Sonntag9. November 2025

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KunsteckeDigitales Symposium: „Verteidigung der Kunstfreiheit“ im Gespräch

Kunstecke / Digitales Symposium: „Verteidigung der Kunstfreiheit“ im Gespräch
Das Symposium „Institutions and Resistance – Alliances for Art at Risk“ soll dazu dienen, eine möglichst vollständige Bestandsaufnahme der aktuellen Verletzungen in Sachen Kunstfreiheit und „existentieller Bedrohung“ von Künstler(innen) zu erstellen Symbolbild: dpa-Zentralbild/dpa/Martin Schutt

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Von politischer Repression sind Kunstschaffende direkt betroffen, die Kunstfreiheit gilt es demnach weltweit zu schützen und zu verteidigen. Des Themas nimmt sich am 11. und 12. Februar ein international angelegtes Livestream-Symposium in Karlsruhe an.

Trotz massiver Verletzung der Menschenrechte finden die Olympischen Winterspiele in Peking statt. So künstlich der Schnee, so gekünstelt hypokritisch die Aussagen so mancher Funktionäre und Staatschefs zur Selbstrechtfertigung einer Teilnahme. Ein allgemeiner Boykott der Spiele findet nicht statt, auch die Zusammenarbeit mit der Volksrepublik auf kultureller, wirtschaftlicher und politischer Ebene wird nicht in Frage gestellt und darf nicht unterbrochen werden. Diplomatischer Pragmatismus, politisches Kalkül, wirtschaftliches Interesse und gegenseitige kulturelle Befruchtung haben Vorrang. So weit, so gut.

Der chinesische Vorzeigekünstler Ai Weiwei hat seine Bewegungsfreiheit so lange ausschöpfen können, wie er den Oberen in Peking nicht auf den Schlips getreten ist und/oder das gesamte System in Frage gestellt hat. Schließlich wurde er doch verhaftet, unter Hausarrest gestellt, er war lange Zeit und ist wohl immer noch auch ein Symbol für ein Regime, das Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit nicht mit großen Lettern auf seine Fahnen geschrieben hat. Dies gesagt, gibt es in China viele und ausgezeichnete Künstler, selbst Luxemburger Kunstschaffende hat es nach der Volksrepublik verschlagen, ein kultureller Austausch mit dem Großherzogtum hat es in regelmäßigen Abständen gegeben. Dass es so weiter gehen soll, scheint seit letztem Sonntag sozusagen amtlich.

Risiken auch in europäischen Ländern

Wer über Meinungs- und Kunstfreiheit sprechen will, braucht nicht bis nach China zu reisen. Unter dem Motto „Institutions and resistance – Alliances for Art at Risk“ organisiert das ZKM (Zentrum für Kunst und Medien) und Artists at Risk (AR) am 11. und 12. Februar in Karlsruhe ein international angelegtes Livestream-Symposium zur „Verteidigung der Kunstfreiheit“.

Dieser Gedankenaustausch fußt auf Ereignissen und Erlebnissen in zahlreichen Ländern, wie die der Einladung beigefügte Weltkarte zeigt, sodass Aktivisten, Performancekünstler und Künstler schlechthin das Wort ergreifen und über ihre Erfahrungen berichten können. Hierzulande kommt das Thema Freiheit in der Kunst zwar ab und zu zur Sprache, Fälle von Zensurbestrebungen hat es bekanntlich auch gegeben, physische Bedrohungen, Haftstrafen oder gar Todesdrohungen im Bereich des kulturellen Lebens eher noch nicht. Dennoch, Vorsicht ist geboten, die rezenten Entwicklungen rundum das Ablehnen der Corona-Maßnahmen haben gezeigt, dass gesittete Umgangsregeln selbst in einer freien Gesellschaft schnell umschlagen können.

Interessant für uns sind demnach die allgemeine Entwicklung in der Welt sowie rezente Tendenzen, etwa in Afghanistan, Belarus, Polen und anderen Ländern, in denen Künstler ihre bei uns als natürliche Freiheit geltende Offenheit im artistischen Schaffen immer vorsichtiger handhaben müssen, wollen sie sich keiner Zensur und/oder Repression irgendwelcher Art aussetzen. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch eine Stellungnahme der AICA („Association internationale des critiques d’art“), der auch eine Handvoll Kunstkritiker aus Luxemburg angehören, die sich auf eine Erhebung von Fällen der Einschränkung der Meinungsfreiheit in Polen basiert, um diese Tatbestände und die Haltung der Oberen gegenüber Kritikern anzuprangern. Aufgelistet werden Annullierungen von Ausstellungen, Abhängung von Werken, Entzug von Mitteln, Bedrängungen durch die Polizei, Gerichtsverfahren, offene Zensur und dergleichen mehr, kurzum, die AICA geht dies offensiv an und erinnert die politischen Instanzen in Warschau an Artikel 11 der europäischen Grundrechtecharta, der da heißt: „Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit“. Die von uns angesprochene Kunstfreiheit gehört selbstredend dazu.

Solidarität stärken

Das eingangs zitierte Symposium soll dazu dienen, eine möglichst vollständige Bestandsaufnahme der aktuellen Verletzungen in Sachen Kunstfreiheit und „existentieller Bedrohung“ von Künstler(innen) zu erstellen, dies um diese gezielter bekämpfen zu können. Zweck ist es, betroffenen Künstlern eine Plattform zu bieten, sich auszutauschen und bestehende Netzwerke auszubauen, um so neue Allianzen zu bilden und neue Perspektiven für bedrohte Künstler(innen) zu schaffen. Die Verantwortlichen des ZKM listen denn auch mehrere Partnerinstitutionen auf: AR-Safe Haven Helsinki, CCCB (Centre de Culture Contemporània de Barcelona) oder Art Veda (Tunis). Die an der Organisation beteiligte Vereinigung „Artists at Risk“ ist ein Netzwerk an der „Schnittstelle von Menschenrechten und Kunst“. Sie hat sich beispielsweise zur Aufgabe gesetzt, bedrohten Künstlern(innen) eine Residenz in sicheren Ländern anzubieten, um diesen zu erlauben, in einer Gastinstitution über eine „kürzere oder längere“ Zeit frei arbeiten zu können. Peter Weibel, der dem ZKM künstlerisch vorsteht, meint zur Begründung dieser Veranstaltung: „Kunst und Künstler sind weltweit immer stärker Opfer politischer Systeme. Es ist eine Frage von Resilienz, dass wir handeln. Das Symposium ist ein Weg, Solidarität zu stärken.“

Livestream-Symposium zur „Verteidigung der Kunstfreiheit“

Wer ab Freitag, dem 11. Februar, ab 17 Uhr dabei sein will, kann sich via zkm.de/de/veranstaltung/2022/02/Institutions-and-resistance-alliances-for-art-at-risk einklinken. Obwohl die Risiken für Künstler in Luxemburg nicht so groß wie in Ländern ohne klare demokratische Verhältnisse sind, soll die Freiheit der Kunst auch bei uns bereits hier und heute thematisiert werden. Vorbeugen ist besser.