Die SPD hat ein Saarland-Trauma. Seit 22 Jahren steht dort die CDU an der Regierungsspitze. Und dann war da noch die Landtagswahl 2017. Die damalige CDU-Spitzenkandidatin und amtierende Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer brachte den „Schulz-Zug“ von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz gehörig ins Schlingern, bis er schließlich entgleiste. So klein das Saarland auch sein mag, für die Bundespolitik hatte die verloren gegangene Wahl Ende März 2017 große Bedeutung.
Und jetzt? Jetzt will es die einst unterlegene SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger noch einmal wissen. Als Stellvertreterin von Ministerpräsident Tobias Hans (CDU), der 2018 von Kramp-Karrenbauer übernommen hatte, will sie jetzt das Ruder übernehmen. Und im besten Fall eine Siegesserie der Sozialdemokraten in diesem Superwahljahr mit drei weiteren Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen (beide im Mai) sowie Niedersachsen (Oktober) starten.
Tatsächlich stehen Rehlingers Chancen für einen Wahlsieg an der Saar derzeit nicht schlecht. Die jüngste Umfrage aus dem Februar sieht die SPD bei 38 Prozent, die CDU bei 29 Prozent. Den dritten Platz belegt mit acht Prozent die AfD. Es folgen die Grünen und die FDP mit jeweils sechs Prozent. Auch die persönlichen Werte Rehlingers sind deutlich besser als die des Amtsinhabers. Sie käme bei einer Direktwahl auf 49 Prozent Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger, Tobias Hans lediglich auf 34 Prozent.
Sie kommt an bei den Menschen, hat einen interessanten Lebenslauf, verfügt über ungewöhnliche Eigenschaften. Beispielsweise hält die 45-Jährige den Rekord im Kugelstoßen, den sie 1996 aufgestellt hatte. 16,03 Meter weit, bislang unerreicht im Saarland. Ein Jahr zuvor erreichte sie den Jugendrekord des Landes im Diskuswurf mit 49,18 Metern. Doch eine Profikarriere strebte sie nicht an, betrieb den Sport neben ihrem Jura-Studium. 2005 erwarb sie die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Da war sie bereits in der SPD aktiv und brachte es bis zur Vize-Landeschefin der Jusos. 2013 stieg sie dann in die Landesparteiführung auf. Rehlinger, die 1976 im saarländischen Wadern zwischen Saarbrücken und Trier geboren wurde, hatte zuletzt mit der Trennung von ihrem Ehemann Thomas für Schlagzeilen gesorgt. Sie waren seit 1999 verheiratet und haben einen gemeinsamen Sohn.
Kein Bündnis mit Linken
Jetzt muss die Spitzenkandidatin sich aber auf den Wahlkampf konzentrieren – und will nach der Landtagswahl am 27. März keine Revolution anzetteln. Ihren Fehler von 2017, eine Koalition mit der desolaten Linkspartei nicht auszuschließen, wird sie nicht wiederholen. Beim TV-Duell Mitte Februar nannte sie die Linkspartei „nicht regierungsfähig“, ein mögliches Bündnis von SPD, Grünen und Linken ist damit frühzeitig vom Tisch. Auch die Ampel-Koalition, vor der Tobias Hans nun warnte, ist nicht Rehlingers erste Wahl. Sie ist auf Groko-Kurs und will die große Koalition fortsetzen – nur eben selbst das Steuer in der Hand halten.
Die 45-Jährige bringt dafür reichlich Erfahrung mit. Seit 2014, als Amtsvorgänger Heiko Maas (SPD) in die Bundespolitik wechselte, ist sie Vize-Ministerpräsidentin und Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr. Zuvor war Rehlinger zwei Jahre lang Ministerin für Justiz im zweiten Kabinett von Kramp-Karrenbauer. Rehlinger war später Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, kennt die Verhandlungen von Bund und Ländern in unterschiedlichen Themenfeldern. Sie hat ein entschiedenes Auftreten, kann sich durchsetzen – und blieb bislang, trotz diverser Ämter auf Bundesebene, weitgehend unbekannt jenseits der Grenzen des Saarlandes.
Paukenschlag möglich
Stören muss das Rehlinger nicht, ein Wahlsieg könnte das schließlich auch schlagartig ändern. Gelingt es ihr, die CDU nach 22 Jahren aus der Staatskanzlei zu verdrängen, wäre das ein Paukenschlag. Ein historischer Einschnitt, von dem die anderen Wahlkämpfer in den übrigen drei Ländern profitieren könnten. Aber auch Bundeskanzler Olaf Scholz und die Bundes-SPD könnten Rückenwind gebrauchen, nachdem die Umfragewerte zuletzt wieder etwas abgesackt waren.
Rehlinger muss dabei aufpassen, den bestehenden Vorsprung nicht zu verspielen. Insbesondere die steigenden Energiepreise – auch vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine – könnten ihr noch zu schaffen machen. Dass Altkanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder sich nicht von seinen Aufsichtsratsmandaten bei russischen Energiekonzernen trennen will, macht der SPD zu schaffen. Rehlinger hat sich klar positioniert: „Bleibt Schröder auf Putins Gehaltsliste, kann er nicht in der SPD bleiben. Punkt.“ Ob das Thema in den letzten drei Wochen bis zur Wahl noch ihrem Gegner Hans in die Karten spielen wird, ist offen. Rehlinger könnte umgekehrt davon profitieren, dass die meisten Bürger mit dem Ukraine-Krisenmanagement von SPD-Kanzler Olaf Scholz sehr zufrieden sind.
De Maart
Ein Wechsel wäre mal was anders,
CDU-Hans hat auf vielen Ebenen versagt, Corona,Grenzen
dicht machen,usw.wäre besser im Kloster aufgehoben.