwischen 2-10 €. Repariert sind die teuren Maschinen in circa 1-2 Stunden.

Vom Pfadfinder zum Reparateur

Karl ist einer der Helfer. In seiner Jugend belegte er als Pfadfinder Kurse zur Fahrradreparatur. Seither schraubt Karl gerne in seiner Freizeit an Geräten herum. Das Schönste an den Repair Cafés sei vor allem die Kommunikation und die gegenseitige Hilfe, meint er. Wenn einer der Reparateure mal nicht weiter wisse, so könne ein Kollege wertvolle Tipps liefern. Jeder lernt von jedem, und das sei das Wichtigste, halt Hilfe zur Selbsthilfe.

Selbsthilfe ist das Stichwort. Die „Kunden“ der Repair Cafés werden aufgefordert, dem Reparateur über die Schulter zu schauen oder mal eine Hand mit anzupacken. Genau das, was die meisten professionellen Kundendienstarbeiter hassen. Denn nur so kann jeder lernen, Haushaltsgeräte selbst zu reparieren und zumindest die Ängste, ein Gerät zu öffnen, überwinden, so Marcel Barros.

Jang ist pensionierter Ingenieur. Er ist begeistert von seinem „Job“ im Repair Café. Die Teams arbeiten hervorragend zusammen, dazwischen gibt es Kaffee und Kuchen und Zeit zum Plaudern. Das Schönste am Ende des Tages seien die vielen Erfolge – und die Tatsache, dass kein einziges Arbeitsutensil verschwindet, selbst dann nicht, wenn man mal zwischendurch etwas ausleihe.

Selbst das Ausleihen gehört zum Konzept. Nicht jeder Reparateur kann alle Handwerkzeuge besitzen. Durch gegenseitiges Ausleihen erreicht trotzdem jeder sein Ziel und das Gerät wird zu neuem Leben erweckt.

Ersatzteile per 3D-Drucker

Doch nicht jedes Gerät kann gleich repariert werden, besonders dann, wann es um spezifische Ersatzteile gehe. Diese zu beschaffen ist meist sehr problematisch, oder, wie bei den beliebten Küchenmaschinen, gar unmöglich. Die Hersteller der teuren Küchenmaschinen würden diese Ersatzstücke (abgebrochene Kunststoffteile usw.) nicht anbieten. Zum Glück gebe es heute 3D-Drucker, mit welchen man diese Teile selbst herstellen könne, so einer der Reparateure.

In Bereldingen konnten nicht nur Geräte repariert werden. Im Nebenraum, ausgestattet mit Nähgarn, Nadeln und einer Nähmaschine, repariert Caroline Kleidungsstücke. Abgerissene Knöpfe, Reißverschlüsse, selbst Löcher werden fachkundig repariert.

Das Repair Café, mittlerweile gibt es über 60 Events jährlich, ist eine Win-win-Sache für jeden. Der Geldbeutel und die Umwelt werden geschont, jeder Teilnehmer und Reparateur lernt beim Repair Café dazu. Präsident Marcel Barros zieht eine positive Bilanz der letzten Jahre. Immer mehr Menschen suchen die Repair Cafés auf. Kreislaufwirtschaft sei ein wichtiger Aspekt im Rahmen des Klimapakts 2.0., so Barros.