Sonntag26. Oktober 2025

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Ukraine-KriegPanzer allein reichen nicht aus: Experten warnen vor Mangel an Munition und Wartung

Ukraine-Krieg / Panzer allein reichen nicht aus: Experten warnen vor Mangel an Munition und Wartung
Deutschland will den Ukrainern ausgemusterte Gepard-Panzer liefern Foto: dpa/Maurizio Gambarini

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Mehrere NATO-Länder haben der Ukraine schwere Waffen zur Verteidigung gegen die russischen Angreifer zugesagt. Doch die Lieferung von Panzern allein reiche nicht, warnen Experten. Je länger der Krieg dauert, desto wichtiger werden logistische Herausforderungen – der Nachschub an Munition und die Wartung des Geräts.

Nach Frankreich, Großbritannien, den USA und der Tschechischen Republik kündigte Deutschland am Dienstag an, Flugabwehrpanzer des Typs Gepard zu liefern. „Selbstfahrende Artillerie, Kampfpanzer und gepanzerte Fahrzeuge können den ukrainischen Streitkräften eine beträchtliche Schlagkraft verleihen und sogar einige Fähigkeiten wiederherstellen, die durch zwei Monate Krieg geschwächt sind“, sagt Léo Péria-Peigné vom französischen Institut für internationale Beziehungen (IFRI).

Bislang verzichtete der Westen meist auf die Lieferung komplexer Systeme, die eine monatelange Ausbildung und intensive logistische Unterstützung erfordern, wie zum Beispiel die Abrams-Kampfpanzer aus den USA. „Für die Ukrainer war es einfach, sowjetisches oder russisches Material zu bekommen, weil sie daran ausgebildet wurden“, sagt ein französischer Militär. Bei westlichen Waffen müssten die ukrainischen Soldaten den technischen und taktischen Umgang erst lernen. „Denn mit bestimmtem Material ändert man auch seine Taktik“, erklärt der Militär.

Frankreich schickt Panzerhaubitzen vom Typ Caesar, die für ihre einfache Handhabung bekannt sind. „Man kann an einem Vormittag lernen, wie sie funktionieren“, sagt der Militäringenieur Marc Chassillan. Die deutschen Gepard-Panzer mit ihrem „ausgeklügelten“ und „höchst anspruchsvollen“ radargesteuerten Waffensystem seien schwieriger zu bedienen, sagt Chassillan. Die Ausbildung erfordere mehrere Wochen. Der Umgang mit deutschen Marder-Panzern, deren Entsendung ebenfalls in Betracht gezogen wurde, dürfte hingegen keine großen Probleme bereiten.

Wenn sie den Marder drei Wochen lang benutzen können, ist das besser als nichts. Wenn der Marder kaputtgeht, dann ist das eben Pech.

Carlo Masala, Militärexperte

Die Ausbildung an den gelieferten Waffen ist nicht die einzige Herausforderung. Manche Fahrzeuge und Militärgeräte erfordern eine ganze Logistikkette, um im Falle von Pannen oder Gefechtsschäden Wartung und Ersatzteile bereitzustellen. Doch angesichts des „industriellen Potenzials der Ukraine“ und ihres „Know-hows im Bereich der Militärfahrzeuge und der Schwerindustrie“ hält Péria-Peigné die Aufgabe für lösbar.

Für Carlo Masala, Militärexperte an der Universität der Bundeswehr in München, ist die Frage der Wartung zunächst zweitrangig. Das Wichtigste sei, die Waffen an die Front zu bringen, um den ukrainischen Truppen in einem potenziell entscheidenden Moment zu helfen, sagte er der Deutschen Welle. „Wenn sie den Marder drei Wochen lang benutzen können, ist das besser als nichts. Wenn der Marder kaputtgeht, dann ist das eben Pech“, sagt er.

Schweiz liefert keine Munition

Je länger der Krieg dauert, desto schwieriger könnte die Versorgung mit Munition für die neu gelieferten Waffen werden. „Jeder hofft auf ein schnelles Ende des Konflikts“, sagte Jean-Pierre Maulny vom französischen Institut für internationale und strategische Beziehungen (IRIS). „Aber wenn der Konflikt länger andauert, ist das Risiko eines Munitionsmangels nicht auszuschließen.“

Der Plan Deutschlands, Marder-Panzer an die Ukraine zu liefern, wurde bereits durch die Abhängigkeit von Munition aus Schweizer Produktion durchkreuzt. Bern legte unter Berufung auf seine Neutralität sein Veto gegen die Lieferung von Munition über Deutschland an die Ukraine ein. Das sei „kurzfristig weitaus gefährlicher als die Frage der Ersatzteile“, sagt Péria-Peigné.

Sollten sich die Kämpfe weiter verschärfen, könnte die ukrainische Armee trotz der Waffenlieferungen an ihre Grenzen kommen, warnt Militäringenieur Chassillan: „Wenn man die angekündigten Lieferungen zusammenzählt und sie mit den Verlusten an Munition und Ausrüstung der letzten zehn Wochen vergleicht, kann sie nicht länger als eineinhalb Monate durchhalten.“ (AFP)