LeitartikelDem Lügenzar Putin und den Seinen kann man nicht mehr glauben

Leitartikel / Dem Lügenzar Putin und den Seinen kann man nicht mehr glauben
Wladimir Putin pfeift auf Glaubwürdigkeit Foto: AFP

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Quasi täglich wird die Welt mit Aussagen und Behauptungen aus Russland konfrontiert, die mal beschönigend als „russisches Narrativ“, mal etwas deutlicher als „Unwahrheit“ bezeichnet werden, doch tatsächlich schlicht und ergreifend Lügen sind. Noch am gestrigen Freitag soll der russische Präsident Wladimir Putin zum Tag der Nationalen Einheit laut Nachrichtenagenturen behauptet haben: „Die sogenannten Freunde der Ukraine haben die Lage so weit getrieben, dass sie für Russland gefährlich und für das ukrainische Volk selbstmörderisch wurde.“ Zudem würde die westliche Politik auf die „Zerstörung Russlands“ abzielen.

Selbstverständlich ist das Unsinn, so wie vieles andere mehr, was der Kreml-Herr und die Seinen seit dem 24. Februar zur Rechtfertigung ihres verbrecherischen Krieges in der Ukraine von sich gegeben haben. Oder was seine Propagandisten in die Welt setzen, wie unter anderem die als Medienunternehmen getarnten „RT“ (vormals Russia Today) oder „Sputnik“.

Das Schlimme daran ist: Auch in den westlichen Ländern fallen offenbar immer mehr Menschen auf diese sogenannten Erzählungen herein und glauben den Verschwörungstheorien, die uns russische Offizielle auftischen. Es ist klar, dass mit den Lügen und Täuschungen in unseren Ländern Unsicherheit geschaffen werden soll, die zu Uneinigkeit und Spaltungen in und zwischen unseren Gesellschaften führen soll. Das ist Kriegsführung auf einer anderen Ebene, bis hinein in unsere Köpfe. Daher: Wenn jetzt im Zuge des Ukraine-Krieges in den EU-Ländern vermehrt über eine Steigerung der militärischen Wehrfähigkeit geredet wird, so sollten im gleichen Maße die Fähigkeiten in unseren Gesellschaften gestärkt werden, Falschinformationen, Täuschungen und Lügen insbesondere in den sogenannten sozialen Medien zu erkennen und zu bekämpfen.

Denn westliche Demokratien sind gegen dieses Übel nicht gefeit. Im Gegenteil: Das prominenteste Beispiel ist der ehemalige US-Präsident Donald Trump, der sich zuweilen seine eigene Realität schafft, in der er der tüchtigste aller Präsidenten ist, die das Land je kannte. Und es könnten andere genannt werden, wie der bei den jüngsten Wahlen glücklicherweise gescheiterte Jair Bolsonaro in Brasilien oder der Ungar Viktor Orban, der zu Hause mit Lügenkampagnen gegen „Brüssel“ Stimmung macht, jedoch gerne armtief in die EU-Kasse greift.

Doch offensichtlich werden nirgendwo derzeit die Realität und die Fakten derart verdreht wie in Wladimir Putins Russland. Neu ist das mitnichten. Der Sowjet-Nostalgiker Putin bedient sich bloß dessen, was zu damaligen Zeiten bereits gängige Praxis war und was er als ehemaliger Geheimdienstler gelernt hat. Dass er damit dem Land enormen Schaden zufügt, scheint er dabei in Kauf zu nehmen. Sein verquerer Umgang mit der Wahrheit ist mittlerweile ein wesentliches Herrschaftsinstrument. So sehr, dass im Land selbst die Lüge nicht als solche entlarvt werden darf. Das erachtet der Hausherr im einstigen Zarensitz als Verrat. Und dafür hat er außer viel Verachtung vor allem drakonische Strafen eingeführt. Weshalb beispielsweise jene Menschen, die den Krieg in der Ukraine als solchen bezeichnen, mit langjährigen Haftstrafen rechnen. Was das mit der russischen Gesellschaft macht, ist nicht abzusehen. Was das für uns bedeutet, ist jedoch klar: Bloß nichts mehr glauben, was von offizieller Seite aus Russland verlautbart wird. Zumindest so lange, bis es von glaubwürdigen Stellen bestätigt wurde.