Quasi die gesamte Riege der nationalen Spitzenathleten war am Start, wobei besonders jene, die noch im letzten Moment auf den WM-Zug springen wollten, im Fokus standen. Bekanntlich hatte schon im Vorfeld mit Charel Grethen (CSL, 1.500 m und 3.000 m), Bob Bertemes (CAB, Kugelstoßen) sowie Patrizia Van der Weken (CAPA, 60 m) ein Trio die Qualifikation für die Hallenweltmeisterschaft in Belgrad (Serbien; 18.-20. März) in der Tasche. Ihre letzte Chance aufs WM-Ticket wollten die Hürdenläufer wahren, nachdem am Vortag im Rahmen der belgischen Indoor-Meisterschaft in Louvain-la-Neuve gleich zwei neue luxemburgische Rekorde gebrochen wurden. François Grailet (CSL), der seit 2015 auch die luxemburgische Nationalität besitzt, gewann am Samstag die belgische Meisterschaft über 60 Meter Hürden und unterbot dabei den luxemburgischen Rekord um zwei Hundertstelsekunden auf 7,73. Die Norm verpasste der 27-jährige Medizinstudent dabei um die Winzigkeit einer Hundertstelsekunde. Gestern in der Coque sollte Grailet mit einer Zeit von 7,84 der Norm nicht näher kommen. „Ich war etwas zu verkrampft, da ich diese Zeit in meinem letzten Rennen der Hallensaison unbedingt unterbieten wollte und daher die Konzentration fehlte“, resümierte Grailet seinen Finallauf. Allzu groß war die Enttäuschung der knapp verpassten WM-Norm jedoch nicht für den Belgo-Luxemburger: „Ich glaube nicht, schon am Maximum meiner Kapazität angekommen zu sein, und das macht mir Mut. Daher freue ich mich mehr über mein Ergebnis, als mich zu ärgern. Das Ziel bleibt die Qualifikation für die EM in München.“
Victoria Rausch (Celtic) verbesserte am Samstag den nationalen Rekord ebenfalls um zwei Hundertstelsekunden auf 8,21 und kam so der WM-Norm von 8,16 näher. Im gestrigen Finale reichte es jedoch „nur“ zu einer Zeit von 8,28, wobei Rausch zwar überlegen den Titel gewann, die erhoffte WM-Qualifikation jedoch verpasste. „Ich spüre, dass ich doch etwas müde bin nach den letzten Rennen, aber auch mit dieser Zeit kann ich zufrieden sein“, konstatierte die Celtic-Athletin, die sich in den nächsten Tagen überlegt, vor dem Stichtag vom 7. März noch mal die Norm anzugreifen.

Van der Weken weiter konstant
Für einen Doppelerfolg über 400 und 800 Meter sowie einen von zwei nationalen Rekorden bei den Titelkämpfen sorgte Charline Mathias. Bei ihrer Paradedisziplin über 800 Meter ließ sich die 29-jährige CSL-Athletin auf den ersten 550 Metern von einer polnischen Tempomacherin ziehen, um dann mit einer Zeit von 2:03,91 ihren eigenen Landesrekord um rund vier Zehntel zu unterbieten. „Die polnische Läuferin hat genau das perfekte Tempo vorgegeben, anschließend war es auf den letzten 250 Metern an mir, alles zu geben. Mein Ziel war eine gute Zeit auf den 800 Metern und ein zweiter Titel auf den 400 Metern“, so eine zufriedene Mathias, die jedoch die WM-Norm nicht im Visier hatte: „Dafür hätte schon alles 1A laufen müssen, aber die Priorität liegt in der Sommersaison, und im März habe ich schon ein Höhentrainingslager in den USA geplant.“ Ein ähnliches Husarenstück gelang Vera Hoffmann (Celtic), die nach ihrem Erfolg über 1.500 Meter bei der 3.000-Meter-Distanz den nationalen Rekord von Charline Mathias im Alleingang um über acht Sekunden unterbot (9:20,97).
Die drei für die WM qualifizierten Athleten konnten standesgemäß ihre Wettbewerbe klar dominieren. Charel Grethen, der kürzlich mehrfach Landesrekord über 1.500 Meter gelaufen ist, sicherte sich ungefährdet den Sieg über 800 Meter. Auch Patrizia van der Weken lief der Konkurrenz mit 7,31 im Vorlauf und 7,29 im Finale deutlich davon. „Ich hatte mir kein größeres Ziel gesetzt, aber ich lief erneut konstant und wieder einmal unter 7,30. Es war eine gute Hallensaison und nun freue ich mich auf die WM“, äußerte sich die 22-jährige CAPA-Sprinterin, für die es bei ihrem ersten großen internationalen Event hauptsächlich um den Erfahrungsgewinn geht. Mit einer ähnlichen Lockerheit ging Bob Bertemes an den Start und stieß mit 20,91 Metern eine neue Saisonbestleistung. „Es ist wichtig, dass die Leistungskurve nun nach oben zeigt“, konstatierte der Kugelstoßer, der sich am Mittwoch bei einem Meeting in Madrid mit internationaler Konkurrenz den letzten Feinschliff holen möchte. Da der Sportsoldat bei großen Events oft nicht mit dem Druck zurechtkam, arbeitet er seit Dezember mit dem früheren Basketballspieler und Mentalcoach Frank Muller zusammen. Daher hat sich die Einstellung bei Bertemes grundlegend geändert: „Mental ist sehr viel drin, wenn man entspannt herangeht. Deswegen habe ich keine Zielsetzung bei der WM, ich möchte mich bloß amüsieren und einfach relax mitstoßen.“
Hervorzuheben bei den Titelkämpfen ist ein weiterer Doppelerfolg von Enguerran Bossicard (Fola) über die Sprintdistanzen und der Sieg von Vivien Henz (CSL), der über 3.000 Meter mit einem neuen Landesrekord in der Juniorenkategorie erfolgreich war. Zwei Titelfavoriten waren hingegen abwesend: Die Kugelstoßerin Stephanie Krumlovsky weilte im Trainingslager in Bulgarien, während Sprinter Pol Bidaine verletzt absagen musste.

Die Titelträger
Herren:
60 Meter: Enguerran Bossicard (Fola) 6,99 s
200 Meter: Enguerran Bossicard (Fola) 21,75 s
400 Meter: Aymen Djazouli (CSL) 46,65 s
800 Meter: Charel Grethen (CSL) 1:51,441
500 Meter: Bob Bertemes (Celtic) 3:57,32
3.000 Meter: Vivien Henz (CSL) 8:26,34
60 Meter Hürden: François Grailet (CSL) 7,84 s
Weitsprung: Nils Liefgen (CAPA) 6,92 m
Dreisprung: Luca Tasch (CSL) 13,83 m
Hochsprung: Sven Liefgen (CAPA) 1,88 m
Stabhochsprung: Joé Seil (CAPA) 4,30 m
Kugelstoßen: Bob Bertemes (CAB) 20,91 m
Damen:
60 Meter: Patrizia Van der Weken (CAPA) 7,29 s
200 Meter: Anaïs Bauer (CSL) 25,16 s
400 Meter: Charline Mathias (CSL) 56,20 s
800 Meter: Charline Mathias (CSL) 2:03,91 NR
1.500 Meter: Vera Hoffmann (Celtic) 4:49,00
3.000 Meter: Vera Hoffmann (Celtic) 9:20,97 NR
60 Meter Hürden: Victoria Rausch (Celtic) 8,28 s
Weitsprung: Laurence Jones (Celtic) 5,45 m
Dreisprung: Camille Ghysens (CSL) 10,02 m
Hochsprung: Mia Bourscheid (CAD) 1,65 m
Stabhochsprung: Sofia Vavakou (CSL) 2,65 m
Kugelstoßen: Nadine Kremer (CAD) 11,54 m
De Maart
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