Donnerstag6. November 2025

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IntegrationUkrainische Geflüchtete sollen „einfachen Zugang zum luxemburgischen Arbeitsmarkt“ erhalten

Integration / Ukrainische Geflüchtete sollen „einfachen Zugang zum luxemburgischen Arbeitsmarkt“ erhalten
Menschen versuchen am Freitag, in einen Evakuierungszug am Kiewer Hauptbahnhof einzusteigen Foto: Sergei Chuzavkov / AFP

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Rund 200 Flüchtende aus der Ukraine sind bereits in Luxemburg angekommen. Die EU hat am Donnerstag entschieden, den Geflüchteten den Zugang zum Arbeitsmarkt so einfach wie möglich zu gestalten. Doch wie einfach ist das in Luxemburg? Momentan ist noch vieles unklar.

Luxemburg zeigt sich solidarisch mit ukrainischen Staatsbürgern. Unternehmen und Privatleute fahren mit Bussen in den Osten, um Essen in die ukrainischen Grenzregionen zu bringen – und Flüchtende nach Luxemburg. Mit jedem Tag steigt die Zahl der Ukrainer, die im Großherzogtum Schutz suchen. Rund 200 ukrainische Flüchtende sind mittlerweile in Luxemburg angekommen, darunter 20 Menschen, die hier ansässig sind und sich bei Kriegsausbruch in der Ukraine aufhielten. Das sagte Premierminister Xavier Bettel (DP) am Freitagmittag während einer Pressekonferenz.

Das erste Problem, mit dem sich Geflüchtete konfrontiert sehen, ist natürlich, eine Unterkunft zu finden. Die Regierung hat am Donnerstag angekündigt, dass bereits Notaufnahmezentren bereitstehen; auch viele Privatleute haben sich als Gastfamilie gemeldet. Doch wie sieht die Situation aus, wenn der Aufenthalt sich über Wochen und Monate zieht? Gibt es eine Möglichkeit für diese Menschen, auch in Luxemburg eine Arbeit zu finden? „Flüchtende aus der Ukraine sollen einen einfachen Zugang zum luxemburgischen Arbeitsmarkt erhalten“, schreibt das Arbeitsministerium auf eine Tageblatt-Anfrage. Genaueres werde noch ausgearbeitet.

Damit dies so schnell wie möglich klappt, haben die EU-Migrationsminister am Donnerstag eine politische Einigung getroffen, „um die Aktivierung der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz für Personen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, zu ermöglichen“, schreibt das Außenministerium am Donnerstag in einer Pressemitteilung. Heißt: Den Betroffenen werde dadurch das Aufenthaltsrecht Zugang zur Gesundheitsversorgung, zum Sozialschutz, zur Bildung und zum Arbeitsmarkt ermöglicht. Die Richtlinie soll so schnell wie möglich formell verabschiedet werden.

Luxemburg arbeitet noch an den Vorgängen

Die Rahmenbedingungen für die Integrierung der ukrainischen Flüchtenden in den Luxemburger Arbeitsmarkt sind also gegeben. „Sie müssen keine spezielle Arbeitserlaubnis beantragen und die Arbeitgeber können diese Personen dann auch direkt einstellen – sie stehen dem Arbeitsmarkt also sofort zur Verfügung“, sagt eine Pressesprecherin der ADEM gegenüber dem Tageblatt. Das ermögliche den Flüchtenden außerdem das Abschließen von CDI-Arbeitsverträgen. Die Arbeitgeber müssen trotzdem – wie üblich – die freien Stellen bei der ADEM anmelden, so die Sprecherin der Agentur.

Einzelne Unternehmen und Verbände haben die ADEM laut Arbeitsministerium bereits kontaktiert, um Geflüchtete aus der Ukraine einzustellen. Die Verantwortlichen der ADEM seien auch im regen Austausch mit den europäischen Arbeitsämtern. Der größte Bedarf herrsche im IT-Bereich, im Baugewerbe und im Horesca-Bereich. Auch in der Finanzbranche sei großer Bedarf an neuem Personal. „Hierbei handelt es sich aber meist um Arbeitsplätze, für die besondere Qualifikationen notwendig sind“, schreibt das Arbeitsministerium auf Tageblatt-Nachfrage.

Ein weiteres Problem: „Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass die Sprachkenntnisse der betroffenen Personen entscheidend bei der Vermittlung von Geflüchteten sind“, schreibt das Arbeitsministerium. Die offizielle Sprache der Ukraine ist Ukrainisch, ein großer Teil spricht auch Russisch und die Ukrainer benutzen das kyrillische Alphabet.

Viele Fragen müssen noch geklärt werden

Das weiß auch Sérgio Ferreira, Pressesprecher der „Association de soutien aux travailleurs immigrés“ (ASTI). „Wir sind gerade dabei, ein paar Informationen auf Ukrainisch zu übersetzen“, sagt Ferreira. Doch nicht nur die Sprache könne zu einem Problem bei der Arbeitssuche werden. Auch die Frage der Qualifikationen stehe im Raum. „Wir wissen, dass es bei der Anerkennung der Diplome aus Nicht-EU-Ländern sehr große Probleme gibt“, sagt der Sprecher.

Damit die ukrainischen Bildungsabschlüsse allerdings in Luxemburg anerkannt werden, muss die betroffene Person einen Antrag beim Hochschulministerium einreichen. Die Dokumente müssen in der Originalsprache eingereicht werden; eine englische, französische, deutsche oder luxemburgische Übersetzung durch einen vereidigten Übersetzer muss ebenfalls eingereicht werden. Die Bearbeitungsdauer beträgt zwischen vier und sechs Wochen.

Falls den Geflüchteten tatsächlich das Arbeitsrecht automatisch erteilt werde, dann müsse man zuerst schauen, wie bereit diese Menschen für den Arbeitsmarkt seien. „Es kommen hauptsächlich Frauen, Jugendliche und Kinder“, sagt Ferreira. Heißt: Wenn die Kinder nicht in die Schule gehen können, dann müssen die Mütter sich um diese kümmern. Es würden also noch sehr viele Fragen offen stehen.

Die ASTI habe im Februar das Projekt „Coach4work“ eingeführt, das darauf abzielt, Menschen auf Arbeitssuche zu informieren und individuell zu begleiten, wobei sie von freiwilligen Coaches unterstützt werden. „Das ist für jeden, nicht nur für Flüchtende“, sagt Ferreira.

Jetzt sei der Moment, die Rahmenbedingungen für alle Flüchtende – nicht nur aus der Ukraine – zu verbessern. „Wir müssen vermeiden, dass diese Menschen inaktiv in den Foyers bleiben – weil das ist ein bisschen die Realität der Geflüchteten, die in den vergangenen Jahren gekommen sind“, sagt Ferreira. „Guter Wille ist gut, aber wir müssen uns auch die Mittel geben, diesen Menschen zu helfen.“ Die ASTI sei in Kontakt mit den Ministerien, um die Mechanismen zur Integration der Flüchtenden in die Arbeitswelt zu optimieren.

Bereits 2.000 Jobangebote für Flüchtende in Portugal

Portugal hat eine Online-Plattform eingerichtet, um Arbeitsangebote von Unternehmen für ukrainische Geflüchtete in Portugal zu sammeln. Portugal News schreibt, dass bereits mehr als 2.000 dieser Angebote gesammelt wurden.

Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollen in Deutschland für ihren Unterhalt ähnliche Leistungen wie Asylbewerber erhalten und somit keinen direkten Anspruch auf Hartz IV haben. Darauf laufe eine Einigung zwischen dem Bundesinnenministerium und dem Arbeitsministerium hinaus, sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Anders als Asylsuchende sollten sie sofort Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt haben. Ihre Aufenthaltserlaubnis beinhalte das Recht, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Die erwarteten Geflüchteten sollen auf die Länder verteilt werden.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte auf Reuters-Anfrage, „dass für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine voraussichtlich das Asylbewerberleistungsgesetz anwendbar sein wird“. Ein Asylverfahren müssen die Geflüchtete dafür nicht beantragen, da sie auf der Grundlage einer EU-Richtlinie bis zu drei Jahre Schutz erhalten.