Montag27. Oktober 2025

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Im KriegsfallRumänien, die Slowakei und Ungarn rechnen mit Flüchtlingen aus der Ukraine

Im Kriegsfall / Rumänien, die Slowakei und Ungarn rechnen mit Flüchtlingen aus der Ukraine
Menschen aus Donezk werden von prorussischen Separatisten zur Flucht nach Russland gedrängt und sind somit die ersten Opfer der Machtspiele des russischen Präsidenten Wladimir Putin Foto: Uncredited/AP/dpa

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Nicht nur Polen könnte zum Ziel von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine werden. Auch die südlicheren EU-Anrainer Rumänien, Ungarn und die Slowakei rechnen im Kriegsfall mit einer Flüchtlingswelle aus dem Nachbarland.

Ein neuer Krieg in Europa dürfte dem Kontinent neue Flüchtlingswellen bescheren. Bei einer militärischen Eskalation des Ukraine-Konflikts könnte laut Erwartung der EU-Kommission bis zu über einer Million Menschen in die EU-Anrainer-Staaten und weiter nach Westen flüchten. Die EU sei bereit, „eine bedeutende humanitäre Hilfe zu mobilisieren“, versicherte am Wochenende der griechische EU-Kommissar Margaritis Schinas.

Vor allem Polen, wo schon jetzt über eine Million Ukrainer leben, hätte im Kriegsfall mit Flüchtlingen zu rechnen. Aber auch die südlicheren EU-Anrainer der Ukraine bereiten sich bereits auf etwaige Flüchtlingswellen vor.

Mit gewohnt drastischen Worten zeichnet Ungarns Premier Viktor Orban das Risiko einer neuen Immigrationswelle aus dem Osten. Im Fall eines Kriegs würden „hunderttausende oder selbst Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine Ungarns politische und wirtschaftliche Situation fundamental umgestalten“, orakelte düster der Chef der nationalpopulistischen Fidesz-Partei schon am vergangenen Wochenende. Ausdrücklich erinnerte er an die Aufnahme von zehntausenden Flüchtlingen während der Jugoslawienkriege in den 90er Jahren: „Das war auch nicht leicht. Aber aus der Ukraine würden nun viel mehr Menschen kommen – vermutlich ohne Aussicht auf Heimkehr.“

Aber natürlich haben die zuständigen Behörden mit den Vorbereitungen begonnen: Wir haben ein Drehbuch und einen Aktionsplan im Kriegsfall

Viktor Orban, Ungarns Regierungschef

Die Gefahr neuer Fluchtwellen sieht Putin-Freund Orban vor allem als Verpflichtung für die internationale Gemeinschaft, es zu einem Waffengang in der Ukraine erst gar nicht erst kommen zu lassen: „Ungarns Interesse ist klar: Der Krieg muss verhindert werden.“ Auffällig ist aber, dass der erklärte Immigrationsgegner Orban eine Aufnahme von Ukrainern nicht ausschließt und im Gegensatz zu den von ihm als „Migranten“ bezeichneten Kriegsflüchtlingen aus Syrien erstmals seit langem wieder überhaupt von „Flüchtlingen“ spricht.

Seine Regierung strebe nach Frieden, versichert Ungarns Premier: „Aber natürlich haben die zuständigen Behörden mit den Vorbereitungen begonnen: Wir haben ein Drehbuch und einen Aktionsplan im Kriegsfall.“ Etwas präziser äußerte sich vergangene Woche sein Kabinettschef Gergely Gulyas. Ungarn könne sich um „zehntausende von Flüchtlingen“ kümmern: „Die Asyl-Regeln sind klar. Das erste sichere Land muss Unterkunft gewähren.“

„Gemeinsam reagieren“

Konkreter wirken die Vorbereitungen auf die Aufnahme von Flüchtlingen in der Slowakei. Laut Aussage von Verteidigungsminister Jaroslav Nad‘ rechne sein Land selbst bei einem „begrenzten Militärkonflikt“ in der benachbarten Ukraine mit „zehntausenden von Flüchtlingen“. Ihren für den Kriegsfall ausgearbeiteten „Migrationsplan“ hat die Regierung zwar noch nicht öffentlich gemacht. Aber wie Nad‘ Ende Januar ankündigte, sollen offenbar alle in die Slowakei gelangenden Ukrainer den Status als Flüchtling erhalten.

Doch unkontrolliert will auch Bratislava keine Kriegsflüchtlinge ins Land lassen. Zur verstärkten Überwachung der Schengen-Grenze mit der Ukraine hat sich bereits Nachbar Tschechien angedient. Er wolle „die Öffentlichkeit nicht erschrecken“, so der tschechische Innenminister Vit Rakusan nach einem Treffen mit seinem slowakischen Amtskollegen: „Aber wenn der Konflikt eskaliert, müssen wir auf die Situation von Beginn an gemeinsam reagieren.“

Auch Rumänien, das von den EU-Anrainern mit 650 Kilometer die längste gemeinsame Grenze mit der Ukraine hat, rüstet sich auf Flüchtlinge aus dem Nachbarland. Innenminister Lucian Bode versichert, dass Bukarest bereits Aktionspläne für „alle möglichen Situationen“ ausgearbeitet habe – auch der eines „unkontrollierten Zustroms von Migranten“. Rumänien verfüge über Lager und die „notwendige Ausrüstung“ wie Notstromaggregate oder Lebensmittelvorräte, um „eine beträchtliche Anzahl potenzieller Flüchtlinge“ aufzunehmen und zu versorgen.

Doch heimische Flüchtlingsorganisationen und Lokalpolitiker fürchten, dass der Karpatenstaat für eine größere Zahl von Flüchtlingen keineswegs gerüstet ist. Laut einem Bericht von Radio Free Europe sind die Kapazitäten in den sechs Aufnahmelagern des Landes gerade einmal um 2.500 Plätze erhöht worden.