Freitag7. November 2025

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StraßenverkehrDas richtige Verhalten in Notsituationen: Worauf Autofahrer in Tunnels achten sollten

Straßenverkehr / Das richtige Verhalten in Notsituationen: Worauf Autofahrer in Tunnels achten sollten
Im Notfall kann das richtige Verhalten im Tunnel Leben retten Foto: Editpress/Tania Feller

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In einem Tunnel kann es genauso zu Unfällen und Staus kommen wie auf offener Straße; die Auswirkungen dagegen können im Tunnel gravierender sein. Aus diesem Grunde gelten in den Röhren besondere Vorsichtsmaßnahmen.

Im Notfall trägt die sicherheitstechnische Ausstattung im Tunnel noch vor dem Eintreffen des Feuerwehr- und Rettungsdienstes zu einer schnellen und sicheren Rettung der Verkehrsteilnehmer bei. Vorausgesetzt, das Zusammenspiel von Mensch und Sicherheitstechnik ist bestens aufeinander abgestimmt. Ein Defekt an der Sicherheitstechnik oder eine menschliche Fehlentscheidung können im Ernstfall schwere Folgen haben. Um dem vorzubeugen, finden regelmäßig Wartungen der Einrichtungen sowie Notfallübungen mit den Rettungskräften statt.

Ein Vorfall, der sich vor einiger Zeit im Tunnel Gosseldingen ereignete, lässt trotz aller Vorkehrungen einige Fragen und Zweifel aufkommen. Bei der Fahrt durch die Tunnelröhre auf der A7 Richtung Ettelbrück lösten mehrere Fahrzeuge plötzlich eine Notbremsung aus. Autos scherten zur Seite aus. Glück im Unglück, ein Unfall blieb aus. Im Tunnel war dichter Rauch, die Sicht gleich null. Reflexartig informierte ich die Notrufzentrale 112, mit der Meldung: „Rauch im Tunnel, Ursache unbekannt.“ Umgehend wurde der Tunnel gesperrt.

Gefährliche Wendemanöver

In der Tat zeigten die Verkehrswechselzeichen die Sperrung beider Fahrbahnen durch das „rote X“ an. Schon während des Telefonats mit der Notrufzentrale wendeten erste Fahrzeuge im Tunnel. Ein absolutes No-Go und durch die Straßenverkehrsordnung strengstens verboten. Außer der Sperrung der Tunnelröhre und dem Hochfahren der Lüfteranlagen geschah weiterhin nichts. Die Fahrzeuginsassen im Tunnel waren sich alleine überlassen, keine Lautsprecherdurchsagen, kein Verkehrsfunk, kein Alarm.

Wenige Minuten später fuhr ein Gefangenentransporter der Polizei, der unterwegs nach Ettelbrück war, mit Sondersignal in die Tunnelröhre ein. Aufgrund des dichten Rauchs und der Sichtbehinderung kamen die Beamten nicht sehr weit. Geistesgegenwärtig forderten die Polizisten alle Autofahrer zur Kehrtwende auf und evakuierten die mit Rauch gefüllte Tunnelröhre.

Nach einer Wartezeit (in Freiheit und frischer Luft) klärte sich der Vorfall auf. Ein technischer Defekt eines Lieferwagens hatte eine heftige Rauchentwicklung ausgelöst. Nachdem die Mitarbeiter mobiler Einheiten der „Ponts & Chaussés“ vor Ort alles überprüft hatten, wurde die Tunnelröhre wieder für den Verkehr geöffnet.

Der Tunnel Gosseldingen nach der Evakuierung
Der Tunnel Gosseldingen nach der Evakuierung Foto: André Feller

Keine direkte Gefahr

Der Vorfall bleibt sicherlich einigen Autofahrern als Schrecksekunde in Erinnerung; ein Unfall blieb, trotz der Rauchwand mit null Sicht sowie panikartige Wendemanöver, wie durch ein Glück aus. Dennoch stellen sich mir im Nachhinein einige Fragen. Wieso blieb ein Feueralarm aus? Weshalb gaben die Disponenten der CITA-Zentrale keine Anweisungen über Lautsprecher und Verkehrsfunk? In einer Stellungnahme meinte der Pressesprecher der Straßenbauverwaltung: „Es bestand keine direkte Gefahr, es war ja kein Brand.“ Aus diesem Grund sei kein Feueralarm ausgelöst worden.

Der Vorfall wurde von der CITA-Zentrale bemerkt, die Lüftungsanlagen eingeschaltet und die Tunnelröhren gesperrt. Soweit hat die Technik funktioniert. Doch die zentrale Frage der fehlenden Durchsagen und etwaigen Anweisungen steht immer noch im Raum.

Zweifelsohne trug die zufällige Anwesenheit der Polizeistreife dazu bei, Schlimmeres zu verhindern. Haben die Mitarbeiter der CITA-Zentrale die Lage vielleicht verkannt? Immerhin haben die Polizeibeamten die Tunnelröhre wohl nicht ohne Grund evakuiert. Somit widerspricht das Handeln der Polizisten den Aussagen des Pressesprechers.

Richtiges Verhalten

Vor der Einfahrt in den Tunnel
– Geschwindigkeit der Beschilderung entsprechend reduzieren
– Auf Ampeln und Verkehrszeichen achten, Sonnenbrille abnehmen
– Abblendlicht einschalten
– Radio mit Verkehrsfunk einschalten
– Abrupte Abbrems- oder Beschleunigungsmanöver vermeiden

Im Tunnel
– Niemals wenden oder rückwärts fahren, nur im Notfall anhalten
– Großen Sicherheitsabstand einhalten
– Die Geschwindigkeitsbegrenzungen strikt befolgen
– In einem Tunnel mit Gegenverkehr immer am rechten Fahrbahnrand orientieren und niemals über die Mittellinie fahren
– Wandmarkierungen und Längenangaben zu den (Not-)Ausgängen beachten, damit diese im Notfall rasch gefunden werden können
– Möglicherweise irreführende Navigationsanweisungen keinesfalls befolgen

Im Fall einer Panne / eines Notfalls
– Sofort die Warnblinkanlage einschalten und das Auto so weit wie möglich am rechten Fahrbahnrand – idealerweise in einer Pannenbucht – abstellen
– Das Fahrzeug nur mit Warnweste verlassen
– Einsatzkräfte alarmieren, am besten über die Notruftelefone im Tunnel, da diese die genaue Lokalisierung des Unfallorts erleichtern
– Im Fall eines Feuers den Tunnel – sofern möglich – verlassen, dabei aber niemals wenden oder rückwärts fahren
– Brennt ein Fahrzeug, so gilt in allen Fällen: Warnblinker einschalten, Motor abstellen und Zündschlüssel stecken lassen. Danach die Rettungskräfte informieren und den Brand nur im Anfangsstadium selbst zu löschen versuchen. Ist das nicht möglich, den Tunnel so schnell wie möglich über die Notausgänge verlassen.

Bei Stau
– Mit großem Abstand zum Vorderfahrzeug stehen bleiben und Warnblinkanlage einschalten
– Rettungsgasse bilden
– Motor abstellen
– Auch bei längerer Verzögerung unbedingt im Auto bleiben

Das Tageblatt befragte ausländische Experten in Sachen Tunnelsicherheit und wollte wissen, wie diese Situation in anderen Ländern gehandhabt wird. Der Autobahn GmbH des Bundes, Niederlassung Ost, unterliegt die Überwachung der meisten Tunnelkilometer in Deutschland. Steffen Meier, Geschäftsbereichsleiter Tunnel und Telematik, liefert dem Tageblatt eindeutige Antworten auf das Vorgehen bei Rauchentwicklung im Tunnel: „Wird ein Kleinbrand, ein qualmendes Fahrzeug o.ä. festgestellt, wird der Tunnel von unserer Leitstelle geschlossen und natürlich wird die Feuerwehr alarmiert. Unsere Tunnels sind mit einer Lautsprecheranlage ausgestattet, über die wir die Autofahrer informieren und anleiten können. Weiterhin haben wir die Möglichkeit, innerhalb des Tunnels in den Verkehrsfunk einzusprechen.“

Früherkennung von Bränden

Zusätzlich zu den Brandmeldern, die nur auf Temperaturanstieg reagieren, erfassen Sichttrübemessgeräte, sogenannte „Kaltrauchmelder“, eine Rauchentwicklung ohne Feuer. „Diese Sichttrübemessgeräte dienen auch der Früherkennung von Bränden, da der Linienbrandmelder erst auslöst, wenn vom Feuer eine gewisse Wärme ausgeht – doch da kann es bereits zu spät sein“, so Steffen Meier.

Walter Mocnik, Pressesprecher der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) Steiermark und Kärnten stellt die Vorgehensweise in Österreich wie folgt dar: „Der Alarm wird von unseren Verkehrsmanagement-Zentralen erfasst, die dann über Videokameras die Situation sehen können und alles Weitere veranlassen – von Evakuierung bis zur Alarmierung von Einsatzkräften. Personen im Tunnel können über zwei Wege erreicht werden. Einerseits über Lautsprecher, andererseits über den Verkehrsfunk. Unsere Mitarbeiter können also direkt im Tunnel über das Autoradio einsprechen.“

Im Notfall sollten sich die Verkehrsteilnehmer zum nächstgelegenen Notausgang begeben
Im Notfall sollten sich die Verkehrsteilnehmer zum nächstgelegenen Notausgang begeben Foto: Editpress/Julien Garroy

Wie aus diesen beiden Antworten hervorgeht, agieren die ASFINAG und Autobahn GmbH des Bundes unterschiedlich bei einer Rauchentwicklung im Tunnel. In Luxemburg behandelt die CITA-Zentrale die Situation ähnlich wie in Österreich. Der Disponent reagiert auf Grundlage der jeweils vorherrschenden Lage und Kamerabilder. In puncto technischer Ausrüstung gibt es kaum Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Die Sicherheitsausstattungen sind durch europäische Verordnungen vorgeschrieben.

Der Pressesprecher der Straßenbauverwaltung unterstrich, dass auch die Tunnels in Luxemburg mit sogenannten Kaltrauchmeldern ausgestattet sind. Ein Feueralarm wird erst ab einer bestimmten Dichte des Qualms ausgelöst. Dies sei aber beim genannten Vorfall in Gosseldingen nicht der Fall gewesen. Aufgrund dessen wurde die Prozedur bei Rauchentwicklung ausgelöst, sprich Sperrung des Tunnels und Hochfahren der Lüfter.

Nichtsdestotrotz wären spezifische Lautsprecherdurchsagen in diesem konkreten Fall wünschenswert gewesen. Genaue Anweisungen hätten die Fahrzeuglenker vor den gefährlichen und verbotenen Wendemanövern abgehalten und eine gewisse Panik vermieden. Erstaunlich fiel die Internet-Recherche zum Thema „Verhalten im Tunnel“ aus. Zahlreiche Videos, Texte und Piktogramme beschreiben das Verhalten im Fall einer Panne, Feuer am eigenen Fahrzeug oder Brand eines Drittfahrzeuges. Informationen, wie man sich bei einer Rauchentwicklung (durch einen technischen Defekt an einem Fahrzeug) verhält, findet man dagegen kaum. In der Süddeutschen Zeitung vom 2. August 2013 findet sich folgender Hinweis: „Sobald Rauch zu sehen ist, sofort zum Notausgang rennen – selbst wenn noch keine Durchsage erfolgt ist.“

Kampagne geplant

SWR Wissen schreibt in einem Beitrag vom 06.03.2015: „Ist, wenn auch in weiter Ferne, Rauch oder Feuerschein zu sehen oder verlassen andere Nutzer den Tunnel, dann auf jeden Fall: Motor abstellen, Fahrzeugschlüssel stecken lassen und sofort zu einem Notausgang flüchten. Falls es tatsächlich brennt, bleibt für die Flucht nur wenig Zeit. Die Rauchfront kann sich wesentlich schneller bewegen als ein Mensch zu Fuß flüchten.“

Die Sachlage, wie man sich nun korrekt im Fall einer Rauchentwicklung im Tunnel verhält, scheint also (europaweit) nicht sehr eindeutig zu sein. Weder andere Autofahrer noch die Mitarbeiter der Tunnelüberwachung wissen im ersten Augenblick, ob es sich um einen beginnenden Brand handelt oder nur um einen (ungefährlichen) Defekt an einem Fahrzeug.

Laut Straßenbauverwaltung ist eine Kampagne über das Verhalten im Tunnel geplant. Ein genaues Datum für den Start der Informationskampagne jedoch nicht. Die müsse intern mit allen Akteuren abgesprochen werden.

Geräusch-Erkenner und LED-Leuchten

In Sachen Tunnelsicherheit übertrifft Österreich die Vorgaben der EU-Richtlinien. Nebst der vorgeschriebenen Sicherheitstechnik sind bereits viele Tunnels mit dem neuen System AKUT ausgestattet. Hierbei handelt es sich um ein akustisches Tunnelmonitoring, das in Kooperation mit der steirischen Joanneum Research entwickelt wurde. Das System erkennt automatisch ungewöhnliche Geräusche wie beispielsweise eine Vollbremsung (quietschende Reifen), Reifenplatzer, Unfallgeräusche und Stimmen im Tunnel. Die Mikrofone sind alle 125 Meter an den Überwachungskameras installiert. Jedes ungewöhnliche Geräusch wird mit einem Alarm an die Tunnelüberwachungszentrale weitergeleitet.
Eine weitere Besonderheit in Österreich sind blinkende LED-Leuchten am Fahrbarrand in den Tunnelröhren. Diese werden bei jeder Störung aktiviert und beginnen zu blinken, einfach um die Verkehrsteilnehmer darauf aufmerksam zu machen, dass irgendwo eine Störung ist – das kann ein Fahrzeug in einer Pannenbucht sein oder eine Baustelle nach dem Tunnel, so Walter Mocnik von der ASFINAG. Auch dieses System könnte die Sicherheit in Tunnels erhöhen, denn ein unscheinbares rotes „X“ über der Fahrbahn, ohne akustische oder blinkende Signale, ist nicht immer wahrnehmbar oder wird auch oftmals ignoriert.

Irma
22. Februar 2022 - 13.31

Ich ziehe es vor mit dem Zug aus der Pampa in die Stadt zu fahren, ist sicherer als diese Tunnels.