Donnerstag6. November 2025

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InfrastrukturLuxemburg sollte das Gas nicht ausgehen – Nur geringer Anteil im Energiemix

Infrastruktur / Luxemburg sollte das Gas nicht ausgehen – Nur geringer Anteil im Energiemix
Dicht gemacht: Ein Arbeiter versiegelt 2019 ein Rohr der im Bau befindlichen Pipeline „Nord Stream 2“. Das Projekt wurde von Deutschland kürzlich auf Eis gelegt. AFP

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Die EU ist zwar durchaus grundsätzlich abhängig von Erdgas aus Russland – trotzdem gibt es in Sachen Versorgungssicherheit keinen Grund zur Sorge. Abgesehen davon, dass der Winter erstmal, größtenteils, vorbei ist, verfügt man längst über alternative Lieferanten. In Luxemburg, wo das Erdgas nur einen geringen Anteil am Energiemix darstellt, sieht man die Versorgung in mehrfacher Hinsicht gesichert. 

In Luxemburg wurden 2020 rund 8 Millionen Kubikmeter Erdgas bezogen, im Energiemix stellt das einen Anteil von rund 15 Prozent dar – wobei sich der Konsum in etwa gleich stark auf 86.688 Haushalte und 4.474 gewerbliche Nutzer verteilte. Das geht aus Zahlen der Statistikbehörde Statec hervor.

Die privaten und gewerblichen Verbraucher müssen sich auch weiterhin keine Sorgen machen, plötzlich ohne Gas dazustehen, versichert Paul Matzet, Sprecher des Energieministeriums, am Freitag auf Anfrage des Tageblatt: „Die Versorgung ist auf jeden Fall gewährleistet!“

Diese Überzeugung beruhe auf einer aktuellen Hochrechnung auf EU-Ebene, bei der sogar der schlimmste Fall angenommen wurde: dass Russland seine Lieferung komplett einstellt. 

Eine auf den ersten Blick paradoxe Feststellung: Die EU hängt nämlich stark von russischen Gas-Importen ab. Der EU-Kommission zufolge importiert sie 90 Prozent des genutzten Gases, wovon etwa 40 Prozent aus Russland kommen. Und wegen des Nord-Stream-2-Stopps hatte der ehemalige russische Regierungschef Dmitri Medwedew auch mit einer Preisexplosion beim Gas gedroht. Die Frequenz der Lieferung mit Erdgas hat sich bisher nicht verändert. Die durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 gepumpten Gasmengen schwankten auch in den vergangenen Tagen nur wenig, meldet die Deutsche Presse-Agentur am Freitag unter Berufung auf Daten der im schweizerischen Zug ansässigen Betreibergesellschaft Nord Stream AG. Demnach gingen die Gaslieferungen am Freitag unvermindert weiter. Bis 16 Uhr flossen stündlich etwa 73 Millionen Kilowattstunden Gas. Lieferant ist der russische Staatskonzern Gazprom. Er hält auch 51 Prozent der Anteile an der Betreibergesellschaft. Beteiligt sind außerdem die Energieunternehmen Wintershall Dea, Eon, Gasunie und Engie.

Auf das Schlimmste vorbereitet

Die EU-Kommissionspräsidentin zeigte sich am Donnerstag aber auch überzeugt, dass die Gasversorgung der EU gesichert sei: „Wir haben wochenlang daran gearbeitet, auf das Schlimmste vorbereitet zu sein“, sagte Ursula von der Leyen am Donnerstag in Brüssel. Dabei sei es auch darum gegangen, sicherzustellen, dass man unabhängig von jeglichem Druck durch russische Gaslieferungen sei. „Wir haben dieses Stadium erreicht.“ Ihre Behörde habe die Abhängigkeit von Russland durch die Lieferzusagen anderer Länder reduziert.

Es gebe mehrere Länder, die in der Lage wären, ihre Flüssiggaslieferungen in die EU zu erhöhen. Als Beispiele wurden Aserbaidschan, Ägypten, Nigeria und Norwegen genannt. Von der Leyen hatte schon am Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt, die EU sei diesen Winter selbst bei einer völligen Unterbrechung der Gasversorgung durch Russland auf der sicheren Seite.

Liebesgrüße nach Moskau: Vor der Gazprom-Zentrale hat jemand am Donnerstag „Es lebe die Ukraine“ auf die Fassade gesprüht. Das Graffito wurde schnell entfernt.
Liebesgrüße nach Moskau: Vor der Gazprom-Zentrale hat jemand am Donnerstag „Es lebe die Ukraine“ auf die Fassade gesprüht. Das Graffito wurde schnell entfernt. Fernando Gutierrez-Juarez/dpa-Ze

Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich kürzlich entsprechend sicher für Deutschland geäußert. Man komme komplett ohne russisches Gas aus – allerdings müsse mit höheren Preisen gerechnet werden.

Im Winter 2021 hatte es Unmut gegeben, da in mehreren Ländern, wie auch in Deutschland, die Gasspeicher bedenklich leer waren. Während Russland seinen Kunden Vorwürfe machte, nicht entsprechend vorgeplant zu haben, wurde in anderer Richtung der Vorwurf erhoben, Russland verknappe das Angebot, um den Preis zu steigern. Die Situation entspannte sich, als die Liefermengen erhöht wurden. Allerdings erneuerte Ursula von der Leyen die Kritik vor wenigen Tagen: „Gazprom versucht bewusst, so wenig wie möglich zu speichern und zu liefern, während die Preise und die Nachfrage in die Höhe schnellen.“

In Luxemburg betont man in Sachen Versorgungssicherheit aber, dass ja grundsätzlich der größte Teil des Winters erstmal vorbei sei – und dass der Anteil aus Deutschland ohnehin bei weitem nicht so bedeutend sei wie beim elektrischen Strom.

DOWNLOAD (PDF): Der jüngste „Bericht über die Versorgungssicherheit im Gasbereich in Luxemburg

„Luxemburg erhält sein Erdgas überwiegend über ein Pipelinenetz, das über Belgien nach Luxemburg verläuft“, erläutert der Ministeriumssprecher Matzet. Belgien wiederum werde mit Pipelines aus Norwegen, den Niederlanden und auch zum Beispiel aus Russland versorgt – und mit Flüssiggas aus der ganzen Welt. „In Seebrügge ist einer der größten Flüssiggas-Häfen Europas“, betont Matzet – und dass man hier längst Anstrengungen unternommen habe, den Kreis möglicher Zulieferer zu vergößern. „Kapazitäten für Flüssiggas wurden in den letzten zehn Jahren konsequent ausgebaut. Aktuell existiert eine Importkapazität von etwa 50 Prozent des Gasbedarfs in Europa. Hauptzulieferer sind vor allem Katar, USA und Australien.“

Aber auch wenn das Gas aus Deutschland eher nachrangige Bedeutung habe, habe man die Problematik der möglicherweise unzulänglichen Vorräte durchaus adressiert, versichert man in Luxemburg. „Als Anfang Oktober/November 2021 bekannt wurde, dass vor allem Gasspeicher, welche Gazprom gehören, mit deutlich zu niedrigem Füllstand in den Winter gestartet sind, hat Minister Turmes sich dafür eingesetzt, dass es in Zukunft klare Regeln geben muss, wie weit Gasspeicher vor Beginn des Winters gefüllt werden müssen.“

Die an der Oberfläche sichtbaren Teile des Erdgasspeichers im niedersächsischen Rehden. Solche Anlagen sind in Luxemburg nicht möglich – da hier die geologischen Voraussetzungen fehlen.
Die an der Oberfläche sichtbaren Teile des Erdgasspeichers im niedersächsischen Rehden. Solche Anlagen sind in Luxemburg nicht möglich – da hier die geologischen Voraussetzungen fehlen. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Das Thema sei beim Pentalateralen Energieforum auf die Tagesordnung gebracht worden. Der regionalen Energiekooperation gehören Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, die Niederlande und die Schweiz an. Derzeit sei auf deutscher Seite ein Regelwerk in Arbeit, das um den April herum vorgestellt werden soll.

Vielleicht ist das eine gute Gelegenheit für Luxemburgs Nachbarland, sich in dieser Hinsicht neu und konzentriert aufzustellen. Der größte Erdgasspeicher Westeuropas ist seit 1993 der Speicher Rehden in Niedersachsen, mit einer Kapazität von vier Milliarden Kubikmetern. In drei ausgeförderten Lagerstätten lagert in zwei Kilometern Tiefe im Hauptdolomit, auf einer Fläche von acht Quadratkilometern, der Jahresverbrauch von rund zwei Millionen Einfamilienhäusern. Aber: Der Norddeutsche Rundfunk hatte kürzlich berichtet, dass das Land Niedersachsen keinen tagesaktuellen Überblick über die jeweiligen Füllstände dieser gigantischen Gashöhlen habe.

Erasmus
27. Februar 2022 - 19.18

Wir müssen unser Gas mit ein paar EU-Ländern teilen, die 100% von Russland abhängig sind, also ist die Freude nicht angebracht.