Allein schon die Teilnahme an den „World Games“ war für Jenny Warling eine Bestätigung ihrer Leistung, denn für die verschiedenen Gewichtsklassen waren nur die acht besten Karatekas der Welt qualifiziert. Gekämpft wurde im „Bill Battle Coliseum“ nach dem Modus „Round Robin System“. Auf eine glückliche Auslosung brauchte die Walferdingerin also nicht zu hoffen.
Bei ihrem ersten Kampf stand ihr auf Anhieb die Olympiasiegerin gegenüber. Noch nie in ihrer Karriere konnte Warling gegen Ivet Goranova (BUL) gewinnen: „Ich habe mich aber gut gefühlt, ging gut ins Turnier hinein und habe mit 5:1 gewonnen. Ein Resultat, das mich selber überrascht hat.“ Ein Sieg, der auch das Selbstvertrauen stärkte, das die Luxemburgerin gegen ihre zweite Gegnerin dringend benötigte. Valeria Kumizaki ist mit ihren 37 Jahren sehr abgebrüht, die Brasilianerin steht nicht zu Unrecht auf dem zweiten Platz der Weltrangliste.
Die neun Jahre jüngere Luxemburgerin konnte den Schwung aus dem ersten Kampf hinüberretten: „Sie hat einen Angriff versucht, mit dem ich gerechnet hatte. Ich profitierte mit einem Konter und machte den Punkt, den ich über die Distanz zu bringen versuchte.“ Was ihr auch mit dem 1:0-Erfolg gelang. „Mit diesen beiden Siegen stand ich schon sicher im Halbfinale. Mein oberstes Ziel für den Kampf gegen Anzhelika Terliuga war deshalb, keine Verletzung zu riskieren.“
Dennoch war der Reiz groß, gegen die amtierende Europameisterin und Nummer eins der Welt zu brillieren. Wie schon gegen Kumizaki fing Warling einen Angriff der 30-jährigen Ukrainerin mit einem Konter zum 1:0 ab: „Danach habe ich mir leider eine kleine Dummheit erlaubt. Ich wurde übermütig und habe einen unnötigen und aussichtslosen Angriff probiert, den Anzhelika in drei Punkte umdrehte.“ Die FLAM-Kämpferin hat noch versucht, zurückzukommen, fing sich aber einen Konter zum 1:4.
Schon wieder Allen …
Das Ergebnis war, dass sie im Halbfinale gegen die Weltmeisterin kämpfen musste. Die 22-jährige Ahlam Youssef (EGY) legte aber genauso viel Respekt an den Tag wie die Luxemburgerin: „Es war ein taktischer Kampf, keiner wollte in die Distanz gehen. Wir beide haben versucht, Druck zu machen, Ahlam behielt die Mitte, ich habe versucht, sie zu umgehen und habe mich mehr bewegt. Am Ende war die Zeit aber mit 0:0 abgelaufen.“ Damit lag die Entscheidung in den Händen der Schiedsrichter, die die Ägypterin im Vorteil sahen. Es hätte aber auch anders entschieden werden können – und Jenny Warling hätte sich gegen die spätere Goldgewinnerin, Anzhelika Terliuga, revanchieren können.
Somit ging es gegen Trinity Allen „nur“ um Bronze. An die US-Karateka hat Warling keine gute Erinnerung. Beim Halbfinale der WM im November in Dubai wurde ihr nachträglich der Sieg aberkannt und Allen gewann Silber. Auch bei den „World Games“ lag das Momentum bei der 21-Jährigen. Wegen einer anderthalbstündigen Pause mussten sich die Athleten wieder „aufwärmen“, was Warling zunächst besser gelang, ohne aber zu punkten. Allen versuchte sich mit einem Fußangriff, der aber halb an der Hand abklatschte und von den Schiedsrichtern nicht gewertet wurde.
Dennoch forderte die Amerikanerin ihren Trainer auf, die Karte zu ziehen, für den Videobeweis. „Was eigentlich nicht erlaubt ist“, so Jenny Warling: „Trinity wurde wegen dieser Aktion verwarnt, nach dem Review wurden ihr trotzdem die Punkte gutgeschrieben.“ Das 0:3 kam zudem zum ungünstigen Zeitpunkt, weil die Kampfzeit nur noch eine Minute betrug: „Damit war ich gezwungen, ‚all in‘ zu gehen, weil ich wegen des „Senshu“ (erster Punkt im Kampf) vier Punkte machte musste.“
Aus dem Kampf wurde aber Krampf. Allen hatte leichtes Spiel und holte sich am Ende mit 5:0 die Bronzemedaille. Ein Sieg, der erneut einen faden Beigeschmack beinhaltet. Für Jenny Warling war der vierte Platz – es wurde nur einmal Bronze vergeben – ein herausragendes Ergebnis bei so einem hochwertigen Meeting: „Ich habe mein Ziel übertroffen und ich bin mit mir zufrieden. Für allen Seiten wurde mir gratuliert, dass ich mega gut gekämpft hätte. Das macht mich natürlich glücklich und stolz.“
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können